Dieses uralte Lied hat auch eine vvlksthümliche Variante, die folgendermaßen
beginnt:
„Bursche, Dirnen, kommt, laßt zur Schul' uns gehen,
Können doch nicht ewig nach dem Breitopf sehen.
Gut ist unser Lehrer, keiner von den Steifen,
Läßt im Sommer selbst auf dem Eis uns schleifen."
Das junge Volk wartete schon überall mit gefülltem Ränzlein oder Körbchen und
ging der Fahne nach, durch das ganze Dorf; bei jedem Hause wurde die kleine Armee
größer, bis endlich die Runde um das Dorf gemacht war und der Triumpheinzug in den
Schulhof stattfand. In der Schule wurden sie auch nicht gleich in's Joch gespannt, sondern
durften ein paar Wochen lang spielen. Unterdeß schnitzte der Vater seinem Jungen eine
kleine Handschaufel, auf welche der Lehrer ein mit Buchstaben (dem kleinen und großen
Alphabet) vollgeschriebenes Papierblatt klebte; dies war das erste Lehrbuch.
Was die Mahlzeiten betrifft, folgte auch die Schule dem häuslichen Brauche des
Volkes. Da dieses täglich vier Mahlzeiten hat, deren zwei zwischen die Schulstunden fallen,
so nahm sich jedes Kind — der Knabe im Ranzen, das Mädchen im kleinen Korbe —
Frühstück und Imbiß mit; der Lehrer bestimmte die Stunde, wann zugegriffen werden
durfte. Vor und nach dem Essen wurde gesungen und gebetet; nachher gelüftet. Hierauf
folgte das Aufsagen der Leetionen, oftmals belebt durch „Kukuruzrebeln", Lvlchklauben,
Tabakglätten und dergleichen. Überhaupt besorgten die Schulkinder dem Lehrer alle
häusliche und zuweilen sogar die leichtere auswärtige Arbeit (Heusammeln) und manches
aufgewecktere Dirnchen ging aus der Hand der Lehrersfrau als fertige Kochkünstlerin
hervor. Das Um und Auf der Lehrmittel bestand aus einer Wandtafel, aber den Hasen
fuß dazu hatte der Lehrer selbst geschossen. Der Gemeinde erwuchsen kaum irgendwelche
andere Realunkosten, als das alljährliche Ausweißen, denn den Kindern lag es ob, das
Innere der Schule reinzuhalten, ja an manchen Orten sogar das Heizen, zu welchem
Zwecke in waldigen Gegenden jeder Schüler verpflichtet war, von Allerheiligen bis Georg,
jeden Vor- und Nachmittag ein Stück Holz mitznbringen. Für den allwöchentlichen halben
Feiertag — der aber im Schulhofe spielend verbracht wurde — erhielt der Lehrer eine
„insns-Ablösung" und zwar von jedem Kinde einen Kolben Mais, oder ein Ei, in dessen
Besitz sich das Kind nicht immer auf redliche Weise gesetzt hatte. Die Ablösung der Ernte
oder Weinlese-Ferien bestand in einer handvoll Ähren oder einem Körbchen Trauben.
Auch die Gänse spielen in diesen kleinen Kapitolien eine große Rolle, denn ihre Flügel
federn bekam sammt und sonders der Schullehrer, der dieselben zur Hälfte für die kleinen
Schriftgelehrten zu „aptiren" hatte. Dem Schullehrer gebührte auch das Tintengeschäft,
welches auf Grundlage eines uralten Tintenreceptes des Professors Martinus ausgeübt