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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 197)

dienne außer ein paar Figuren nichts Neues von Bedeutung zu sehen 
war. Von fast hässlicher und geschmackloser Uebertreibnng aber war ein 
Genre der Faience-lndustrie, das sich schon 1878 ungebührlich breit ge- 
macht hatte: Gefäße jeglicher Art mit naturalistisch in Relief aufgelegten 
Blumen und Ranken. Diese Blumen und Blätter mit den pastosen glän- 
zenden Farben, welche sie und das Gefäß überzogen, waren in's Un- 
gemessene angewachsen und meist so plump, schief und einseitig auf die 
Vasen oder sonstigen Gefäße angebracht, dass diese ganz ihr Gleich- 
gewicht darüber verloren hatten. Und kein Gegenstand, bis auf Uhr- 
gehäuse, der nicht mit diesen geschleckten, unschönen Farben und den 
kohlkopfartigen Blumen verziert oder verunziert war. Dieses Genre der 
Faiencekunst, das erst vor wenig Jahren als virtuose Arbeit und nicht 
ohne coloristischen Reiz begonnen war, ist nun ganz in's Wilde und 
Formlose entartet. Wie es jetzt geworden, ist es kein Genre, um welches 
man Frankreich zu beneiden hat. 
Aehnlich ist es mit den Veränderungen, die wir etwa am franzö- 
sischen Glase wahrgenommen haben. Einigermaßen neu waren damals im 
Jahre 1878 gewisse Krystallglasgefäße mit gravirten Ornamenten, welche 
in Form und Verzierung japanische Art nachahmten. Dieses Genre nun 
erscheint ebenfalls gewachsen, sowohl nach der Seite der Kolossalität wie 
nach der Seite formeller und ornamentaler Willkür, welche ja eine cha- 
rakteristische Eigenschaft der japanischen Kunst bildet. Dieselbe formlose 
Willkür ist einer anderen Art von Glasgefäßen zu eigen , welche freilich 
diese Geschrnacklosigkeit, oder milder gesagt, diese Caprice durch wunder- 
schöne reizvolle Färbung in glühendem Dunkelroth, in Braun, Grün und 
anderen Farben wieder aufwiegen. Diese Gefäße sind eine wirkliche Neue- 
rung gegenüber dem Jahre 1878, doch wurden sie bereits im vorigen 
Winter hier in Wien in den Weihnachtsauslagen gesehen. Noch einer 
dritten, einigermaßen neuen Erscheinung in der französischen Glasindustrie 
sei gedacht. leicht gelber Gefäße, nämlich von zartem goldigen Ton, etwa 
wie Goldtopas, welche mit gravirten, sehr zierlichen, in ihrer Tiefe 
blank vergoldeten Ornamenten versehen sind. Diese Art der Decoration 
ist, und wir glauben uns darin nicht zu täuschen, zuerst von 1.. Lob- 
meyr begonnen worden, und zwar nach Gegenständen des achtzehnten 
Jahrhunderts und böhmischen Fabricats im Oesterr. Museum. Was die 
Franzosen Neues dazu thun, das ist japanische Form und japanische Ver- 
zierung, und man kann zugeben, dass es mit großer Zierlichkeit und Ge- 
fälligkeit geschieht. ' 
Bedeutsamer erscheint uns die Veränderung, welche - sehr langsam 
freilich - mit den französischen Schmuckarbeiten vor sich geht. Vor 
wenigen Jahren noch waren im Juwelenschmuck die naturalistischen Mo- 
tive die herrschenden. Verschwunden sind sie auch heute nicht, aber sie 
beginnen stark zurückzutreten. Was an die Stelle der Schmetterlinge,
	        
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