Rudolf Chadraba
ZU EINEM GEHEIMNIS DER
BURG KARLSTEIN
C0210 Corroi: mmparari P0121! 4 dem Himmels-
gewölbe über dem prächtigen Thron des
persischen Weltkönigs Chusrau vergleichbar
findet Bohuslav Balbin, der erste Historiker
Karls IV.,das breite, g0ld- und glasiiberzogene,
sternenbesäte Gewölbe der Kreuzkapelle von
Karlstein, mit der goldenen Sonne und dem
silbernen Mond. Balbin fühlt sich in diesem
lichterfüllten Raum wie im himmlischen
Saal l. Kein Grund besteht, diesem Ausspruch
des gelehrten Zeitgenossen und Ordensbruders
von Athanasius Kircher nicht die gebührende
Beachtung zu schenken.
In der Legende exaltatiu xarlclae rrurir, Erhö-
hung des heiligen Kreuzes, aus der zu Karls
Zeit in Böhmen besonders populär gewordenen
Legenda aurea, die auf des Kaisers Anlaß
als Böhmisches Passionale auch ins Tsche-
chische übersetzt wurde, bringt der byzanti-
nische Kaiser Heraklius im Jahre 628 das
heilige Kreuz wieder zu Ehren 1, nachdem es
vom persischen Welteroberer Chusrau 11.,
dem letzten mächtigen „Weltkönigf von
Iran, auf Golgatha geraubt und als Sinnbild
heidnischer Weltherrschaft und ewigen Sieges
die durch das Gold hindurchschimi
strahlten die Wände dieses Turmpal
laut der Legende exallaiio. Im alten (
bedeutet Turm und Königspalast, wen:
vor allem Persien im Sinne haben, das gl
und diese Auffassung gelangt auch nacr
Westen. Schon Horaz sagt: pallizia
aequa pulmt pezle Iabernn: pauperzml reg
lurre: (der blasse Tod zerstampft mit
gleichen Fuß die Hütten der Armen ur.
Türme der Könige). Und die über
Doppelkapelle Karls des Großen in A
ist wahrscheinlich als Antithese zum
nischen Turmpalast zu verstehen, aller
vermittelt durch das westliche Vorbilc
San Vitale zu Ravenna. Auf der Spu
Antithese wandeln wir bereits mit un
Thema. Die christliche Umdichtung
alten magischen Gesetzes, das die we
seitigen ReHexe zwischen Triurnph-Sym
feindlicher Weltmächte wesentlich erl
hilft, ist die Legende exallatia Janrtrze
Als Chusrau, der Sonnenverehrer, das l
von Jerusalem erbeutete und es als S
zeichen neben seinem Thron aufrichtetc
1 Heraklius vnn Byzanz besiegt den Antichrist Chusrau von
Persien. Sdiptum suger Apocaiypsim cum imaginibus,
um 1350. Prag. Dorn apilel St. VCil
2 Burg Karlstein, Kapelle der hl. Katharina. um 1351
3 Karl IV. mit einer Frau als Konstantin und Htlerla (Aus-
schnitt aus Abb. z)
ANMERKUNGEN In?
l Bohuslav Balbin, Diva Monlis Sancti smu Origincs öl Mirarula
etc" Prag 1665. 58K. - Dr. Karcl Slejskal danke ich fur diesen
Hinweis.
1 Vgl. jacobi z Voragine Legend: aurea vulgn Hisxoria Lombar-
dica dicta. ad oplimorum librorum iidem recensuit Dr. Th.
Granw, Breslau 1890. 3075.: De exalialioixe sanclac crucis.
1 Herwig Wolfram, Splendor ' prrr
und Heil in Herrschaft und Reich.
sendfeier Ottos des Großen. Graz- ' .
4 ln: Legend: aurea (Anm. 2) vgl. 1),.- invenlionc sanctae crucis.
S Vgl. Das crste Jahrtausend. Kultur und Kunst im werdenden
Abendland an Rhein und Ruhr. red. Victor Elbcm, Düse!-
dorf 1964. Bd. ll, 61GB, 621.
6 Rede des Erzbischofs Johann Oclto von Vlasim, in: Fonlcs
rerum bohemicarum Ill, 429. - Die des Adalberlus Ranconis
a Ericinio (Vojtech Raiiküv von jeiov), daselbst 436. -
Der Fall wird nicht berücksichtigt bei Ernst Günter Grin-ime,
Novus Constantinus. Die Gestalt Konstantins des Großen in
der imperialen Kunst der mittelalterlichen Kaiserzeit. in:
Aachener Kunslblätter. Heft 22. 1961.
7 Vgl. V. V. Tomek, Döjepis mktz Prahy (Geschichte der Stadt
Prag). Teil u. 2. Aufla t- Prag 1892. Azur.
5 Georg Irrner. Die Rom ahrt Kaiser Heinrichs Vll. im Bilder-
zyklus des Codex Balduini Trevirensis. Berlin 1331. 71. Abb.
XL: Übergang über die Milvisrlie Brücke. lnit Text: Transit
Pontimole et a t(urri) "rn czen sagittantur multi.
9Könntc ev. auch Karls l . Mutter Elisabeth von Böhmen
bezeichnen, vgl. Rudolf Chadraba. Tradicc druhL-ho Kon-
stantin: a xecko-penka antitczc V umöul Karla lV. (Tradition
des zweiten Konstantin und griechisch-persische Antithese in
der Kunst Karls lV.), in: Umeni XVl, 1968, 570i". - Der
Typ geht jedenfalls mit dem schönen Typ der Anna von
Schweidnitz im Domtriforium zu St. Veit zusammen.
14
neben dem Weltthron Chusraus, vom „ewigen
Feuer" beleuchtet, aufgepflanzt worden war
(scdcm sibi paravcrat atquc juxta se, quasi
collegam Dei, crucem sanctam posucrat).
Heraklius bringt das Kreuz zurück an seine
Stelle. Ein Engel gebietet ihm, dies nicht
triumphal auf prächtigem Roß, sondern bar-
fuß, im Hemd, wie der Heiland, zu voll-
bringen; nur so konnte er durch das kleine
Steintor von Gethscmane hindurch. Heraklius
war geneigt, dem persischen Antichrist, der
auf seine Art das Kreuz geehrt hatte, Leben,
Ehre und einen Teil seiner Macht und Habe
zu belassen, wenn dieser sich taufen ließe.
Er mußtc jedoch den Widerspenstigen von
seinem Throne stoßen und köpfen. Man ver-
gleiche dazu eine Zeichnung aus dem Prager
Scriptum super Apocalypsim, das, um 1350
in Avignon entstanden, wahrscheinlich von
Karl IV. bald danach dem Prager Domkapitel
übergeben wurde. Ein späteres Bildmedaillon
des böhmischen Martyrologiums von Gerona
zeigt sogar den Sieger Heraklius, wie er
Chusrau von seinem Turmpalast herabwirft.
Aura interlurentibw (gemmix, von Edelsteinen,
es ebenso eine Antithese, wie wenn
Apostata das Kreuzzeichen im Handumc
gegen das Sonnenzcichen vertauschte. C}
wollte auch, der Legende zufolge, ganz
richtig - die Christen zur Anbetung der
zwingen. Hcraklius muß die magische .
lung wieder umkehren, das Sicgcspfan
Christenheit wieder auf seiner alten
auf Golgatha, aufrichten. Denn, so u
der magische Glaube, hätten die Cl
auch alles verloren, das Kreuz Christ:
behalten können, so wären sie nicht t
worden, umgekehrt aber ganz sicher. Ä
galt cs für das Reichskreuz und ande
signien im Mittelalter, inxignia um! im}
wie Herwig Wolfram nachweist: Kaiser
rich IV. ließ den Kurfürsten sagen, sie
alle eroberten Länder behalten, nur ih
Insignicn lassen, sonst verblasse sein i;
imperiil.
Die Antithese setzt sich fort: wenn Cl
seinen Turmpalast auro inferlurentibu: 4
schmückte, dann stammten Gold und
steine von jenen christlichen Gotteshä
die dieser Wütcrich auf seinem Weltetobei