rischen Styles, der im Gegensatze gegen die anderen nun das Heil bringen
sollte und allein zu befolgen wäre, dachte Niemand. Es handelte sich darum,
Jedem sein Recht zukommen zu lassen, die Dinge nach ihrer Art, nach
ihrer Bestimmung, nach ihrem Materiale gerecht und schön und gut zu
machen, und da wir sie ja doch einmal gebrauchen sollten, wir modernen
Menschen mit unseren modernen Bedürfnissen, zugleich auch zweckmässig
und brauchbar.
Allein das lässt sich theoretisch sehr wohl sagen und auch im Ein-
zelnen mit sehr vieler Logik genau und überzeugend ausführen, man
schafft damit aber keine Kunstformen. Man braucht Vorbilder, welche
diesen bestimmten theoretischen und praktischen Bedingungen entsprechen
oder annähernd entsprechen, und wenn die Tradition, die vorhandene
Weise sie nicht bietet, so bleibt nichts übrig, als sich in fernen Zeiten
und Ländern nach ihnen umzusehen.
Das that man denn auch und fand, zwar nirgends in den gegenwär-
tigen Schöpfungen der modernen europäischen Industrie, der europäischen
Culturstaaten, wohl aber in der Vergangenheit und auch in fremden, bis-
her gänzlich ausser Beachtung gelassenen Ländern, vielfach die Befriedi-
gung dieser Bedingungen und zum Theile in wundervoll gelungener Weise.
So gelangte man zur Kenntniss und zum Verständnisse der orientalischen
Flächendecoration; so fand man, dass die griechischen Gefässe unüber-
trefflich schöne und für uns vielfach verwendbare Formen bieten; so kam
man zu der Einsicht, dass gar viele Bedingungen vortrefflich bereits vom
Geräthe der Renaissance erfüllt seien. Die Renaissance steht am Anfange der
modernen Zeit. viele Bedürfnisse, die wir heute fühlen, waren schon damals
erwacht und wurden von ihr künstlerisch befriedigt; ihre Sitten und Ideen
sind den unsrigen die nächsten und verwandtesten; von ihr aus, sie ver-
lassend, hat sich der moderne Geschmack verirrt - darin kann man mit
den Gothikern übereinstimmen, nur liegt sie selbst nicht bereits auf dem
Irrwege. Also weil man in der Renaissance fand, was man suchte, oder
wenigstens vielfach dasselbe fand, darum ist man auf sie und ihre Formen
wieder zurückgekommen.
Das ist wohl etwas ganz Anderes als die Empfehlung der Renaissance
als des allein seligmachenden Styles der Gegenwart und der Zukunft, wie
man es mit der Gothik und der griechischen Kunst gemacht hat. Unser
Weg ist nicht von der Renaissance ausgegangen, sondern hat zu ihr hin-
geführt. Er ist auch nicht der einzige und ausschliessliche Weg und kann
es nicht sein, da einerseits die moderne Cultur künstlerische Aufgaben
stellt, welche die Renaissance noch nicht kannte, also auch nicht lösen
konnte, andererseits viele Aufgaben und andere Stylarten ebenso glücklich
oder glücklicher noch und in anderer, nicht minder entsprechender Weise
erfüllt worden sind. Daher war es bei den neuen Werken, welche die
österreichische Kunstindustrie mit einigem Erfolge, wie es scheint, ge-
schaffen hat, niemals darauf abgesehen, Werke der Renaissance zu schaffen