MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XXVI (1981 / Heft 178 und 179)

 
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beiter oder der Arzt keinerlei Verzierung an seiner 
funktionellen Arbeitskleidung trägt, sind die Fell- 
gewänder der Eskimos, die Panzer antiker Kamp- 
fer oder die Harnische mittelalterlicher Ritter 
meist mit i-funktionslosenu Ornamenten versehen, 
die kunstfertige Handwerker herstellten und die 
den Träger schmückten, um dabei zugleich seinen 
sozialen Status hervorzuheben und ausgespro- 
chen repräsentativ zu wirken. 
Den hier beschriebenen zwei Möglichkeiten, den 
Ursprung der Bekleidung des Menschen zu erklä- 
ren - einmal Protektion vor Witterungseinflüs- 
sen, zum anderen die Erkennbarkeit des Trägers 
durch sein Gewand -, sind noch zwei weitere hin- 
zuzufügen: Eine streng moralisierende, auf der Bi- 
bel fußende Auffassung erklärt die Kleidung des 
Menschen aus seinem Schamgefühl! Daß diese 
Vorstellung einseitig ist, beweisen nicht nur man- 
che Bewohner heißer Gegenden, die ganze ohne 
Bekleidung leben und deren Schamgefühl da- 
Yvrrn-iyrrvn nur ,-,-l..t.w.-,. 
 
14 
12 
durch keineswegs verletzt wird, sondern auch die 
Beobachtung, daß kleine Kinder in unserem Kul- 
turkreis ganz unbefangen auf Nacktheit reagieren, 
d.h. auch diese Menschen müssen das Schamge- 
fühl erst erlernen! 
Schließlich lst als vierte und wohl wichtigste Kom- 
ponente für das Bekleidetseln das Schmuckbe- 
dürfnis des Menschen zu nennen, das eng verbun- 
den ist mit der Intention, sich selbst auch gegen- 
über der Umwelt durch seine Kleidung darzustel- 
len, und das im weitesten Sinne den Bereich der 
Mode umfaßt. Ein Stich Abraham Bosses von et- 
wa 1640 versinnbildlicht das Schmuckbedürfnls 
und den visuellen Reiz der Kleidung (Abb. 2): In ei- 
ner Folge von Darstellungen der fünf Sinne ist die 
Allegorie des Gesichtssinnes, des Blickes, durch 
eine Frau symbolisiert, die gerade ihre Toilette 
vollendet. 
Kulturhistorische Untersuchungen, die sich mit 
der Rolle der Mode beschäftigen, verbalisieren die 
B wlsraeliten aus Galizien-i, Fotografie, Atelier J. Dutkie- 
wicz. 2. Hälfte 19. Jahrhundert. OMAK, K.l. 5774 
9 tiCigainer aus Kossowi- (Galizien). Fotografie, Atelier 
J. Dutkiewicz, 2. Hälfte 19. Jahrhundert. OMAK, K.l. 
5774 
10 Fünf Figuren einer Soldatenserie. B_unt statfiertes Por- 
zellan. Wiener Porzellan, 1850l52. OMAK, Ke 9579 bis 
9618 
11 Ritter des Goldenen Vlieses. Kupferstich aus: Schau- 
platz [toher Ritter-Orden, Deutsch, Mitte 1B. Jahrhun- 
dert. OMAK, K.l. 3608 
12 Kartausermönch. Kupferstich ausuEduardo Fialetti: 
Habiti delle Religioni, Paris, 1658. OMAK, K.l. 1911 
13 "Ratsherru. Kupferstich aus J.R. Schellenberg: 
Schweizer Trachten Zürichgebiets, Winterthur, 1784. 
OMAK, K.l. 2802 
14 "Mulier Wiennensis in Domoa, dat. 1649. Kupferstich 
aus Wenzel Hollar: Aula Veneris, London, 1844. 
OMAK, K.l. P1815 
15 t-Baurenmadchenu. Kupferslich aus J. R. Schellenberg: 
ächweizer Trachten Zürichgebiets, Winterthur, 1784. 
OMAK, K.l. 2802 
Anmerkungen 2 - 11 s. S. 31 
15 
 
axalgivßrr. 
13 
vielschichtige Funktion der Kleidung für den Men- 
schen. So schreibt Eduard Fuchs in seiner nlllu- 
strierten Sittengeschichteu: "Die Kleidung ist die 
Gußform, mit Hilfe derer die Körper vom Geiste 
der Zeit im Geiste der Zeit geformt werdende Ein 
Aufsatzband mit Beitragen zu den verschieden- 
sten Themen i-Moderneu) Kultur" betont 1907 die 
soziale Funktion: "Rang und Wert seiner Persön- 
lichkeit, die Stellung, die man im sozialen Leben 
einnimmt, durch sein Äußeres auszudrücken, lag 
von jeher im ehrgeizigen Sinn des Menschen, war 
darum immer das Amt der Bekleidungßl" Rene' 
König interessiert der umfassende Charakter der 
Mode, wenn er formuliert: "Das heißt  daß die 
Mode keineswegs nur eine äußere - verschönern- 
de oder auch verunstaltende - Zutat zum Leben 
ist, sondern daß sie ein wesentliches Regelungs- 
und Ausdrucksmittel der gesellschaftlich leben- 
den Menschen darstelltß" Adolf Loos hingegen 
polemisiert: "Damenmode! Du gräßliches kapitel 
 
Äämrnmüßkn . 
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