abblättern und sich überall starke
Craqueluren zeigen. Anläßlich der
ersten Restaurierung wurde auch
die ursprünglich durchgehende
Leinwand an den Zimmerecken
durchgeschnitten, auf Blindrah-
men gespannt und die störenden
weißen Eckleisten angebracht.
Nach dem zweiten Brand wurden
nur geringfügige Reinigungsarbei-
ten durchgeführt, und im Jahre
1953 wurde das Selbstporträt
Koblers gepreßt und gebügelt.
Bei den großen Gruppen konnte
diese so notwendige Arbeit bisher
noch nicht gemacht werden, da
sie sich wegen des Umfanges der
Bilder außerordentlich schwierig
gestaltet. Die Bilder sind 2,60m
hoch, die großen Gruppen je
4,45 m breit, die Porträts der
Väter je 2,15, die der Mütter je
1,25 m und das Malerporträt
2,13 m breit. Am Eckpfeiler der
Balustrade befinden sich die Da-
ten der Restaurierungen - 1920
bis 1921 von August Veiter, 1953
von Dr. R. Fischer 7 und an der
Brüstung die Signatur des Malers:
Peter Kobler, 1739.
Hier beginnt der letzte und schwie-
rigste Abschnitt unserer Arbeit.
Kobler ist in der Kunstgeschichte
eine, wie wir anzudeuten hoffen,
mit Unrecht unbekannte Persön-
lichkeit. Sein Werk und sein
Leben zu erforschen würde in
diesem Rahmen viel zu Weit füh-
ren, doch hoffen wir wenigstens
eine Anregung dazu gegeben zu
haben. Thieme-Becker erwähnt
nur seine Ernennung zum k. k.
Kammermaler im Jahre 1746, zum
kurfürstlichen Rat des Bischofs
von Konstanz anno 1757 und
seine Erhebung in den Adelsstand
mit dem Prädikat „von Ehren-
sorg" im Jahre 1760 sowie eine
Liste seiner für die kaiserliche
Familie verfertigten Porträts. We-
der Geburts- noch Todesdatum
sind angegeben. Julius Fleischer 1)
bringt genaue Angaben über die
Zahlungen der zwischen 1749 und
1764 im Auftrag des Hofes ent-
standenen Porträts Koblers sowie
eine kurze Erwähnung in der
Einleitung: „. . . Seine (Christian
Seybolds) in kleinliche: Manier
gehaltenen Bilder wurden alsbald
von anderen Hofmalern, so be-
sonders in den Fünfzigerjahren
von dem Meytensnachahmer
PETER KOBLER VON EH-
Rl-LNSORG verdrängt." Es folgt
eine chronologische Aufzählung
der obengcnannten Porträts. im
Audienzsaal des Stiftes St. Florian
befindet sich ein Doppelbildnis
Maria Theresias und ihres Ge-
mahls, das durch zwei Notizen
in den Annalen des Stiftes als
Werk Koblers bestätigt isti). In
„Quellen zur Geschichte der Stadt
XVien"4) finden wir Kobler als
Trauzeugen genannt für „Franz
Sebastian Kobler, Universitäts-
maler, aus Bayern gebürtig und
Maria Theresia Mägerlin", am
4. Oktober 1747. Dank des vom
Staatsarchiv zur Verfügung ge-
stellten Testaments Koblers ge-
lang es, in den Totenregesten
festzustellen, daß Kobler am Z1.
Oktober 1764 „einundfünfzig
Jahre alt" gestorben ist. Somit
war endlich das Geburtsjahr, 1713,
wenn auch nicht Ort und Tag
gefunden. Merkwürdigerweise ist
im Goess'schen Familienarchiv
nicht die geringste Aufzeichnung
betreffs Koblers vorhanden.
Das Ebenthaler Familienzimmer,
im Jahre 1739 vollendet, ist somit
das früheste bekannte Werk des
Künstlers, das er im Alter von
26 Jahren schuf. Nun ergeben
sich aber weitere sehr wichtige
Fragen: Was hat Kobler vor 1739
gemalt? Denn einem völlig un-
bekannten Künstler hätte man
kaum einen so großen und auch
ungewöhnlichen Auftrag gegeben.
Und was schuf er zwischen 1739
und 1746, dem Jahr seiner Er-
nennung zum Kammermaler und
seines ersten nachweisbaren Por-
träts für den Hof? Wer war sein
Lehrer, wer seine Vorbilder?
Das Originelle an Koblers Kon-
zept liegt in der Mischung von
repräsentativer Feierlichkeit und
Intimität, in der illusionistischen
Auffassung des räumlichen Grup-
penporträts. Daß er, wie seine
ganze Zeit, stark von den italie-
nischen, besonders den venezia-
nischen Malern beeinflußt war, ist
selbstverständlich, wenn es auch
bisher nicht möglich war, festzu-
stellen, 0b Kobler selbst in Italien
war. Es finden sich ja in manchen
italienischen Palästen ähnlich kon-
zipierte räumliche Familienbilder,
wenn auch aus früherer Zeit, man
denke nur an die Fresken der
Camera degli sposi in Mantua oder
an die Gozzoli-Kapelle in Flo-
renz. Die Idee der durchgehen-
den Wandbespannung hingegen
scheint auf die besonders in
Frankreich beliebten Tapisserien
und Gobelins zurückzugehemwäh-
rend die trotz aller barocken
Feierlichkeit bewahrte Intimität
der Familiengruppe auf den Ein-
Huß niederländischer Genremaler
schließen läßt.
Eine sehr wichtige Anregung ver-
danken wir Herrn Direktor Egg
vom Innsbtucker Landesmuseum,
der in der Behandlung der archi-
tektonischen Elemente Einflüsse
der damals in Wien unter van
Schuppen blühenden Theater-
malerei zu erkennen glaubt. Kob-
ler ist nicht als Schüler der Aka-
demie nachweisbar, doch wurde
er auf einer vom 22. Februar 1745
datierten, dem Hofmarschall un-
terbreiteten Liste der für die
Akademie vorgeschlagenen Mit-
glieder unter der ersten Maler-
klasse genannt. Es ist anzuneh-
men, daß er van Schuppen, der
damals Leiter der Akademie war,
zumindest gekannt hat, und die
Tatsache, daß vor 1739 keine
Werke Koblers bekannt sind,
könnte dadurch erklärt werden,
daß er als Theatermaler tätig war.
Diesem Umstand würde auch die
kompositionelle und malerische
Auffassung des Ebenthaler Fa-
milienzimmers entsprechen. Die
Behandlung der architektonischen
Elemente, die Raumgestaltung und
Perspektive lassen darauf schlie-
ßen, daß Kobler das 1711 von
dem zu der Zeit in Wien weilenden
Ferdinando Galli Bibiena ver-
öffentlichte Werk „Architettura
civile preparata sulla geometria e
ridotta alle prospettive" kannte.
Gewisse Ähnlichkeiten in der Mal-
weise bestehen auch zwischen
Kobler und seinem bekannten
Zeitgenossen Georg Plazer, der
in Wien unter van Schuppen ar-
beitete5).
Zusammenfassend möchten wir
noch einmal betonen, daß es unter
den gegenwärtigen Umständen
nicht möglich ist, eine umfassende
Aussage über Johann Peter Kobler
zu machen. Wir kennen das er-
staunlich reife und originelle Werk
des Sechsundzwanzigjährigen Ä
und einige zwischen seinem drei-
unddreißigsten und einundfiinf-
zigsten Lebensjahr für den Hof
gemalte Porträts. Ist das Ebentha-
ler Familienzimmer die einmalige
Blüte einer jugendlichen Bega-
bung, die später in konventioneller
Porträtmalerei verflachte? Selbst
wenn dies der Fall wäre, verdient
Kobler, daß sich die Kunst-
geschichte eingehender mit ihm
befaßt als es bisher der Fall
XNGT.
ANMERKUNGEN:
I) Kurt um, "Modell und Maler vnii ja
Vennccr". Probleme der lntcrprctatioi
lltiMont Dokumente. Köln 1961.
1) Julius Fleischer. "Das Kuvtstgcscltichtlicl
Material der Geheimen Kanuneruhlzmt:
btirher in den Staatlichen Archiven Wiet
von 1705 bis 1790". Krystall-Verlag. Wie
1932, vol. l. P1). 35. 54. 57. 60. 64. 71, 7E
81. 89. 92.
1) Restnuratio erclexiau, Propst Johann Getit
Wit-sinayr (17 1755). p. 24.1. Shw
Advocatus ti . vom gleichen Verfasse
p. m, und Alhln Cltflly. Kunst und Kurts
guwcrbe im Stifte St. Florian. Linz 1384
pp. 246-247. _ _
4) Alexander i-tnatrti In "Quellen zur (n
schichte der Stadt Wien", Bd. I{6. p. 427.
S) Siehe Ernst KÖIIIJY. "Johann Gtßtg Plazc
ein geistiger Vorläufer Mnkarts".ALTE um
MODERNE KUN. . Oktober 1961, p. '
llt-soittieren Dank für wertvolle Hilfe und A:
rßgungen mochten wir an dieser Stellt: am
s rechen: der Direktion des Museums ri
Ymdtc Kunst in Wien, dem Ustertrlclt
st" Staatsarchiv. der Sliftsbibliotliek St. Flt
rian, der Direktion des Tiroler Landcsmuscun
in Innsbruck. der Direktion der Akademie d:
Bildenden Künste in Wien und dem Zentra
institut für Kunstgeschichte in München.