Vollendeteres zu sehen, so dass wir kaum noch überrascht werden. ,Was
uns diesmal auf unserer beschränkten Weihnachts-Ausstellung geboten
wird, erreicht selbstverständlich an Quantität nicht den Glanz jener
grossartigen Schaustellung, die wir im vorigen Jahre im Prater erlebt
haben, aber es enthält nicht blos neue Ideen, es übertrifft auch in ge-
wissen Dingen an Vollendung selbst die schönsten Arbeiten von damals.
Mit dieser letzteren Bemerkung haben wir vor Allem die gravirten Kry-
stallgläser im Auge, und zwar diejenigen, die mit figürlicher Ornamen-
tation versehen sind. Was die früheren Arbeiten auszeichnete, waren vor
Allem die eleganten, schönen Formen, das zierliche Renaissance-Ornament
und die Reinheit und Vollendung, mit welcher dasselbe in Schliff und
Politur hergestellt war. Nun tritt eine reiche figürliche Verzierung in
gleich bewundernswürdiger Ausführung hinzu, nicht in jener durchaus
verfehlten, tief eingeschnittenen Art, wie sie die steifen facettirten Trink-
gefässe mit Jagdscenen, an welche die böhmische Industrie soviel Mühe
und Arbeit hinwegwirft, vollends verdirbt, sondern in der mässig ver-
tieften Art der alten Steinschneider oder der Krystallschleifer in der
Renaissancezeit. Eine Reihe grösserer und kleinerer Gefässe, zum Theil
mit schwebenden Frauengestalten nach Laufberger geschmückt, zeigen
uns die mustergiltige Anwendung dieser Kunstart. Das Hauptstück aber
ist eine flache Schale auf hohem Fuss, in deren untere Flächen ringsum
nackte Kinderfiguren mit Kränzen und Gewinden in Tanz und mannig-
facher Bewegung so eingeschlitfen sind, dass sie auf der oberen Seite
vermöge der Lichtwirkung in einem erhabenen Relief aufzuliegen schei-
nen. Die Modellirung ist so zart, sanft und lebendig zugleich, das ganze
Werk so sehr vollendet und bisher einzig, ein wahres Cabinets- und
Museumsstück, dass der Name des Glasgraveurs, der es ausgeführt,
Pietsch, nicht minder nennenswerth wie diejenigen, welche den Entwurf
(Hausen) und die Zeichnung der Figuren (Eisenmenger) gemacht haben.
Auch ist der Glasfabrik von Meyers Neffen (Kralik) in Adolf zu gedenken,
die mit bewunderswürdiger Technik und ihrem jeder Aufgabe entspre-
chenden Material allen Intentionen, Ideen und Ansprüchen Lobmeyrs
nachkommt.
An dieser Stelle, angesichts solcher Gegenstände, ist es auch wohl er-
laubt, einen Rückblick zu machen und uns die Umstände oder Ursachen zu-
rückzurufen, denen dieses Kunstgenre für uns eigentlich seine Entstehung
verdankt, von denen diese Arbeiten ihren Ausgang genommen haben.
Die erste und wirkliche Veranlassung zu ihnen haben aber vor nunmehr
fast zehn Jahren jene Krystallgefässe des 16. Jahrhunderts in der kaiser-
liehen Schatzkammer gegeben, welche das Museum in mehreren Serien
ausgestellt hatte. So sind in der That und Wahrheit diese Glasarbeiten,
welche heute den Stolz und Ruhm der böhmischen, der österreichischen
Glasindustrie bilden, auf die Liberalität zurückzuführen, mit welcher die
wundervollen Kunstwerke der kaiserlichen Schatzkammer den Zwecken