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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 143)

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nung und malerischer Technik, so dass letztere, wenn sie nicht roh 
erscheinen soll, einen grösseren Abstand verlangt. Andererseits tritt der 
Kurzsichtige näher an das Bild heran, als der Normalsichtige, ohne sich 
dabei um den Abstand zu kümmern, den die Zeichnung vorschreibt. 
Hiernach kann man jeden Standpunkt als einen günstigen bezeich- 
nen, bei dem der Beschauende nicht zu schief auf die Bildfläche sieht, 
und auf dem er sich derselben nahe genug befindet, um das dargestellte 
Detail zu erkennen, und fern genug, um die richtige Wirkung von der 
malerischen Technik zu haben und noch die Gesammtwirkung des Bildes 
ungeschmälert zu geniessen. 
Dies vorausgeschickt, wird es sich leicht beurtheilen lassen, wo man 
im Seitenlichte und wo man im Oberlichte Bilder aufhängen kann, ohne 
dass sie, von den für den Beschauer passenden Standpunkten aus gesehen, 
spiegeln. . _ 
Man denke sich einen Raum mit Fenstern an einer Seite; dann ist 
es zunächst klar, dass man zwischen den Fenstern keine Bilder aufhängen 
darf, weil sie überhaupt nicht gehörig beleuchtet sind. Höchstens wird 
dieser Raum für Bilder benutzt, die der Besitzer den Augen des Beschauers 
mehr entziehen als zeigen will, oder an denen die vorgenommene Restau- 
rirung weniger leicht sichtbar sein soll. Die Fensterwand ist also in einem 
solchen Raume so gut wie yerloren. 
An der den Fenstern gegenüberliegenden Wand sind die Bilder zwar 
beleuchtet, aber sie spiegeln, wenn man sich gerade vor sie hinstellt, weil 
das Licht unter demselben Winkel reflectirt wird, unter dem es einfällt; 
also hier unter einem Winkel, der sich dem rechten nähert. Nur indem 
man sich so stellt, dass man schief auf die Bildfläche sieht, kann man der 
Spiegelung aus dem Wege gehen. Man kann also keinen eigentlich gün- 
stigen Standpunkt gewinnen. 
Es bleiben noch die beiden Seitenwände. Hier kann man günstige 
Standpunkte ohne Spiegelung gewinnen, aber die Seitenwände sind nicht 
gleichmässig beleuchtet. Zunächst der Fensterwand fehlt es ihnen an Licht, 
weil dasselbe hierher der Mauerdicke wegen nicht direct gelangen kann; 
dann kommt eine gutbeleuchtete Strecke, aber je weiter man sich dann 
wieder von der Fensterwand entfernt, um so schiefer und um so dürftiger 
wird das Licht, und bei tiefen und nicht hinreichend fensterreichen Räu- 
men kann es namentlich an trüben Tagen sehr ungenügend werden. 
Das Seitenlicht gewährt also in gegebenen Räumen nur gute Beleuch- 
tung für eine verhältnissmässig geringe Anzahl von Bildern. Man kann 
sie einer grösseren verschaffen dadurch, dass man die Seitenwände nicht 
rechtwinkelig, sondern schräg gegen die Fensterwand stellt, so dass sie 
mit derselben nicht einen rechten, sondern einen spitzen Winkel bilden, 
oder indem man schiefe Schirme aufstellt, an denen man die Bilder auf- 
hängt. Bei dieser Anordnung fällt das Licht weniger schief auf die Bild- 
flächen an den Seitenwänden. Aber die Fensterwand und die ihr gegen- 
8.
	        
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