Die Malerei der sogenannten „Wie-
ner Schule" ist das Ergebnis einer
Synthese von Elementen des histo-
rischen Surrealismus westlicher Ob-
servanz und starker lokaler Tradi-
tionen. Sie bemüht sieh, in die Tie-
fen und Untiefen des menschlichen
Seelenlebens einzudringen und je-
nen Spannungsbereich zu erobern,
in dem Geist und Trieb, Seele und
Instinkt in ewig unentsehiedenem
Kampf liegen.
Auch Helmut Leherb ist auf seinen
eigenen verschlungenen Wegen bis
an die Quellen der Daseinsangst
vorgedrungen und hatte die Kraft,
seine inneren Gesichte in faszinie-
renden Bildern zu bannen, denen ein
weltweiter Erfolg nicht versagt
blieb. Visionen und Sehreekbilder
von der Art, wie Leherb sie fixiert,
sind nur dann echt und überzeu-
gend, wenn sie von äußeren Ereig-
nissen stimuliert werden, die so
stark sind, daß sie im Seelenleben
dessen, der sie erlebte, entschei-
dende strukturelle Veränderungen
hervorrufen. Wir halten die nun
folgenden autobiographisehen No-
tizen des jungen Malers, die zu-
nächst nieht zur Veröffentlichung
bestimmt waren und lediglich als
Information bei der Abfassung einer
kürzeren Arbeit über ihn dienen
sollten, für eine so wichtige und un-
mittelbare Quelle zum Verständnis
des Werkes des Künstlers, dziß wir
es uns nicht versagen konnten, sie
praktisch unverändert wiederzuge-
ben. -
IE NNERE IOGRAPHIE DES ELMUT
LEHERB
1933 im Zeichen des Fisches mit
einem betonten Aszenelenten im
Skorpion als Sohn des Direktor:
des Piaristengymnasiums in lWien
geboren (Unlerriebtsfächer: Grie-
chisch, Latein, l"1'anzäsiseh), ge-
nieße ich im frühesten Kindesalter
bereits alle Eigenheiten einer huma-
nistischen Erziehung, als da sind:
früheste Kenntnis der klassischen
griechischen und römischen Mytho-
logie, der geläufigen Klassiker des
deutschen und anderer Sprachkreise,
aus der sich eine von mir sehr in-
tensiv aufgenommene Kenntnisnah-
me der zugehörigen Bildhauerei und
Malerei ergibt. Eine Ausweitung
der Möglichkeiten auf fast alles,
dessen ich habhaft werden konnte,
geht auf meine eigenen triebhaften
Ambitionen zurück. Ich zeichne und
male von frühester Kindheit an und
habe, sobald ich mich mit der Frage
einer Iierufszvahl auseinandersetze,
den stetigen Wunsch, Maler zu wer-
den. Dies wird von meinen Eltern
bis in die beginnende Pubertät als
offensichtlicher Unsinn akzeptiert,
jedoch vom Zeitpunkt einer, wenn
auch in den Wirren des Kriegs-
endes sehr unrealistixeh ausfallen-
zlen Realisation an, bekämpft.
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