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Kopfes hervorgerufen werden. Wenn daher österreichische Schriftsteller
für die Aufrechthaltung des gegenwärtigen status quo eintreten, wie es
durch den anonymen Verfasser des Artikels in der Augsburger allgemeinen
Zeitung vom 31. October 1878, betitelt "Der gewerbliche Unterricht in
der Volksschulen geschieht, oder wie es der wohlmeinende Verfasser des
genannten Artikels w-Der gewerbliche Unterricht in der Volksschulen in der
nösterreichischen Zeitschrift für Verwaltungw thut, so sind das eben nur
Zeichen der Unvertrautheit mit der Sache, vielleicht in Folge der Jugendlich-
keit der Verfasser. Diese wissen gegenüber den schreienden Uebelständen,
welche hervorgetreten sind, gleichwohl nichts Anderes vorzuschlagen, als
vwir sollen das momentan zu Recht Bestehende in alle Zukunft aufrecht
halten", und allenfalls noch, wie der Verfasser des Artikels in der nAllge-
meinen Zeitungn zu warnen vor der Experimentirlust, als deren Ausfluss
meine Erörterungenihrn erscheinen. Der wohlmeinende Verfasser des Ar-
tikels in der österreichischen Zeitschrift thut nicht einmal jener Anomalie
Erwähnung, welche in Oesterreich dadurch hervorgerufen wird, dass
der gewerbliche Unterricht zwischen zwei Ministerien, dem Handels-
und dem Unterrichtsministerium, vertheilt ist, so dass in keiner Weise
Sorge getragen scheint, für eine einheitliche Leitung, weder in pädago-
gischer, noch in sachlicher Beziehung. Denn auf dem Gebiete des gewerb-
lichen Unterrichtes in Oesterreich kommen nicht blos jene Schäden in
Betracht, welche sachlich von mir schon wiederholt besprochen wurden,
sondern auch jene, die durch die Zweitheilung der Unterrichtsleitung her-
vorgerufen werden und welche namentlich durch das in vielen Fällen nicht
genügende Einverständniss der beiden Hauptfactoren des gewerblichen Un-
terrichts entstehen. Ich, ,der ich seit langer Zeit einem Institute verstehe,
an dem ich auf gewerblichem Gebiete die schwerwiegendsten Erfahrungen
mache, kann bei aller persönlichen Hochachtung gegen einzelne Schrift-
steller, deren Votum doch nicht hoch anschlagen, weil ich sehe, dass diesen
Herren weder die eingehende Erfahrung als Schulmänner zur Seite steht,
noch auch dass sie über jenes Mass praktischer Erfahrung verfügen, das
sich mir in so zahlreichen Formen tagtäglich im Museum aufdrängt. Es kann
sein, dass die gegenwärtigen Zustände im österreichischen Volksschulwesen
noch längere Zeit fortbestehen werden; je länger dies aber geschieht, desto
schlimmer. Das wird mich indess nicht hindern, ohne mich viel in einzelne
Polemik einzulassen, die Ucbelstände mit dem rechten Namen zu bezeich-
nen, helfend, dass auch bei uns noch zu rechter Zeit ein erfreulicher Um-
schwung eintreten wird. Es hat Herr Eduard Wilda vollständig Recht,
wenn er sagt '):
"So produciren wir fort und fort Kopfarbeiter auf Lager, gleichzeitig
aussaugend das geistige Mark unseres Bürgerstapdes. Zwar nur ein Theil
') Wahrnehmungen und Gedanken über technisch-gewerbliches Schulwesen von
Eduard Wilde, k. k. Director der Slaatsgewerbeschule in Brünn. Leipzig, G. Knap p , 187g.