Gerhart Egger
Der Schmuck des Gnadenbilde:
von Maria Dreieichen
Der Wallfahrtsort Maria Dreieichen am Mclderberg, un-
veit von Horn und sehr nahe dem Benediktinerstift AI-
enburg gelegen, hat keine sehr alte GeschichteÄ Man
vußte zwar schon lange, daß dort oben im Wald drei Ei-
:hen vwie aus einer Wurzeln standen. Erst im Jahre
l656 aberentschloß sich ein Homer Bürgerdazu, indie-
ren dreiteiligen Baum ein Wachsbild einer Pieta hinein-
:ustellen.1675brannten die Eichen ab, und das Bild zer-
schmolz. Da es aber unter Pilgern bereits sehr bekannt
var, entschloß sich der Homer Bürgermeisterdazu, ein
-lolzbild der gleichen Art aus der Zeit um 1680 dort auf-
zustellen und es zu liberdachen (Abb. 1). Etwas später
ivurde eine einfache Holzkapelle darüber errichtet, Um
1700 gründete man, wohl auf Veranlassung des Grafen
toyos, unweit davon neben einer Quelle eine Einsiede-
ei. 1720 übernahm Abt Placidus Much von Altenburg
iieAutsichtüberdenOrtundlleß1730eineSteinkapelle
errichten, die 1733 fertig war und 1735 geweiht wurde.
1744 legte dergleiche Abt den Grundstein türeine neue
große Walltahrtskirche. Seit 1740 wohnte dort ein stän-
zliger Priester, denn der Zustrom an Walltahrern, die
weitgehend auch aus Mähren kamen, war aul über
30.000 im Jahr gestiegen. Die Bauarbeiten besorgte
_eopold Wisgrill, das große Kuppelfresko malte Paul
Froger. 1770 war die Kirche mit allen Details fertigge-
stellt.
Alte lnventare berichten - allerdings sehr summarisch
- von kostbaren Gegenständen. die fromme Pilger
dem Gnadenbild geopfert haben." Der erste und wich-
tigste Satz in diesen lnventaren heißt: HBEY dem Gna-
ienbilde befinden sich 2 Kronen von Silber vergoldet 3
goldene Ringe und 4 goldene Halsketten geopfert: Die-
se wichtigsten Kernstücke wurden im Laute der Jahre
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wesentlich vermehrt. Nach den schwierigen Zeiten der
letzten zwei Jahrhunderte ist aber nur weniges davon
übrig geblieben, obwohl die Sitte derOpterung bis in die
Gegenwart erhalten blieb. Nachdem im Jahre 1911 ein
großer Einbruch in die Sakristei der Wallfahrtskirche
verübt worden war und auch in folgender Zeit die Siche-
rung der Pretiosen nur sehr schwierig gewesen ist, ent-
schloß man sich In letzterZeit, die geopterten Schmuck-
stücke abzunehmen und in einer Schatztruhe aufzube-
wahren. Die Übersicht überdas heute noch vorhandene
Gut läßt eine Identifizierung mit den alten lnventaren
nicht mehr zu. Und doch sind Schmuckstücke -vor al-
lem aus dem frühen 19. Jahrhundert - nebst unbedeu-
tenden Kleinigkeiten - von bedeutendem Rang vor-
handen. Laut Inventar stammen die Spenden aus allen
Kreisen der umliegenden Bevölkerung: von den Grafen
Hoyos aus Horn über Bürger dieser Stadt bis zu Bauern
und schließlich auch einfachsten Mägden. Im Sinne der
Opterungsgeschenke ist es ja völlig unbedeutend, ob
der einzelne Gegenstand einen besonderen Wert dar-
stellt, odereinfachster, fast wertloserArt ist. Wenn eine
arme Magd ihre Wachsperlen stiftet, handelt es sich um
genau das gleiche religiöse Opterwie den großartig gol-
denen Halsschmuck einer Bürgersfrau oder Aristokra-
tin. Das wesentliche liegtdarin. höchstes Besitztum, zu-
meist war es der Brautschmuck, hinzugeben als
Schmuck der Madonna.
VOR DOSOVIGQTSITI 101918888 iSl heute, W35 im SihZSlUSn
gestiftetwurde. denn es handelt sich dabei in der Haupt-
sache keineswegs um Devotlonalien. Im Gegenteil: es
ist Schmuck. den die Leute selbertrugen und zu irgend-
einer Gelegenheitabgelegt haben, um die Madonna da-
mit zu bekleiden.
1 Gnadenbild der Wallfahrtskirche Maria Dreieichen am M
derberg bei Horn, Niederösterreich. Ol auf Kupfer, 1. Hall
18. Jahrhundert
2Goldanhänger aus verschlungenen Ranken mit blau-w:
emailliertem Blatt und Almandin; daran gehängt 2 golde
Quasten: an schwarzem schmalen Samtband mit kleinerg
dener Schließe, um 1780
3 Goldenes Filigrankreuz mit 7 Amethysten Louis-setze-Orr
mentik, um 1780
4 Kleines Goldkreuz in Vierpaßforrn mit 20 kleinen Brillante
um 1780 (doppelt vergrößert)
50vales Goldmedaillen mit getriebener Weinrebe, Anfa
19. Jahrhundert
6 Schwere goldene Uhrkette mit streng geometrischen oblt
gen Gliedern abwechselnd mit kleinen Ringen. Daran t
Stiel mit beweglich eingesetztem Rubin, wohl für ein Sie;
(Petschattyein Karabinertüreine Uhr, eine Kettetür ein N
dailton und ein Haken zum Einhängen, Anfang 19. Jahrht
den
Anmerkungen 1 - 3
1 Flegel, F. Odilo, Die Basliica Maria Dreielbhen; Scnwelghoter, P. C
gor, Maria Dleieichen, 1952
1 lnventare von 1831, 1864, 1872, 1883 und 1910 im Stiflsarchlv All
burg.
1 lnventaraulnahme 1962, vom Autor.