der Dresdener Galerie entgegengetreten ist. Es ist nämlich die Glasbedeckung
der_Gemälde.
Was bezweckt man mit der Glasbedeckung? Es soll nichts anderes, als
die Conservirung der Bilder durch diese Massregel erzielt werden; doch vermag
ich nicht, mir einzureden, dass der Zweck auf solche Weise erreicht wird.
Die nachtheilige äussere Einwirkung auf die Bilder, gegen welche man sich
sichern will, scheint mir weniger von vorne herzurühren, als von hinten.
Ueberdies, wäre jenes der Fall, so liegt in der Patina selbst mitsammt einem
ab- und erhaltenden Firniss die geeignetste und kräftigste Decke. Ein Mehreres
hemmt die natürliche Ausdünstung, welche auch ein Oelbild haben will und
muss und arbeitet der Gefahr des Nachdunkelns in die Hände. Hinten dagegen,
der dann und wann feuchten Wand zu, ist nur die poröse Leinwand oder die
freie Holztafel; hier bringe man sonach, wenn man will, ein Schutzmittel an!
Vielleicht auch ist man der Meinung, dass durch die das Gemälde etwa
bescheinende Sonne die Farben leiden könnten. Alsdann entziehe man ganz
einfach die besten Bilder einem solchen Einfluss, wie diese auch davor durch
Anwendung von Vorhängen während der Besuchs-Ferienzeit bewahrt werden
können. Der Gefahr übrigens, der man durch die gewählte Bedeckung ent-
gehen will, leistet man gerade vermöge der schädlichen Wirkung des das Glas
durchdringenden Sonnenstrahles Vorschub. An und für sich möchte ich ohnehin
dafür halten, dass, je mehr von allen Seiten und Kanten Licht und Luft zu-
gänglich, desto wohlthuender dies dem Bilde sein wird.
Während so die Kunstschätze in äusserer Beziehung, wie gut auch die
leitende Absicht sein mag, von der gedachten Massregel den bezweckten Nutzen
offenbar nicht ziehen, leidet aber der innere Werth der Kunst. Nicht nur
wird die eigentliche Mission der Kunst nicht gebührend erfüllt, sondern es
geschieht auch dem einzelnen Künstler zunächst in seinem Kunstwerke Ab-
bruch. Wer will aber bestreiten, dass der Künstler das vollste Anrecht hat auf
die ganze AechLheit und die ganze Fülle der von ihm gereichten Gabe? Wenn
zu dieser Rücksicht schon lediglich die Pietät gegen die Verstorbenen auffor-
dert, um wie viel unbedingter sind wir dem geweihten Andenken der grossen _
Meister dies schuldig! um wie viel weniger können wir es verantworten, zu
ihren Schöpfungen etwas hinzuzuthun, was ja nicht ihnen angehörte und gegen
welche unfreiwillig zu Theil gewordene Zuthat jene nicht zu protestiren
vermögen!
Stellt sich nun eine Scheidewand, wie das beim Oelbilde ungehörige und
dem Sehorgane ungewohnte, wie die Sichtlichkeit erschwerende Glas ist, zwi-
schen das Kunstwerk und den Beschauer, so wird jenes geheimnissvolle Wechsel-
verhältniss unwillkürlich angetastet. Der Beschauer wird nicht mehr so frei
und so leicht zum Bilde hinaufgezogen und in die Kunstidee emporgehoben,
wie auch wiederum der Kunstgeist sich nicht so frei und leicht auf denselben
ergiesst und ihn erfasst. Wie indess jene unbeschreibliche Stimmung der Seele,
tiir welche ich schwer ein entsprechendes Wort zu finden weiss, und wofür
ich am liebsten noch die Bezeichnung wtrautu wählen möchte, alterirt wird,
so wird dadurch, dass der offene Zugang, der den Beschauer gewissermassen
in die Kunstschöpfung selbst eintreten lässt, hier behindert und erschwert ist,
auch die Unmittelbarkeit der Emanation und Reception gestört. Nur das in-
nigste, unmittelbarste, ungestörteste Verhältniss macht es möglich, einem Kunst-
werke sich ganz hinzugeben. Gelähmt ist mit einem Worte die wunderbare
Gewalt des aus dem Gemälde athmenden künstlerischen Genius.
ich will diese Frage nicht weiter verfolgen. Ich überlasse es dieser geehrten
Versammlung, ob sie diesen Gegenstand für geeignet hält, ihn in den Kreis