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2, 3 Krcuzlgungsgrurvpe des Knlxxaricnhcrges. Pariser (vlilklflllilll. um 1420
4 (Ihmlus an der Marwrslullc, llclzul aus dem Ka
5 Prophet, lh-tmi aus dem Kalvaricnheig
ß Uxllcrsail des Kalvarienbcrgcx. Uudapestur Golrlichlmeil:
7 1mm mit vcarwpcxistlnlillragcmlcl spmm. im Wappen
arienlwvsrg. Parixer Goldenuil. um 1421i
arbcil (a), zwisnlieil 1469und 1491i
"igl den Raben (Corvlnux). den bohmi-
Sfllüll Lowen und ast- ungaliwlliru Farben. liudapcstel (loldwrhixundearbvit (2). zwiuhvn uns und
l-Nil
König Sigismunrl, der schon in
früher Jugend den ungarischen
Thron bestieg und der fünfzig
Jahre (1387-1437) regierte, hatte
sich in Budapest eine große
Residenz erbauen lassen, in die
er immer wieder in den Zeiten
zwischen seinen großen Reisen
zurückkehrte. Obwohl ihm als
römisch-deutschem Kaiser das
Recht zugestanden wäre, sich in
Aachen begraben zu lassen, trug
er Vorsorge, daß er in Nagy-
wiratl (Großwardein) bestattet
wurde. Nach seinem Tode erbte
König Nlatthias Corvinus seine
Schätze, darunter auch die Kal-
varie aus Frankreich. König Mat-
thias, der sich der Einmaligkeit.
dieser Goldschmiedearbeit be-
wußt gewesen sein muß, ließ
sie mit dem überaus prächtigen
Fuß versehen. Wie aus den von
Sphingen gehaltenen Wappen-
schildern hervorgeht, kann dies
nur zwischen 1469 und 1490
geschehen sein. ln den Wappen-
kartuschen ist nicht nur das un-
garische und persönliche Wap-
pen des Matthias (lorvinus an-
gebracht, sondern auch der tsche-
chische Löwe, den Matthias von
1469 bis zu seinem Tode im
Jahre 1490 in seinem Schilde
führte. Dieser prachtvolle Fuß
in den Formen der Renaissance-
kunst ist wahrscheinlich von
einem (ioldschmietlemeister in
Budapest xierfertigt worden, ub-
wohl seine Struktur und Ausge-
staltung auf italienische, womög-
lich lombardische Abstammung
hinweist (siehe das große Osten-
sorium in der Kathedrale von
Lodi) und die Analogien zu
den Triumphwagenbilrlern auf
Emails im großen Medaillun des
Wiener Kunsthistorischen blu-
seums, im Tryptichon des Poldi-
Pezzcili-Nltiseums in Mailand und
auf dem Spiegel der lsabella
7 von Aragonien zu finden sind.
Was für unsere Annahme einer
Herstellung in Budapest spricht,
ist die Überlegung, daß Matthias
(lnrvinus den kostbaren Oberteil
kaum der Gefahr einer unsicheren
und langwierigen Reise ausge-
setzt hätte.
Nach dem in Wien erfolgten
Äbleben des Königs Matthias
Corvinus fiel dieses Prunkstück
seinem unehelichen Sohn Johann
Corvin als Erbschaft zu. Dieser
schwache und hilflose Fürst ver-
pfandete bald darauf den Kal-
varienberg für 520 (Zulden an
den mächtigen und einrlußrei-
chen Erzbischof von Eger (Erlau),
Thomas Bakocz. lm Jahre 1494
ging dann das Kunstwerk end-
gültig als Geschenk an den Erz-
bischof. Thomas Bakocz wurde
später Erzbischof von Esztergom,
wo er die Bakocz-Kilpelle errich-
ten ließ, ein singuläres Bauwerk
im Stile der Renaissance dies-
seits der Alpen. Durch Ver-
mächtnis kam dann die Kal-
varie in den Besitz der Schatz-
kammer der Kathedrale von
Esztergom.
Unter den lXferkcn, die in der
seltenen Technik „email sur ronde
bossc" gearbeitet sind, nimmt
der Lisztergomer Kalvarienberg
einen besonderen Rang ein. Ver-
dankt das sogenannte „Goldene
Rössel von Altötting" seinen
Zauber der nahezu profan an-
mutenden Intimität der Dar-
stellung, so beeindruckt die Esz-
tergomer Kalvarie durch die ern-
ste und dramatische Auffassung
des Geschehens. Die prächtige
Modellierung der milchweißen
Emailiiguren, die feurigen Far-
ben der Gewander und die plasti-
sche Kraft der feinen und zarten
Formen legen Zeugenschaft ab,
daß wir hier wohl eines der
monumentalsten und feierlichsten
XVerke der gotischen Goldschmie-
dekunst um 1400 vor uns haben.
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