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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 185)

1.64 
Der in unserem Zeitalter des Dampfes in rastloser Eile producirende 
Industrielle, in steter Jagd nach technischen Vervollkommnungen begrilfen, 
um der harten Concurrenz die Spitze bieten zu können, sieht nun sein 
Heil wo anders, er stopt den Mechanismus seiner Fabrik und schaltet 
neue Kräfte ein; er sucht künstlerische Hilfe, kunstgewerbliche 
Mitarbeiter. 
Da ist nun die Gasse, in welche die große Masse unserer Kunstschüler 
geschoben werden muss. Lassen wir sie nicht alle nur immer in den 
höchsten Problemen der Kunst gaukeln - Viele sind berufen, Wenige 
auserkoren. Die Kunstindustrie, das fahrikatorische Kunstgewerbe 
nimmt sie alle auf - zu ihrem Heil. 
Denn nun erblüht, wie gesagt, in diesem Bunde der Industrie mit 
der Kunst der wahre Segen unserer Kunstbestrebungen, unserer Kunst- 
schulen. ' 
"Selbstidas unbedeutendste, in Massen erzeugte Product wird schön, 
der ärrnlichste Haushalt gewinnt an Schmuck, der Luxus, rnit ihm die 
Gesittung und Cultur halten Einzug auch in die Arbeiterwohnung. 
' Und was ist da im Hsusrathe das unentbehrlichste, das einer Ver- 
schönerung, Veredlung am nächsten unterworfen sein wird - unsere Ge- 
räthe, unsere Gefäße. 
Was ist auch unter allen Nutzobjecten geeigneter zu künstlerischer 
Ausschmückung als das Gefäß? Die erste Regung menschlicher Kunst- 
fertigkeit" bethätigte sich an den Gefäßen und unter den drei Stoffen, 
welche bisnun der Gefäßbildnerei dienten, Glas, Metall und Thon, kommt 
wieder dem letzteren, dem Thone, die größte Bedeutung zu. 
Wenn wir uns heute, alle insgesammt, in allen Lebensverhältnissen 
schöner Nutzgeschirre zu erfreuen haben, - und vergleichen wir doch, 
um das so recht deutlich vor Augen zu haben, irgend ein heutiges ge- 
wöhnliches Porzellan- oder Fayenceservice rnit den alten plumpen Majolika- 
gefäßen, die uns aus den vorigen Jahrhunderten überkommen sind (ab- 
gesehen von den wenigen Decorationsstlicken, die unsere Museen zieren), 
- wenn wir heute in bürgerlichen Haushalten Nutzgeschirre sehen, wie 
sie vor 200 Jahren keine Flirstentafel aufweisen konnte, wenn die Schön- 
heilt unserer Thongefäße oft ihre Zweckmäßigkeit vergessen macht und 
sie zu Objecten rein ästhetischen Wohlgefallens werden lässt, als all- 
gemeinen Schmuck und Zier für Häuser, Gärten, Prunksäle und Wohn- 
räume, so haben, wir dies nicht einem Ueberragen unserer Kunst allein, 
wir haben esyvornehmlich dem Bunde von Kunst und Industrie zu danken; 
die Kunst ist in die keramischen Fabriken eingezogen, es wird Schönes, 
und viel, Schönes fabricirt. 
l Welch' ein gewaltiger Unterschied zwischen der Töpferwerkstätte 
Palissy's oder einem italienischen Majolika-Atelier des 16. Jahrhunderts 
und einer heutigen Fayence- - sagen wir Kunstfayeuce-Fabrikl
	        
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