dieses Renaissancekunstwerk von hohem Wert der
Wissenschaft und den Fachleuten des lnlandes so-
wie des Auslandes unbekannt. lm Besitz des Mu-
seums für angewandte Kunst in Budapest befindet
sich von diesem Ofen jedoch eine Ofenkachel (36 x
55,5), welche auch zur San-Marco-Sammlung ge-
hörte, die in unseren Ofen nicht eingebaut wurde
und die man dem Museum als Geschenk überlassen
hat. Auf dieser Kachel wurde der junge Tobias mit
dem Erzengel Raphael beim Fischfang dargestellt
(Abb. 10). In einem balusterförmigen gewölbten
Rahmen, der mit einem Engel verziert ist, besitzt er
auch eine Namentafel".
Diese Reliefkachel wurde von Konrad Strauß als
eine hervorragende Arbeit dem Hans Kraut aus Vil-
lingen zugeschrieben. Gleichfalls wurde der Relief-
ofen im Österreichischen Museum für angewandte
Kunst in Wien (Abb. 11) von Konrad Strauß als die
Arbeit des Hans Kraut erörterts, obwohl dieser Ofen
früher in Laxenburg stand und in den lnventaren als
ein aus Salzburg stammender Ofen bezeichnet wur-
des.
Im Gegensatzzu Konrad Strauß behauptet Rosmarie
Franz', daß, obwohl die türkisblau-grünlichen Far-
ben der Reliefkacheln eine gewisse Venuandtschaft
mit den Farbtönen des Hans Kraut aufweisen, die
technische Ausführung der Reliefkacheln, der Stil
der Fayencebemalung auf einen anderen Meister
deuten. Sie beruft sich auf den Fayenceofen von
großer Qualität, welchen Friedrich Strobl im Jahre
1608 fürdas bei Salzburg liegende Schloß Hellbrunn
gebaut hat, und ist der Ansicht, daß infolge eines
gewissen Einklanges in bezug auf die Art des Auf-
baues. der Themenauswahl, der Farben und der
Maltechnik der Wiener Ofen auch aus der Werkstatt
Strobl stammt und vielleicht die Arbeit des älteren
Strobl sein könnte". Demnach wäre der Zeitpunkt
der Anfertigung des Ofens das letzte Viertel des
16. Jahrhunderts.
Für uns ist der Wiener Ofen des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst von sehr großer
Bedeutung, dadieArt und WeisederSchilderungen.
derThemenauswahl und Farbenpracht der Kacheln
dem Graner Ofen sehr nahestehen (Abb. 11).
Der Unterbau des Wiener Renaissanceofens wird
aus fünf, der Oberbau aus vier großen Reliefkacheln
gebildet. Die horizontale Gliederung ist von plasti-
schen und farbigen Gesimsen und die vertikale mit
aus Hermen und Pilastern ausgebauten Säulen be-
wirkt. Ausgenommen die große Kachel der Stirnsei-
te, sind alle Szenen der übrigen Kacheln in gleiche
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Rahmen gefaßt, welche in Balusterform mit charak-
teristischen Säulen, Bögen. Engeln und Namentä-
felchen ausgebildet sind. Unter den Kacheln befin-
den sich Friese mit in Blau gehaltenen Figuren und
Landschaften. Über den Kacheln wurden Tafeln mit
Zitaten aus der Heiligen Schrift gesetzt. Die Reliefs
der Kacheln - von links nach rechts gesehen - be-
ziehen sich auf die Vision desJeremias. dann auf die
Szene, in welcher Esaias die Sündigen beweint. Auf
der Stirnseite sehen wir die Szene, welche sich auf
das wLamm Gottes-A bezieht. auf der anderen Seite
Susanna und die Alten sowie Daniel in der Löwen-
grube. Auf der Stirnseite des Oberbaues erscheint
Moses vor dem Pharao, auf der linken Seite sehen
wir die Szene mit der Schlange, auf der rechten Mo-
ses vor dern brennenden Dornbusch. Die Bilder
wurden auf dem bläulichen Hintergrund der etwas
konkaven Kacheln und in türkisblauen, kcbaltblau-
en, grünen, mangangetönten, braunen, gelben und
weißen Farben ausgeführt. Man findet hie und da
auch verwischte Spuren der Vergoldung, die bloßen
Körperteile sind jedoch ohne Glasur.
Wenn wir die Reliefkacheln der beiden Öfen mitein-
ander vergleichen, so weist die hohe plastische
Ausbildung und das freie Modellieren der Figuren
auf eine gewisse Identität hin. Die Figuren des Sam-
sons und des Tobias sind auf dem Graner Ofen mit
derselben charakteristischen Bildhauertechnik ge-
schnitten wie die Prophet- und Königtiguren des
Wiener Ofens. Der Gesichtsausdruck der Gestalten
spiegelt dieselben Gefühle: Freude und Traurigkeit.
Die bloßen Körperteile der Gestalten sind auf beiden
Öfen immer ohne Glasur. Die schuppenartige Aus-
arbeitung der Bäume in den Landschaftsbildern der
Kacheln ist auch dieselbe. Der leere Raum hinter
den Figuren ist auf gleiche Weise mit Blumen. Vö-
geln und Tieren ausgefüllt. Im Hintergrund der Dar-
stellungen sehen wir sowohl auf den Graner wie auf
den WienerOfenkacheln die Umrisseeiner Burg. Bei
allen diesen Szenen. welche sich in einem geschlos-
senen Raum abspielen, versucht der Meister, die
Perspektive mit rhombusartigen Fliesen zu markie-
ren. Das Maß der großen wie der kleineren Kacheln
ist dasselbe. Die Rahmen der Reliefs zeigen desglei-
chen eine gewisse Verwandtschaft. Auch der dop-
pelte Bogen der großen Wiener Kachel ist auf dem
Mittelstück des GranerOfenswiederzufinden, doch
mit dem Unterschied, daß die Verzierung am Wiener
Ofen reicher ausgestaltet wurde. Im übrigen weist
die Umrahmung der kleineren Wiener Kacheln, Ba-
luster, Säulen, Engeln und Täfelchen betreffend,
eine große Ähnlichkeit mit jener der Tobias-Kachel
des Graner Ofens auf, man könnte beinahe von einer
Identität sprechen. Vor dem lavendelblauen Hinter-
grund der Kacheln beider Öfen treten die Farben
Türkisblau, Kobaltblau, Grün, Mangan, Braun, Gelb
und Weiß in derselben feurigen Art und Weise her-
vor. Die Bearbeitung derKacheln erinnert an den Stil
der Fayencemalerei. Spuren der Vergoldung sind
noch auf beiden Ofen aufzufinden. Die Gorgonen-
köpfe, die Lisenen unter dem Muschelornament ge-
ben in ihrer allegorischen Auffassung denselben
Eindruck. Die plastische Ausbildung der Gesimse
mit dem dreiteiligen Blattornament weist auch eine
große Ähnlichkeit auf. Doch trotz dieser großen
Verwandtschaft der Kacheln gibt es nun aber einen
ausgesprochenen deutlichen Unterschied im Auf-
bau der beiden Ofen. Die Pilaster und Lisenen, wel-
che die Kacheln auf dem Wiener Ofen voneinander
trennen, die Eckteile sowie die mit Sprüchen verse-
henen Tafeln sind aut dem Graner Ofen nicht aufzu-
finden. lm Gegensatz dazu fehlt auf dem Wiener
Ofen die prunkvolle Bekrönung, welche auf dem
obersten Gesimse des Graner Ofens zu sehen ist,
sowie die den Ofenkörpertragenden sitzenden Lö-
wen. Man kann jedoch vermuten, daß die fehlenden