MAK

Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

Dieses uralte Lied hat auch eine vvlksthümliche Variante, die folgendermaßen 
beginnt: 
„Bursche, Dirnen, kommt, laßt zur Schul' uns gehen, 
Können doch nicht ewig nach dem Breitopf sehen. 
Gut ist unser Lehrer, keiner von den Steifen, 
Läßt im Sommer selbst auf dem Eis uns schleifen." 
Das junge Volk wartete schon überall mit gefülltem Ränzlein oder Körbchen und 
ging der Fahne nach, durch das ganze Dorf; bei jedem Hause wurde die kleine Armee 
größer, bis endlich die Runde um das Dorf gemacht war und der Triumpheinzug in den 
Schulhof stattfand. In der Schule wurden sie auch nicht gleich in's Joch gespannt, sondern 
durften ein paar Wochen lang spielen. Unterdeß schnitzte der Vater seinem Jungen eine 
kleine Handschaufel, auf welche der Lehrer ein mit Buchstaben (dem kleinen und großen 
Alphabet) vollgeschriebenes Papierblatt klebte; dies war das erste Lehrbuch. 
Was die Mahlzeiten betrifft, folgte auch die Schule dem häuslichen Brauche des 
Volkes. Da dieses täglich vier Mahlzeiten hat, deren zwei zwischen die Schulstunden fallen, 
so nahm sich jedes Kind — der Knabe im Ranzen, das Mädchen im kleinen Korbe — 
Frühstück und Imbiß mit; der Lehrer bestimmte die Stunde, wann zugegriffen werden 
durfte. Vor und nach dem Essen wurde gesungen und gebetet; nachher gelüftet. Hierauf 
folgte das Aufsagen der Leetionen, oftmals belebt durch „Kukuruzrebeln", Lvlchklauben, 
Tabakglätten und dergleichen. Überhaupt besorgten die Schulkinder dem Lehrer alle 
häusliche und zuweilen sogar die leichtere auswärtige Arbeit (Heusammeln) und manches 
aufgewecktere Dirnchen ging aus der Hand der Lehrersfrau als fertige Kochkünstlerin 
hervor. Das Um und Auf der Lehrmittel bestand aus einer Wandtafel, aber den Hasen 
fuß dazu hatte der Lehrer selbst geschossen. Der Gemeinde erwuchsen kaum irgendwelche 
andere Realunkosten, als das alljährliche Ausweißen, denn den Kindern lag es ob, das 
Innere der Schule reinzuhalten, ja an manchen Orten sogar das Heizen, zu welchem 
Zwecke in waldigen Gegenden jeder Schüler verpflichtet war, von Allerheiligen bis Georg, 
jeden Vor- und Nachmittag ein Stück Holz mitznbringen. Für den allwöchentlichen halben 
Feiertag — der aber im Schulhofe spielend verbracht wurde — erhielt der Lehrer eine 
„insns-Ablösung" und zwar von jedem Kinde einen Kolben Mais, oder ein Ei, in dessen 
Besitz sich das Kind nicht immer auf redliche Weise gesetzt hatte. Die Ablösung der Ernte 
oder Weinlese-Ferien bestand in einer handvoll Ähren oder einem Körbchen Trauben. 
Auch die Gänse spielen in diesen kleinen Kapitolien eine große Rolle, denn ihre Flügel 
federn bekam sammt und sonders der Schullehrer, der dieselben zur Hälfte für die kleinen 
Schriftgelehrten zu „aptiren" hatte. Dem Schullehrer gebührte auch das Tintengeschäft, 
welches auf Grundlage eines uralten Tintenreceptes des Professors Martinus ausgeübt
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.