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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 101)

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dem verbreiteten Kunstsinn der Hollän- 
der - besonders viele überliefert, die ver- 
einfachend insgesamt als „Wolff-Gläser" 
bezeichnet werden. 
Wolff hat seine Arbeiten nur selten signiert. 
Datierte Stücke sind aus den Jahren 1784 
bis 1796 erhalten. Er starb nach einem 
absondcrlichen Lebenswandel im Jahre 
1809. Schon kurz nach seinem Tode waren 
seine Arbeiten sehr gesuchtü. 
Abbildung 7 zeigt eines der typischen 
Allianz-Gläser, wie sie der politisch enga- 
gierte D. Wolff gerne gestippt hat. Die 
kräftige Punktierung zeigt den Wappen- 
schild Wilhelms V. von Oranien und seiner 
Gemahlin Friederike Wilhelmine von Preu- 
ßen, deren Vermählung 1767 stattfand. 
In der gleichen kräftigen und dazu leben- 
digen Art ist das Glas der Abbildungß 
gestippt, das Volkstypen in der Zeittracht 
des 17. Jahrhunderts zeigt, die eben mit 
einem Glas „Mol" (Weißbier) „VRIEND- 
SCHAP" schließen. 
Eine ungewöhnlich subtile Arbeit, die 
zudem das Stippen mit dem Diamantreißen 
verbindet, zeigt das Glas der Abbildung 9. 
Zwei Knäblein füttern eine Ziege mit einem 
Grasbüschel. Diese pausbackigen Biibchen 
und die Blattumrandung, besonders die 
nach unten hängenden Zweige, weisen auf 
D. Wolff, um 1780-1790, hin. 
4. Gexrlmitiene Glärer de: 18. jalzrlzundert: 
Niederländische Schnirtgläser des 17. jahr- 
hunderts gehören zu den großen Selten- 
heiten und sind wohl ausschließlich auf 
Deutsche zurückzuführen7. „Mit Schub- 
karren und großen Wagen durchstreiften 
sie damals ganz Europa, teils nur als 
Glashändler, teils - indem sie ihr Schneid- 
zeug mit sich führten - gleichzeitig als 
ausübende Künstler"3. 
Die besseren Stücke wurden aber wohl in 
Böhmen für den holländischen Markt ge- 
schnitten, was bei den überaus regen 
Handelsbeziehungen zwischen diesen bei- 
den Ländern nicht verwunderlich ist. Ein 
Beispiel dafür ist die fein geschnittene 
Ansicht der Stadt Amsterdam, ein Ge- 
schenk böhmischer Glashändler an ihren 
holländischen KundenQ. 
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts sind 
aber auch in den Niederlanden die Schnitt- 
gläser immer beliebter geworden, so daß es 
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Schneider wohl lohnen mochte, sich in 
Amsterdam als Glasschneider zu etablie- 
ren. 
S0 kam im Jahre 1747 aus Erfurt der 
Glasschnciclct Simon jamb Sang, wurde 1748 
Bürger von Amsterdam und heiratete im 
selben Jahr die Holländerin Barbara Lolling. 
Er inserierte am 3. April 1762 im „Amster- 
damsche Courant" als sächsischer Kunst- 
glasschneider fnlgende Fähigkeiten: 
„. . .schleift und schneidet auf englische 
Pokalen) große und kleine Figuren, per- 
spektivisch oder erhaben, nach der neuesten 
Mode ovidische und andere Historien . . . 
alles nach dem Leben und niemals hierzu- 
lande so bekannt" 11. 
Von Simon Jacob Sang sind zwei signierte 
und ein unsigniertes Glas aus den Jahren 
1751-1753 bekannt. Nachher hat er sich 
vermutlich hauptsächlich dem Spiegelschlil-f 
gewidmet und den Glasschnitt seinem 
begabtercn Bruder jamb Xang überlassen, 
der wahrscheinlich bei Elias Rosbach in 
Berlin gelernt hat und dann zu seinem 
Bruder nach Amsterdam gezogen istll. 
Die früheste und wohl schönste Arbeit 
von diesem Jacob Sang trägt das Datum 
1752 und ist der Deckelpokal „Diana und 
Kallist0"13. Bis ins jahr 1783 kommen 
noch 44 signierte und meistens auch 
datierte Gläser dazu, sowie zahlreiche un- 
signierte, so daß wir 7 wie bei Wolff - 
auch hier als Gruppenbegriff von „Sang- 
Gläsern" sprechen". 
Das Sang-Glas (Abb. 10) ist nicht signiert, 
was wir dem Künstler nach einem Blick auf 
die Darstellung aber nicht verargen: es ist 
ein Liebespaar in copoli. Dem Baumstamm 
entlang noch die durchaus überflüssige Er- 
klärung „D'LIEFHEBRY" 7 die Lieben- 
den - und zu deren Füßen Dreispitz, 
Reitstock, Degen und der Fächer der 
Dame. 
Als Vorlage für diese seltene Gattung Sang- 
Gläser diente wohl ein zeitgenössischer 
Stich. So ist von ihm auch eine pikante 
Szene „Die Schaukel" in der Art von 
Fragonard und ein Phallus-Glas15 über- 
liefert. Wir sehen also, daß sich auch Jacob 
Sang durchaus an die Ankündigung seines 
Bruders hielt: „nach der neuesten Mode, 
alles nach dem Leben und niemals hierzu- 
lande so bekannt". 
mm. u... ............-., ..-.__ m.-. .._-.. ..u_..oe_ 
anzutreffen ist das nächste Sujet (Abb. 11). 
Es ist das Wappen Williams IV. von 
Oranien (1711-1751), umgeben von den 
Schildern der 7 Provinzen und Hankiert 
von zwei gekrönten Löwen. Das Glas 
dürfte wohl 1734 anläßlich der Ver- 
mählung mit der Prinzessin Anna von 
England entstanden sein. Ein massives 
Newcastle-Glas mit den ab 1725 in Mode 
gekommenen eingestochenen Luftblasen. 
Das letzte der drei holländischen Schnitt- 
gläser - ein zartes Srengelglas aus der 
Mitte des 18. Jahrhunderts (Abb. 12) - ist 
wohl das interessanteste. Nicht weniger 
als 19 Figuren, zwei Wagen und Pferde 
schmücken in umlaufender Darstellung die 
konische Kuppa. Eine lebendige Volks- 
szene vor einer Kirche: zwei Pastoren 
reichen sich zur Versöhnung die Hand und 
sollen damit einen jahrelangen Zank be- 
endet haben, der wegen ihrer reichen 
bzw. armen Pfarrgcmeinde schwelte. Der 
geschichtliche Vorfall scheint sich - nach 
der Bekleidung zu urteilen - im 17. jahr- 
hundert zugetragen zu haben, sicher in 
Holland, was der steigende Löwe auf der 
Wagenrückseite beweist. 
Dieser reiche Mattschnitt verrät eine geübte 
Hand, läßt aber den Charakter deutscher 
Glasgraveure vermissen. Er könnte durch- 
aus in Holland von einem holländischen 
Glasschneider verziert worden sein. Viel- 
leicht von Wilhelm Otia Rnbarl (1696-1778), 
der aus Holland stammt und dessen Ar- 
beiten in die Mitte des 18. Jahrhunderts 
fallenlö. 
Während in Deutschland und Österreich im 
Empirc und Biedermeier neue Techniken 
und Namen am Firmament aufsteigen 
(denken wir nur an Mildner, Biemann, 
Mohn, Kothgasser), bleiben aus Holland 
nur wenige Nachzügler zu erwähnen, welche 
die typisch holländisch-subtile Glasver- 
edelung wciterfiihrten: L. Adams, P. Kibon, 
A. Melort und D. Henriques de Castro. 
Um so größer und erfreulicher ist der 
Schatz an feinsten Kunstwerken des 17. und 
18. jahrhunderts, den holländische Museen, 
Sammler und Händler in kunstsinniger 
Weise pflegen. Ich danke an dieser Stelle 
besonders lirl. M.-A.- Heukensfeldt Jansen 
vom Reichsmuscum Amsterdam und den 
Herren Vecht und Nystad, die mich be- 
raten und meine Sammlung gefördert haben. 
ANMERKUNGEN 6 716 
ß Ruhen Schmidt. ..DAS GLAS", II. Auflage. Berlin 1922, 
Seite 377. 
1 So sind in den Glaskatalogen "Gcmccnkcmuscum dcn 
Haag" 1902 (m. Bäatricc Janszn) und Muiöä Royaux 
da": c: (Vhixtoirv, Bruxeiles (ob. zit. unter 1), nur jt. 'in 
Schniltglas aus dcm 17. Jli. abgebildet (Nr.133 bzw. 
v1. XLaViVb). die beide auf deutsche Glasichxxeidir zurück- 
geführt wurden. 
I Robert Schmidr, „DAS GLAS" (ob. zir. unter e), 
Seite 273. 
" "GLAZSS lN CZECHOSLOVAKIA". Kataiog. Prag 1958, 
Seite 9. 
 
18 
w Die in Hollznd im 17.Jh. „f: la faqon dc Vcnisc" herge- 
stellten dünnwandigen, leicht blasigen Gläser waren 
zum Slippun viel zu spröde. So wurde im 12.111. in 
Zunchmendcm Maße das englisch: Blci- oder Flintglas 
imponiert. das Ravcnscrxul": um. 1680 erfand und das 
viel rransparenzer und widcrstaqdsfähigez war (vgl. dazu 
Gustav Wriss. ULLSTEIN GLASERBUCH, S. 232). 
Übersetzt nach Lconic van Nicrop, gekürzt wiedergegeben 
aus "DIE WELTKUNST", München. 15. 8.1954. 
Seite 3. 
11 Dr. van Gelder, Sclwvcningen, „Die Amsterdamer 
Glassclulcidcr Simon Jacob und Jacob Sang, „DIE WELT- 
KUNST", München. 1. 7.1958. Seite 15. 
13 Abgebildet als Titelblatt „DIE WELTKUNST". Mün- 
chcn. 15.8.1954 ex. Sammlung Mühsam, hcufz An 
Iiisriruxc Chicago. 
14 Dabei denken wir nur an die beiden in Holland tätigen 
Gcbrudcr Smhß, nicht an Äfldllrl! Friiamßi Sang (Weimarl 
Ilmenau). du: 1749 Tlllf atc von Simon Jacob Sang war, 
und seinen Sohn Jüllrlllll gleimizh BfllÜliliflY Sang (Ilmenau). 
I5 Gustav E. Pazaurek. „Die GlawchnEider-Familie Sang", 
Sonderdruck o. l) aus "Der Kunszwandcrcr", Berlin, 
Seite 9. Abb. 16 (hcutc im Mclmpolitmi Museum o!" AIE, 
New York). 
"5 Vgl. dazu das "Oude-Mannenhius-Glns" in "OUD 
HOLLAND", 1955, S. 100, Nr. 13, im Artikel von 
Dr. van Gelder.
	        
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