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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIII (1878 / 150)

voraus, dass die Gesellen als Lehrlinge, schon in jungen Jahren mit der 
Technik in der Tischlerei vollkommen vertraut gemacht worden sind. 
Ebenso verhält es sich mit der Schlosserei, Drechslerei und noch vielen 
anderen Gewerben. Wenn man heutigen Tags in denselben kleineren Orten 
Umschau hält und fragt, ob es gegenwärtig nicht vielleicht möglich 
wäre, derartige Möbel zu erzeugen, so bekommt man zur Antwort, dass 
bei der gegenwärtigen technischen Bildung unserer Handwerker die Er- 
zeugung solcher Gegenstände absolut unmöglich sei. Kaum die einfachsten 
Möbel werden jetzt an jenen Orten erzeugt, wo in der Zeit des Zunft- 
wesens ganz gute Gegenstände gemacht worden sind. Das Zunftwesen 
hat sich aber überlebt, die Wiederherstellung desselben ist eine absolute 
Unmöglichkeit und Niemanden kann es auch nur im Traum einfallen, 
diese Institution künstlich zu beleben. Das Zunftwesen ist abgestorben 
- aber leider ist mit demselben zugleich die gewerbliche Technik im 
Handwerkerstande zu Grunde gegangen. Es drängt sich daher die Frage 
auf, in welcher Weise man einen Ersatz für die Schulung in der gewerb- 
lichen Technik finden kann. 
Vor Allem richtete man seine Blicke auf die Schule und dachte, dass 
man durch einen geregelten Unterricht, sei es in der Volks- oder Fort- 
bildungsschule oder in der Fachschule einen Ersatz hiefür finden könne, 
um dem jungen Handwerker eine solche technische Bildung beizubringen, 
wie sie in der Blüthezeit des Zunftwesens gegeben wurde. Und gewiss 
ist es, dass von der Schule Vieles zu erwarten ist, und dass für die Bil- 
dung des jungen Künstler- und Handwerkerstandes bereits Manches von 
der Schule geleistet wurde. Man richtete seine Aufmerksamkeit vorerst 
auf die eigentliche Volksschule in der HoHnung, dass die Bildung in 
der Volksschule dem jungen Handwerker auch für sein Fach zu Gute 
kommen werde. Nach vollendeter Volksschule sorgte man in F0rtbildungs-, 
Mittel- und Fachschulen für die technische Ausbildung des Handwerkers 
direct oder auch indirect, ja man ging in neuerer Zeit noch einen Schritt 
weiter, man schuf das Institut der lndustrial-Lehrer und lndustrial-Leh- 
rerinnen, das Institut der gewerblichen Fachschulen, wo Jünglinge oder 
Mädchen für einen bestimmten Zweig eines Handwerks erzogen werden. 
Man legte ein besonderes Gewicht auf den Zeichenunterricht, sowohl in 
der Volks- als in der Mittel- und Fachschule, in der Ueberzeugung, dass 
für den grössten Theil der Gewerbe der Zeichenunterricht ein wesentliches 
Mittel der Förderung sei, abgesehen davon, dass auch die Fertigkeit im 
Zeichnen für die allgemeine Bildung des Jünglings sich im hohen Grade 
nützlich erweist. Da man von dem Grundsatze ausgeht, für die Volks- 
schule habe der Staat und die Commune zu sorgen, so wälzte man die 
Hauptlast für die Heranbildung des jungen Handwerkers auf die breiten 
Schultern des Staates und der Commune. Der Gewerbsmann und der 
Industrielle und Handwerker entwöhnte sich fast vollständig für die hand- 
werkliche Bildung zu sorgen. Der Staat nahm den Jungen bis zu seinem
	        
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