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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1870 / 60)

schreibung, wenn nicht überhaupt an sich, so doch jedenfalls mit den uns 
zu Gebote stehenden Mitteln, nicht zu erreichen ist. Worauf wir uns hier 
beschränken müssen ist, das, was man an Gestalt und Verzierungsweise 
bei den Emailvasen am häufigsten wahrnimmt, einigermassen zu 
erörtern. 
Zuvörderst müssen wir uns damit vertraut machen, beinahe in allen 
Erzeugnissen der chinesischen Kunst, ganz besonders aber in jenen, die 
mit irgend einem Cultus in näherem oder weiterem Zusammenhange tehen, 
eine ins Detail gehende spielende Symbolik zu erblicken, eine Symbolik, 
die, mit der Hauptform beginnend, noch bei der Entwertung des scheinbar 
geringfügigsten Ornamentes ihr Wort mitzusprechen hat. Freilich "ist der 
Sinn dieser Bildersprache nicht immer gerade leicht zu enträthseln, vieles 
ist auch im Laufe der Zeit völlig conventionell geworden und hat die 
Bedeutung, die es vielleicht hatte, oder die wenigstens hineingelegt wurde, 
theilweise verloren; aber immerhin kann man voraussetzen, dass die schein- 
bar willkürlich componinen Darstellungen von Ornamenten, F abelge- 
schöpfen, Thieren und Menschen eine in China jedem Gebildeten verständ- 
liche Anspielung enthalten. 
Nach chinesischer Anschauung ist die Weltbildung dadurch gewor- 
den, dass aus dem Urgrunde aller Dinge (Taikie) das active und passive 
oder männliche und weibliche Princip, das Yaü und Yn hervorging. Was 
vollendeter und höher stehend ist, ist Yaü (z. B. die Sonne), was un- 
vollkommener und niederer ist, ist Yn (z. B. der Mond), und da der 
Kreis die vollkommenste Figur ist, so ist alles Runde oder Ovale Yaä, alles 
Viereckige oder Eckige Yn. Darnach sind auch männlich gedachten 
Geistern stets runde, weiblich gedachten stets eckige Cultusvasen gewid- 
met. Das Yaü und Yn wird bildlich dargestellt durch einen Kreis, der 
durch eine S-förmige Linie in zwei gleiche Theile getheilt wird. Der 
mythische Heros Fo-hi fand auf dem Rücken der Schildkröte, die dem 
Flusse Lo-ho entstieg, acht geheimnissvolle Zeichen, die acht Kua (Pa-kuu), 
die das Verhältniss von Yaü und Yn in jedem Dinge der Welt darstellen, 
also ein Bild dieser selbst sind. Aus diesen Kua (wörtlich Lose) bildete 
Fo-hi die Grundlage der chinesischen Schrift. Die Kua bestehen aus 
drei parallelen Strichen, von denen je einer um den andern gebrochen 
wird, in dieser Weise: 
Das erste ist ganz Yaü, das letzte ganz Yn, und wenn wir ihnen als Or- 
nament auf irgend einem Gegenstande begegnen, sind sie ein Zeichen der 
ganz besonderen Würdigkeit des Besitzers. Zurückkehrend zu unseren 
Vasen, haben wir vor Allem als eine der wichtigsten und häufigsten For- 
'men jene, die „Ting" genannt wird, zu erwähnen. Der „Ting" ist ein 
Getiss von mehr oder minder bauchiger, oft beinahe kugeliger Form auf
	        
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