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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1886 / 9)

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sammengesetzt. Ferner ein Rankenwerk, welches, im Allgemeinen an 
Pflanzenformen erinnernd, doch keineswegs irgend welchem natürlichen 
vegetabilischen Gebilde nachgeformt ist, sodann eine Combination der 
beiden genannten Arten, so dass das feine Rankenwerk in anmuthiger 
Weise zwischen den ersterwähnten Litzen hindurch gezogen erscheint. 
Auch die Litzen selbst erfahren nicht selten eine Bereicherung durch 
angesetzte blattähnliche Formen. Die combinirte zuletzt angeführte Art 
könnte man füglich mit dem Contrapunkte, dem polyphonen Satze in der 
Musik vergleichen; zwei Melodien klingen hier, sich gegenseitig unter- 
stützend, zu vollkommener harmonischer Wirkung ineinander. 
Die Maureske ist ein vollkommenes Flachornament; sie bedarf, um 
zu ihrer vollen Geltung zu gelangen, keinerlei Unterstützung durch 
irgend welche Schattengebung. Dunkel von hellem Grunde oder hell von 
dunklem sich abhebend, kann sie in vielen Fällen sogar jeder reicheren 
Farbengebung vollständig entbehren. 
Im Falle sie durch die Mittel der Plastik dargestellt erscheint, wird 
ihrem Charakter als reines Flachornament dabei keinerlei Eintrag gethan, 
sie bedarf ja hier keiner irgend wie die körperliche Rundung oder die 
Modellirung des Innendetails andeutenden plastischen Behandlung. 
S0 kam sie zur Geltung, so lange sie in ihrer reinsten, durch 
keinerlei unnütze Nebeneffecte veränderten Form auftrat; als sie mit der 
Zeit derartige Modificationen erfuhr, war auch die retograde Bewegung 
ihrer Entwickelung eingetreten. Ein Beispiel derart, welches ich hier 
gelegenheitlich erwähnen will, bietet eine Folge von Kupferstichen, zu 
Vorlagen bestimmt, des Titels: nNeu inventirtes Laub und Bande]- 
werck vor Silber-Arbeiter, zu finden in Nürnberg bei 
Hieronimo Bölmann." 
Hier erscheinen die Details des mauresken Ornamentes schon durch- 
wegs plastisch gedacht, vielleicht in Folge einer Concession an die Technik 
des Treibens in Metall, welche wohl zu einer Umbildung der, wie schon 
gesagt, nur durch ihre Linienführung zur Geltung gebrachten Formen 
führen konnte. 
Es scheint hier die Erklärung am Platze zu sein, dass im Nach- 
folgenden durchgehends unter Linie die sichtbare Grenze einer Fläche 
verstanden sein soll; nicht etwa der mehr oder minder breite Strich, das 
gewöhnliche Versinnlichungsmittel der idealen math em atisch e n Linie. 
Da ohne das Vorhandensein von sichtbaren scharf begrenzten 
Flächen unsere Linie für das Auge wahrnehmbar überhaupt nicht gedacht 
werden kann, so ist erklärlich, dass wir es bei Allem, was dem Auge als 
Linienführung wahrnehmbar sein soll, zunächst mit geeignet begrenzten 
Flächen von verschiedenem Lichtwerthe zu thun haben müssen. Solche 
Flächen sind es auch, welche uns die nähere Untersuchung des Begriffes 
Schön, in Bezug auf Linien an sich in Anwendung gebracht, er- 
möglichen.
	        
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