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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXX (1985 / Heft 203)

 
Beginn menschlicher Kulturleistung wird im allge- 
nen mit der Herstellung von Werkzeugen - also 
ienständen - angesetzt; das heißt, sobald der 
isch beginnt. Dingeseiner UmweltfürseineZwecke 
rerwenden. Dabei handelt es sich zunächst noch 
it um bewußte Gestaltung, denn vorerst sind es oft 
indene Gegenstände, Dinge, die eher zufällig 
JfauChlrl werden - aber es setzt dies doch schon 
lf] gedanklichen Vorgang, ein Erkennen des Nut- 
s. die Vorstellung von Weg und Ziel voraus. Erst spä- 
irtolgen Bearbeitungen und schließlich völlige Neu- 
äpfungen von Werkzeugen. 
allelzurnutzungsorientierten Herstellungvon Werk- 
gen ging schon immer eine Herstellung von Gegen- 
iden, die keinen unmittelbaren Gebrauchsnutzen 
en, wie Gegenstände kultischer oder religiöser Art. 
r auch beim deklarierten Gebrauchsgegenstand 
zn bald Zweckvarianten auf: einerseits macht sich 
I dies in jeder Kultur) ein immanentes Schmuckbe- 
nis bemerkbar, andererseits werden Attribute, die 
Besitzer oder Benützer charakterisieren. auch auf 
enstände übertragen oder durch die Gegenstände 
;edrückt, das heißt. es wird eine symbolische Funk- 
erfüllt. Dies ging und geht so weit, daß im extremen 
der Gebrauchszweck völlig zurückgedrängt wird. 
Gegenstand ist dann Kunstobjekt oder Zeichen - 
ihäe oder dgl. 
se allseits und seit langem bekannten Tatsachen - 
gbar mit Beispielen vom Faustkeil bis zum 
igsthron - werden hier nur deshalb noch einmal 
eführt, um von da aus den Versuch zu unternehmen. 
ierade in den letzten Jahren wiederstark in Unord- 
ggeratenen Begriffe zu klären. 
historischeAusblick zeigt also, daßderGebrauchs- 
anstand schon immer mehreren oderwechselnden 
cken dienen konnte. Daneben ist aber auch der 
ale Aspekt zu berücksichtigen: daß nämlich durch 
eZeitBesitzund Benützung mancherGegenstände 
issen Schichten vorbehalten war. Es konnte eben 
tjeder alles haben, er durfte es auch gar nicht, und 
rauchsgegenstände für den Bauern waren etwas 
ares als die für den Fürsten - und zwar auch dort, 
ie Unterscheidung nicht nur durch die Abgrenzung 
ArbeitsgerätoderGegenstandfürden persönlichen 
rauch (Werkzeug und Jagdausrüstung z. B.) gege- 
war. 
r als Untersuchungen oder Umfragen sagen die 
rauchsgegenstände über die Kultur einer Men- 
rngruppe aus; wie sie erzeugt werden, wie sie 
itzt werden, 0b sie sorgfältig oder nachlässig 
indelt werden, ob ihr Besitz Ansehen bringt oder 
Standeszugehörigkeit ausdrückt, und schließlich 
l, ob und unter welchen Umständen man sich von 
n trennt (man denke nur an die Grabbeigaben). 
n wir uns damit etwas abrupt der gegenwärtigen 
ation zuwenden, stoßen wir allseits auf Mißver- 
dnisse und auf fanatische Einstellungen. die durch 
achlichen Gegebenheiten keineswegs gerechtfer- 
aind. Versucht man die Voraussetzungen zu analy- 
lfl, ist folgendes festzustellen: 
 
- Die Gegenstände des Gebrauchs werden seit etwa 
100 Jahren in zunehmendem Maß serienmäßig herge- 
stellt- der Kontakt. wie ereinmal zwischen dem Hand- 
werker und dem Auftraggeber bestanden hat, existiert 
nicht mehr, anonyme Arbeiter erzeugen mit Maschinen 
Dinge für anonyme Käufer. 
- Wir leben in einer Konsumgesellschaft, in der Kau- 
fen und verbrauchen als Tugend gilt (oder vorwiegend 
gilt) und in der jeder alles haben kann. er darf es sich 
zumindest wünschen. 
- Die Einstellung zum Konsum und zum Besitz hat- 
logische Folge der oben festgestellten Umstände - in 
relativ kurzer Zeit entscheidende Veränderungen mit- 
gemacht. Parallel zum Konsumzwang tritt nämlich 
immer stärker die Konsumverweigerung ein. Vor allem 
junge Menschen suchen auf diese Weise ihre Aggres- 
sion gegen dieVäterebenso abzureagieren,wie sieeine 
Bestätigung ihrer Persönlichkeit zu finden hoffen - 
aberdaswesentliche ist doch,daßderGegenstandund 
der Gebrauch, miteinander und unabhängig voneinan- 
der, an Bedeutung verlieren. Zugleich findet eine 
andereArtvonAneignungderGegenständestatt.dieoft 
zu einer Umstrukturierung in Kultgegenstände führt 
(Abzeichen z. B.). 
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- Seit das historische Bewußtsein über 
gewecktwurde,gabesimmerwiedereklektische 
den nach solchen betonter Eigenständigkeit; 
kommt noch das irZitatrr der Postmoderne hinzu. 
Gestaltung, auch von Gebrauchsgegenständer 
deshalb oft einander überlagernde Formmerkm 
beobachten, aber auch ein Verschwimmen d 
sprünglichen Einstellung zum Nutzwert. Ein ar 
Phänomen istdas der Mode. das eben diese Einst 
sehr stark beeinflußt. Um ein Beispiel zu nennen: 
ein Glasgefäß des Jugendstils, das nur sehr bi 
einem Gebrauchszweck dient. heute nachgei 
(nacherzeugt) wird und hauptsächlich deshalb gt 
wird, weil es Mode ist. 
Außerdem läßt sich eine fortwährende Beschleur 
imWechselderGesichtspunkteund Auffassunge 
stellen - aber das ist auf allen Gebieten der F2 
überall gleich beängstigend. 
Am meisten fühlbar wird die allgemeine Verun 
rung bei denen, die heute für die Gestaltun 
Gebrauchsgegenstände die Verantwortung übr 
men sollten - bei den Designern. Die Hersteller: 
Gegenstände machen es sich nämlich in den mi 
Fällen recht leicht - einfach durch die Anpassi. 
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