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Zerreissungswalzen armirte. Das gegenwärtig grossartigste Torfwerk
nach diesem Verfahren in Europa besitzt Fürst Schwarzenberg in
Julienhain bei Gratzen im südöstlichen Böhmen und fördert das
Fabricat zur Franz-Josef-Bahn mittelst der Hodgson’schen Draht-
Seilbahn. Der Bohtorf wird in zehn Maschinen zu einem homogenen
Brei vermahlen und dann nach hannoverischer Art behandelt, mithin
Maschinen-Backtorf hergestellt. Mit dieser Methode, welche allein
eine gesunde Zukunft verbürgt und in Deutschland immer mehr um
sich greift, ist endlich glücklicherweise das leidige Formen und
Jvunsttrocknen mit Geschick umgangen. Die Torfsteine erreichen
nahezu die Dichte des Wassers und können sich in jeder Hinsicht
mit der besten Braunkohle messen. Es kann kein Zweifel darüber
aufkommen, dass dieser Maschinentorf die nutzbaren Eigenschaften
des Bohmateriales zur vollen Geltung bringen, vorzugsweise aber
eine Massen-Productiou gestatten wird, gleichwohl für viele Zwecke
und zumal für Local-Bedarf der Stichbetrieb das billigste und ratio
nellste Verfahren ist und bleibt.
Was die Gesammt-Production von Torf, mit Ausnahme von
Galizien und Ungarn, worüber nur spärliche Angaben vorliegen,
anbelangt, so kann man sie auf rund fünf Millionen Centner veran
schlagen — eine Ziffer, welche angesichts des erheblichen Torfreich
thums Oesterreichs gegenüber der Kohlengewinnung im Belaufe von
160 Millionen Centner und der Unmasse von Holz, welches noch
immer für gemeine Zwecke verbraucht wird, ganz geringfügig erscheint,
aber doch innerhalb eines Jahrzehnts eine Zunahme der Consumtion
um das Fünffache nachweist.
Die chemische Technik, welche sich in neuerer Zeit ebenfalls
des Torfes bemächtigte, füllt auch in Oesterreich einige Blätter ihrer
wechselvollen Geschichte aus. Als man damit begann, das Verkohlen
des Torfes in Haufen, Meilern und Gruben aufzugeben und diesen
Process in geschlossene Bäume übertrug, wurden auch die Theer-
Dämpfe aufgefangen, um aus den verdichteten Educten der trocknen
Destillation des Torfes weiterhin Paraffin, Leuchtöle und Kreosot zu
isoliren. Eine derartige Fabrik bestand fast ein Decennium in Chlu-
metz bei Wittingau in Verbindung mit dem Eisenwerke Josefsthal,
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