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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXX (1985 / Heft 203)

Friedrich B. Polleroß 
Imperiale Repräsentation 
in Klosterresidenzen 
und Kaisersälen 
Projekt für den Ausbau des Stiftes Klosterneuburg 
einer Klosterresidenz, einem wösterreichischen 
lrialrÜ. im Jahre 1730 bildet den Höhepunkt einer 
icklung, der auch das Stift St. Florian seine reich 
estatteten Kaiserzimmer verdankt. Dadiese 1986 
littelpunkt der OÖ. Landesausstellung wDie Welt 
Barock" stehen. schien es sinnvoll, diesem für die 
leuropäische Barockarchitektur so charakteristi- 
n Phänomen in diesem Rahmen einige Aufmerk- 
reit zu widmen. 
in 1907 hatte der Klostemeuburger Stiftsarchivar 
gang Pauker festgestellt. "das eigentliche Motiv 
tanzen Baubewegung scheint jedoch politischer 
r gewesen zu seina Seiner Meinung nach sollte 
1 die mit der Errichtung der wStiftspaiästeir verbun- 
finanzielle Schwächung und moralische Korrum- 
ng der Stille ein Klostersturm vorbereitet werden. 
diese Weise entstanden in den diversen Klöstern 
ogenannten Kaiserzimmer und Kaisertrakte mit 
prachtvollen Stiegenanlagen und glänzenden 
wlichkeitenf Auch Hans Sedlmayr behauptete 
, iwdieser mächtigen Entfaltung der imperialen 
t verdankt schließlich in einer noch nicht recht 
tschaubaren Weise auch jener großartige Typus 
ätiftes seine Entstehung. der für Österreich und 
Süddeutschland so viel bedeutet. (. . .) Jetzt gehö- 
u einem .richtigen' Stift untrennbar der .Kaiser- 
(!) und das repräsentative Stiegenhaus. beides 
uplätze für die großen Empfängen" Beide Thesen 
en zwar später wieder relativiertf zeigen aber 
einen richtigen Ansatzpunkt zum Verständnis 
zker Klosterpaläste auf. Denn tatsächlich finden 
zahlreichen mitteleuropäischen Stiftsbauten des 
nd 1B. Jahrhunderts iiKaisersälerr undloder iiKai- 
"nmerf. und zwar zuerst in Österreichs 
atsache. daß dieses Phänomen fast ausschließ- 
ufden Herrschafts- bzw. Einflulibereich der Habs- 
er beschränkt blieb. wurde als Folge der unter- 
idlichen historischen Entwicklung der Klöster in 
)a erkannt. 
seits hatten im Gebiet des Deutschen Reiches 
eiche Benediktinerkloster bereits im Mittelalter 
Sonderstellung als nur dem Kaiser unterstellte 
msstiftew. andererseits finden sich Stifte, d.h. 
en. deren Vorsteher Mitglieder der Prälatenkurie 
len Landständen waren. fast ausschließlich im 
viegend katholischen österreichischen, süddeut- 
1 und SchweizerGebiet. Vorallem aberdürfte sich 
Iommendenwesen, d,i. die Vergabe von Abtstellen 
i den König an seine Pfründner in Italien, Spanien, 
gal und Frankreich, negativ auf das Klosterieben 
ewirkt haben'. während die Habsburger nur wäh- 
der Gegenreformation massiv in die Wahl der Klo- 
orstände eingriffen. sodaß in den meisten Fallen 
nd Konvent harmonierten." 
n im Mittelalter gehörte zu den Pflichten der 
isstifteauchjenederBeherbergung des reisenden 
913g. woraus sich die barocke Hofquartierpflicht 
ckelte. Und diese bildet wohl ebenso eine histori- 
Voraussetzung der barocken Kaisertraktem wie 
wichtung eigener Protangebäude für den bzw. nin 
rertretungii des Landesfürsten bei jenen Klöstern. 
enen er das Vogteirecht ausübte wie z.B. in Heili- 
euz. Lilienfeld und Altenburo." Bezeichnend 
kreuz. Klosterneuburg, Mauerbach, Stams und Seckau 
könnte außerdem eine in einerStittungsurkundefestge- 
legte Beherbergungspflichtfürdiezum Jahrestag anrei- 
senden Nachkommen die Wurzel der barocken Kaiser- 
zimmer gebildet haben." 
Vor allem unter Kaiser Karl Vl. wurden die Klöster aber 
auch ganz bewußt zur Demonstration der Frömmigkeit 
der Habsburger herangezogen." Besonders deutlich 
kommt diese Tendenz bei einigen Kirchen zum Aus- 
(l a Ausschnitt Abb. 9 S. 27) 
  
Der Aufsatz ist iri Dankbarkeit meinem Onkel, Msgr. Jcisel Zlmmerl, lum 
70 
Fu 
K0 
P9 
Geburtstag gewidmet. 
r Hinweise und Unterstützung danke ich Frau Univ -DDZ, Dr, Elisabeth 
väcs. Unlm-Prot. DDr, Karl Rehberger. Univ.-Ass Dr, Ingeborg Schem- 
rund Herrn Franz Wagner 
An 
l 
merkungen 1 - 8 (Anm. 9-20 s. S. 18) 
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süddeutschen und österreichischen Raum und Untersuchungen uber 
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Studienund MitteilungenzurGeschichtedes Eenediktiner-Ordensund 
seiner Zweige so (1919). s. 247. 
Die niörmltchsn Verschworunoem der Konvente von Melk und St. Pol- 
druck. z.B. bei der Karlskirche" und derWienerF 
kirche. wo vor allem die Enrveiterung des Chor 
1730 in diesem Zusammenhang gesehen v 
mulifi 
Genau in die gleiche Zeit knapp vor Baubeginn d 
sterresidenz fällt die Umgestaltung des Chori 
Stiftskirche in Klosterneuburg zu einer NBÜhHB 
Epiphanie des Kaiserhofes. Die Rückwände der 
Stühle erhielten 24 Länderwappen aus dem 
Österreich. (. . .) Spanien. Neapel und Siziliei 
ebenso vertreten wie Schlesien, Dalmatien un 
bant. Durch die Wappen wird nicht nur angedeuli 
hierdieChorherrenfürdieAniiegen desganzen R1 
beten. sie symbolisieren auch die sozusagen sti 
Anwesenheit der kaiserlichen Majestät. Noch 
cher zeigt dies das ober dem Chorgestühl erri 
Kaiseroratorium. Es ist nicht wie anderswo eine 
oder ein Balkon. sondern ein großes. prunt 
Gebäude aus gläsernen Wänden. um dem Kaisl 
seiner Begleitung freie Sicht zu gewähren, ab 
auch allem Volkdeutlich sichtbarwerden zu lasse 
ser Erscheinungsort des Kaisers ist so wichtig. d: 
sogar die Kanzel weichen muß. Gegen die liturg 
Regel ist die Kanzel auf die Episteiseite gesetzt. 
der Kaiser den Prediger sehen kannß Der im; 
Aspekt kommt auch beim Hochaltar zum Aus 
durch die Statuen der biblischen Könige Ezechi: 
Josias als Vorbilder des christlichen Fürsten. d 
vorn Kaiseroratorium aus gut sichtbar sind. und 
die Bekrönung des Tabernakels mit dem Erzhe 
hut: fader Nachfolger des hl. Leopold als Schützt 
Allerheiligsten,dasdamitdieganze Kircheals Lei 
sti bedeutet. Damit war eigentlich schon alles 2 
sprochen. was dann der Kaiserbau SOSlTIGTUCkSVt 
künden soiiteßs 
im Zusammenhang mit dem durch die Wappen 2 
drückten Anspruch auf Spanien sei auf die Thes 
Pühringer-Zwanowelz verwiesen. wonach schc 
erste Projekt für den Neubau der Melker Stifts. 
durch seinen ikonographischen Bezug zu Mon 
sino vor dem Hintergrund des beginnenden Erl: 
kriegeseinenAnspruch aufdasbenediktinischetv 
kloster und damit auf das spanische Erbe über 
zum Ausdruck bringeÄ" Gerade diese Bei 
machen aber auch deutlich, daß das hier zu t 
delnde Phänomen nicht nur aus der besonderen f 
schon Situation der Klöster zu verstehen ist, so 
auch auf dem spezifischen Selbstverständnis dr 
ser aus dem Haus Habsburg basiert. und ge 
bezeichnend für die Unterschiede in den Reprä: 
tionsformen der beiden damals um die Vorherrsc 
Europa ringenden Machte Österreich und Franl 
zu sein scheintfg 
Neben dieser politischen Demonstration spielti 
mit dem Klosterbau verbundenen wirtschaft 
Absichten seitens des Hofes wahrscheinlich nu 
sekundäre Rolle. Die von Pauker angenom 
bewußte Schwächung der finanziellen Potenz de 
ster in josephinischem Sinn entspricht zwar nicl 
Tatsachen. aber es gab bereits seit dem 17. Jal 
dert wiederholt Forderungen. das Vermögen der 
lichen Körperschaften zur Wirtschaftsbelebu 
Umlauf zu bringen."
	        
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