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dem verbreiteten Kunstsinn der Hollän-
der - besonders viele überliefert, die ver-
einfachend insgesamt als „Wolff-Gläser"
bezeichnet werden.
Wolff hat seine Arbeiten nur selten signiert.
Datierte Stücke sind aus den Jahren 1784
bis 1796 erhalten. Er starb nach einem
absondcrlichen Lebenswandel im Jahre
1809. Schon kurz nach seinem Tode waren
seine Arbeiten sehr gesuchtü.
Abbildung 7 zeigt eines der typischen
Allianz-Gläser, wie sie der politisch enga-
gierte D. Wolff gerne gestippt hat. Die
kräftige Punktierung zeigt den Wappen-
schild Wilhelms V. von Oranien und seiner
Gemahlin Friederike Wilhelmine von Preu-
ßen, deren Vermählung 1767 stattfand.
In der gleichen kräftigen und dazu leben-
digen Art ist das Glas der Abbildungß
gestippt, das Volkstypen in der Zeittracht
des 17. Jahrhunderts zeigt, die eben mit
einem Glas „Mol" (Weißbier) „VRIEND-
SCHAP" schließen.
Eine ungewöhnlich subtile Arbeit, die
zudem das Stippen mit dem Diamantreißen
verbindet, zeigt das Glas der Abbildung 9.
Zwei Knäblein füttern eine Ziege mit einem
Grasbüschel. Diese pausbackigen Biibchen
und die Blattumrandung, besonders die
nach unten hängenden Zweige, weisen auf
D. Wolff, um 1780-1790, hin.
4. Gexrlmitiene Glärer de: 18. jalzrlzundert:
Niederländische Schnirtgläser des 17. jahr-
hunderts gehören zu den großen Selten-
heiten und sind wohl ausschließlich auf
Deutsche zurückzuführen7. „Mit Schub-
karren und großen Wagen durchstreiften
sie damals ganz Europa, teils nur als
Glashändler, teils - indem sie ihr Schneid-
zeug mit sich führten - gleichzeitig als
ausübende Künstler"3.
Die besseren Stücke wurden aber wohl in
Böhmen für den holländischen Markt ge-
schnitten, was bei den überaus regen
Handelsbeziehungen zwischen diesen bei-
den Ländern nicht verwunderlich ist. Ein
Beispiel dafür ist die fein geschnittene
Ansicht der Stadt Amsterdam, ein Ge-
schenk böhmischer Glashändler an ihren
holländischen KundenQ.
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts sind
aber auch in den Niederlanden die Schnitt-
gläser immer beliebter geworden, so daß es
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Schneider wohl lohnen mochte, sich in
Amsterdam als Glasschneider zu etablie-
ren.
S0 kam im Jahre 1747 aus Erfurt der
Glasschnciclct Simon jamb Sang, wurde 1748
Bürger von Amsterdam und heiratete im
selben Jahr die Holländerin Barbara Lolling.
Er inserierte am 3. April 1762 im „Amster-
damsche Courant" als sächsischer Kunst-
glasschneider fnlgende Fähigkeiten:
„. . .schleift und schneidet auf englische
Pokalen) große und kleine Figuren, per-
spektivisch oder erhaben, nach der neuesten
Mode ovidische und andere Historien . . .
alles nach dem Leben und niemals hierzu-
lande so bekannt" 11.
Von Simon Jacob Sang sind zwei signierte
und ein unsigniertes Glas aus den Jahren
1751-1753 bekannt. Nachher hat er sich
vermutlich hauptsächlich dem Spiegelschlil-f
gewidmet und den Glasschnitt seinem
begabtercn Bruder jamb Xang überlassen,
der wahrscheinlich bei Elias Rosbach in
Berlin gelernt hat und dann zu seinem
Bruder nach Amsterdam gezogen istll.
Die früheste und wohl schönste Arbeit
von diesem Jacob Sang trägt das Datum
1752 und ist der Deckelpokal „Diana und
Kallist0"13. Bis ins jahr 1783 kommen
noch 44 signierte und meistens auch
datierte Gläser dazu, sowie zahlreiche un-
signierte, so daß wir 7 wie bei Wolff -
auch hier als Gruppenbegriff von „Sang-
Gläsern" sprechen".
Das Sang-Glas (Abb. 10) ist nicht signiert,
was wir dem Künstler nach einem Blick auf
die Darstellung aber nicht verargen: es ist
ein Liebespaar in copoli. Dem Baumstamm
entlang noch die durchaus überflüssige Er-
klärung „D'LIEFHEBRY" 7 die Lieben-
den - und zu deren Füßen Dreispitz,
Reitstock, Degen und der Fächer der
Dame.
Als Vorlage für diese seltene Gattung Sang-
Gläser diente wohl ein zeitgenössischer
Stich. So ist von ihm auch eine pikante
Szene „Die Schaukel" in der Art von
Fragonard und ein Phallus-Glas15 über-
liefert. Wir sehen also, daß sich auch Jacob
Sang durchaus an die Ankündigung seines
Bruders hielt: „nach der neuesten Mode,
alles nach dem Leben und niemals hierzu-
lande so bekannt".
mm. u... ............-., ..-.__ m.-. .._-.. ..u_..oe_
anzutreffen ist das nächste Sujet (Abb. 11).
Es ist das Wappen Williams IV. von
Oranien (1711-1751), umgeben von den
Schildern der 7 Provinzen und Hankiert
von zwei gekrönten Löwen. Das Glas
dürfte wohl 1734 anläßlich der Ver-
mählung mit der Prinzessin Anna von
England entstanden sein. Ein massives
Newcastle-Glas mit den ab 1725 in Mode
gekommenen eingestochenen Luftblasen.
Das letzte der drei holländischen Schnitt-
gläser - ein zartes Srengelglas aus der
Mitte des 18. Jahrhunderts (Abb. 12) - ist
wohl das interessanteste. Nicht weniger
als 19 Figuren, zwei Wagen und Pferde
schmücken in umlaufender Darstellung die
konische Kuppa. Eine lebendige Volks-
szene vor einer Kirche: zwei Pastoren
reichen sich zur Versöhnung die Hand und
sollen damit einen jahrelangen Zank be-
endet haben, der wegen ihrer reichen
bzw. armen Pfarrgcmeinde schwelte. Der
geschichtliche Vorfall scheint sich - nach
der Bekleidung zu urteilen - im 17. jahr-
hundert zugetragen zu haben, sicher in
Holland, was der steigende Löwe auf der
Wagenrückseite beweist.
Dieser reiche Mattschnitt verrät eine geübte
Hand, läßt aber den Charakter deutscher
Glasgraveure vermissen. Er könnte durch-
aus in Holland von einem holländischen
Glasschneider verziert worden sein. Viel-
leicht von Wilhelm Otia Rnbarl (1696-1778),
der aus Holland stammt und dessen Ar-
beiten in die Mitte des 18. Jahrhunderts
fallenlö.
Während in Deutschland und Österreich im
Empirc und Biedermeier neue Techniken
und Namen am Firmament aufsteigen
(denken wir nur an Mildner, Biemann,
Mohn, Kothgasser), bleiben aus Holland
nur wenige Nachzügler zu erwähnen, welche
die typisch holländisch-subtile Glasver-
edelung wciterfiihrten: L. Adams, P. Kibon,
A. Melort und D. Henriques de Castro.
Um so größer und erfreulicher ist der
Schatz an feinsten Kunstwerken des 17. und
18. jahrhunderts, den holländische Museen,
Sammler und Händler in kunstsinniger
Weise pflegen. Ich danke an dieser Stelle
besonders lirl. M.-A.- Heukensfeldt Jansen
vom Reichsmuscum Amsterdam und den
Herren Vecht und Nystad, die mich be-
raten und meine Sammlung gefördert haben.
ANMERKUNGEN 6 716
ß Ruhen Schmidt. ..DAS GLAS", II. Auflage. Berlin 1922,
Seite 377.
1 So sind in den Glaskatalogen "Gcmccnkcmuscum dcn
Haag" 1902 (m. Bäatricc Janszn) und Muiöä Royaux
da": c: (Vhixtoirv, Bruxeiles (ob. zit. unter 1), nur jt. 'in
Schniltglas aus dcm 17. Jli. abgebildet (Nr.133 bzw.
v1. XLaViVb). die beide auf deutsche Glasichxxeidir zurück-
geführt wurden.
I Robert Schmidr, „DAS GLAS" (ob. zir. unter e),
Seite 273.
" "GLAZSS lN CZECHOSLOVAKIA". Kataiog. Prag 1958,
Seite 9.
18
w Die in Hollznd im 17.Jh. „f: la faqon dc Vcnisc" herge-
stellten dünnwandigen, leicht blasigen Gläser waren
zum Slippun viel zu spröde. So wurde im 12.111. in
Zunchmendcm Maße das englisch: Blci- oder Flintglas
imponiert. das Ravcnscrxul": um. 1680 erfand und das
viel rransparenzer und widcrstaqdsfähigez war (vgl. dazu
Gustav Wriss. ULLSTEIN GLASERBUCH, S. 232).
Übersetzt nach Lconic van Nicrop, gekürzt wiedergegeben
aus "DIE WELTKUNST", München. 15. 8.1954.
Seite 3.
11 Dr. van Gelder, Sclwvcningen, „Die Amsterdamer
Glassclulcidcr Simon Jacob und Jacob Sang, „DIE WELT-
KUNST", München. 1. 7.1958. Seite 15.
13 Abgebildet als Titelblatt „DIE WELTKUNST". Mün-
chcn. 15.8.1954 ex. Sammlung Mühsam, hcufz An
Iiisriruxc Chicago.
14 Dabei denken wir nur an die beiden in Holland tätigen
Gcbrudcr Smhß, nicht an Äfldllrl! Friiamßi Sang (Weimarl
Ilmenau). du: 1749 Tlllf atc von Simon Jacob Sang war,
und seinen Sohn Jüllrlllll gleimizh BfllÜliliflY Sang (Ilmenau).
I5 Gustav E. Pazaurek. „Die GlawchnEider-Familie Sang",
Sonderdruck o. l) aus "Der Kunszwandcrcr", Berlin,
Seite 9. Abb. 16 (hcutc im Mclmpolitmi Museum o!" AIE,
New York).
"5 Vgl. dazu das "Oude-Mannenhius-Glns" in "OUD
HOLLAND", 1955, S. 100, Nr. 13, im Artikel von
Dr. van Gelder.