Friedrich B. Polleroß
Imperiale Repräsentation
in Klosterresidenzen
und Kaisersälen
Projekt für den Ausbau des Stiftes Klosterneuburg
einer Klosterresidenz, einem wösterreichischen
lrialrÜ. im Jahre 1730 bildet den Höhepunkt einer
icklung, der auch das Stift St. Florian seine reich
estatteten Kaiserzimmer verdankt. Dadiese 1986
littelpunkt der OÖ. Landesausstellung wDie Welt
Barock" stehen. schien es sinnvoll, diesem für die
leuropäische Barockarchitektur so charakteristi-
n Phänomen in diesem Rahmen einige Aufmerk-
reit zu widmen.
in 1907 hatte der Klostemeuburger Stiftsarchivar
gang Pauker festgestellt. "das eigentliche Motiv
tanzen Baubewegung scheint jedoch politischer
r gewesen zu seina Seiner Meinung nach sollte
1 die mit der Errichtung der wStiftspaiästeir verbun-
finanzielle Schwächung und moralische Korrum-
ng der Stille ein Klostersturm vorbereitet werden.
diese Weise entstanden in den diversen Klöstern
ogenannten Kaiserzimmer und Kaisertrakte mit
prachtvollen Stiegenanlagen und glänzenden
wlichkeitenf Auch Hans Sedlmayr behauptete
, iwdieser mächtigen Entfaltung der imperialen
t verdankt schließlich in einer noch nicht recht
tschaubaren Weise auch jener großartige Typus
ätiftes seine Entstehung. der für Österreich und
Süddeutschland so viel bedeutet. (. . .) Jetzt gehö-
u einem .richtigen' Stift untrennbar der .Kaiser-
(!) und das repräsentative Stiegenhaus. beides
uplätze für die großen Empfängen" Beide Thesen
en zwar später wieder relativiertf zeigen aber
einen richtigen Ansatzpunkt zum Verständnis
zker Klosterpaläste auf. Denn tatsächlich finden
zahlreichen mitteleuropäischen Stiftsbauten des
nd 1B. Jahrhunderts iiKaisersälerr undloder iiKai-
"nmerf. und zwar zuerst in Österreichs
atsache. daß dieses Phänomen fast ausschließ-
ufden Herrschafts- bzw. Einflulibereich der Habs-
er beschränkt blieb. wurde als Folge der unter-
idlichen historischen Entwicklung der Klöster in
)a erkannt.
seits hatten im Gebiet des Deutschen Reiches
eiche Benediktinerkloster bereits im Mittelalter
Sonderstellung als nur dem Kaiser unterstellte
msstiftew. andererseits finden sich Stifte, d.h.
en. deren Vorsteher Mitglieder der Prälatenkurie
len Landständen waren. fast ausschließlich im
viegend katholischen österreichischen, süddeut-
1 und SchweizerGebiet. Vorallem aberdürfte sich
Iommendenwesen, d,i. die Vergabe von Abtstellen
i den König an seine Pfründner in Italien, Spanien,
gal und Frankreich, negativ auf das Klosterieben
ewirkt haben'. während die Habsburger nur wäh-
der Gegenreformation massiv in die Wahl der Klo-
orstände eingriffen. sodaß in den meisten Fallen
nd Konvent harmonierten."
n im Mittelalter gehörte zu den Pflichten der
isstifteauchjenederBeherbergung des reisenden
913g. woraus sich die barocke Hofquartierpflicht
ckelte. Und diese bildet wohl ebenso eine histori-
Voraussetzung der barocken Kaisertraktem wie
wichtung eigener Protangebäude für den bzw. nin
rertretungii des Landesfürsten bei jenen Klöstern.
enen er das Vogteirecht ausübte wie z.B. in Heili-
euz. Lilienfeld und Altenburo." Bezeichnend
kreuz. Klosterneuburg, Mauerbach, Stams und Seckau
könnte außerdem eine in einerStittungsurkundefestge-
legte Beherbergungspflichtfürdiezum Jahrestag anrei-
senden Nachkommen die Wurzel der barocken Kaiser-
zimmer gebildet haben."
Vor allem unter Kaiser Karl Vl. wurden die Klöster aber
auch ganz bewußt zur Demonstration der Frömmigkeit
der Habsburger herangezogen." Besonders deutlich
kommt diese Tendenz bei einigen Kirchen zum Aus-
(l a Ausschnitt Abb. 9 S. 27)
Der Aufsatz ist iri Dankbarkeit meinem Onkel, Msgr. Jcisel Zlmmerl, lum
70
Fu
K0
P9
Geburtstag gewidmet.
r Hinweise und Unterstützung danke ich Frau Univ -DDZ, Dr, Elisabeth
väcs. Unlm-Prot. DDr, Karl Rehberger. Univ.-Ass Dr, Ingeborg Schem-
rund Herrn Franz Wagner
An
l
merkungen 1 - 8 (Anm. 9-20 s. S. 18)
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Die niörmltchsn Verschworunoem der Konvente von Melk und St. Pol-
druck. z.B. bei der Karlskirche" und derWienerF
kirche. wo vor allem die Enrveiterung des Chor
1730 in diesem Zusammenhang gesehen v
mulifi
Genau in die gleiche Zeit knapp vor Baubeginn d
sterresidenz fällt die Umgestaltung des Chori
Stiftskirche in Klosterneuburg zu einer NBÜhHB
Epiphanie des Kaiserhofes. Die Rückwände der
Stühle erhielten 24 Länderwappen aus dem
Österreich. (. . .) Spanien. Neapel und Siziliei
ebenso vertreten wie Schlesien, Dalmatien un
bant. Durch die Wappen wird nicht nur angedeuli
hierdieChorherrenfürdieAniiegen desganzen R1
beten. sie symbolisieren auch die sozusagen sti
Anwesenheit der kaiserlichen Majestät. Noch
cher zeigt dies das ober dem Chorgestühl erri
Kaiseroratorium. Es ist nicht wie anderswo eine
oder ein Balkon. sondern ein großes. prunt
Gebäude aus gläsernen Wänden. um dem Kaisl
seiner Begleitung freie Sicht zu gewähren, ab
auch allem Volkdeutlich sichtbarwerden zu lasse
ser Erscheinungsort des Kaisers ist so wichtig. d:
sogar die Kanzel weichen muß. Gegen die liturg
Regel ist die Kanzel auf die Episteiseite gesetzt.
der Kaiser den Prediger sehen kannß Der im;
Aspekt kommt auch beim Hochaltar zum Aus
durch die Statuen der biblischen Könige Ezechi:
Josias als Vorbilder des christlichen Fürsten. d
vorn Kaiseroratorium aus gut sichtbar sind. und
die Bekrönung des Tabernakels mit dem Erzhe
hut: fader Nachfolger des hl. Leopold als Schützt
Allerheiligsten,dasdamitdieganze Kircheals Lei
sti bedeutet. Damit war eigentlich schon alles 2
sprochen. was dann der Kaiserbau SOSlTIGTUCkSVt
künden soiiteßs
im Zusammenhang mit dem durch die Wappen 2
drückten Anspruch auf Spanien sei auf die Thes
Pühringer-Zwanowelz verwiesen. wonach schc
erste Projekt für den Neubau der Melker Stifts.
durch seinen ikonographischen Bezug zu Mon
sino vor dem Hintergrund des beginnenden Erl:
kriegeseinenAnspruch aufdasbenediktinischetv
kloster und damit auf das spanische Erbe über
zum Ausdruck bringeÄ" Gerade diese Bei
machen aber auch deutlich, daß das hier zu t
delnde Phänomen nicht nur aus der besonderen f
schon Situation der Klöster zu verstehen ist, so
auch auf dem spezifischen Selbstverständnis dr
ser aus dem Haus Habsburg basiert. und ge
bezeichnend für die Unterschiede in den Reprä:
tionsformen der beiden damals um die Vorherrsc
Europa ringenden Machte Österreich und Franl
zu sein scheintfg
Neben dieser politischen Demonstration spielti
mit dem Klosterbau verbundenen wirtschaft
Absichten seitens des Hofes wahrscheinlich nu
sekundäre Rolle. Die von Pauker angenom
bewußte Schwächung der finanziellen Potenz de
ster in josephinischem Sinn entspricht zwar nicl
Tatsachen. aber es gab bereits seit dem 17. Jal
dert wiederholt Forderungen. das Vermögen der
lichen Körperschaften zur Wirtschaftsbelebu
Umlauf zu bringen."