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Volltext: Beiträge zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen Oesterreichs von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart ; Weltausstellung 1873 in Wien ; Erste Reihe: Rohproduction und Industrie

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Anton Freiherr von Doblhoff-Dier, einer aus Meran in Tirol 
abstammenden Familie angehörend, welche seit Ende des 17. Jahrhunderts 
in Nieder-Oesterreich ansässig war, wurde am 10. November 1800 zu Görz 
geboren, wo sein Yater die Stellung eines Landrathes bekleidete. Als dieser 
im Jahre 1809 zum Hofrath befördert, nach Wien übersiedelte, begann Dobl- 
hoff seine Studien daselbst, die er später an der juridischen Facultät been 
dete. Nach Ablegung der Richteramts-Prüfungen, Erwerbung des juridischen 
Doctorgrades zu Padua und längerer Dienstleistung bei der k. k. Hof- und 
nieder - österreichischen Kammer - Procuratur, wurde er durch Ereignisse 
genötigt, die Leitung und Verwaltung der Familien-Besitzungen zu über 
nehmen. Um dieser Aufgabe entsprechen zu können, ergab er sich mit 
eisernem Fleisse dem Studium der Landwirtschaft und ihrer praktischen 
Anwendung, wozu ihm bald noch mehr Gelegenheit geboten werden sollte, 
als er sein Staatsamt niederlegend, die auf den Familien - Besitzungen 
erledigte Stelle eines Justiz-Verwalters übernahm. 
Nach anderthalbjähriger Führung dieses Amtes gab er sich einer 
freieren Bewegung hin. Er unternahm längere Reisen, um umfassende Stu 
dien auf dem Gebiete der Volkswirtschaft zu machen und seine besondere 
Neigung für landwirtschaftliche Angelegenheiten zu befriedigen. Eine 
unmittelbare Folge der in dieser Beziehung in Frankreich, Deutschland und 
der Schweiz empfangenen Anregungen, war seine hervorragende Betheili 
gung an dem Inslebenrufen industrieller Unternehmungen und an dem im 
Entstehen begriffenen Eisenbahnwesen, deren Bedeutung im Allgemeinen 
und mit Bezug auf die Landwirtschaft er mit klarem Blicke erkannte. 
Im Jahre 1841 wurde Doblhoff, der sich bei verschiedenen Anlässen 
als hervorragender Fachmann und als ein Förderer des landwirtschaftlichen 
Vereinswesens erwies, in den Ausschuss der nieder-österreichischen Land 
wirtschafts-Gesellschaft und kurze Zeit darnach in das Collegium der 
nieder-österreichischen Landstände gewählt. In beiden Stellung-en fand er 
reichlich Gelegenheit, seine fachlichen Kenntnisse, gepaart mit den ach 
tungswürdigsten persönlichen Gesinnungen in unzweideutigster Weise zum 
Ausdrucke und — wie seine im Jahre 1848 als Minister für Landes-Cultur 
und Handel erfolgte Berufung in das Ministerium Pillerstorff beweiset, — 
auch zur vollen Anerkennung zu bringen. 
Leider gestatteten es ihm die damaligen Zeitverhältnisse nicht, eine 
organisatorische Thätigkeit in dem ihm zugewiesenen Amte zu entfalten; er 
musste dasselbe bald -wieder gegen andere, wichtige Missionen vertauschen, 
worunter die der Bildung eines neuen Ministeriums, und in weiterer Folge 
jene eines ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers am 
niederländischen Hofe zählt. Doblhoff benützte auch in letztgenannter 
Stellung die Gelegenheit, in landwirtschaftlicher Richtung zu wirken. Zahl 
reiche, einschlägige schriftstellerische Arbeiten bethätigen dies, unter wel 
chen insbesondere einer Abhandlung gedacht werden muss, welche sich auf 
die Einführung der damals auf dem Continente noch wenig gekannten Drai 
nage bezog. In verschiedene fremde Sprachen übertragen, verhalt’ sie dieser 
wichtigen Cultur-Herstellung nicht nur in Oesterreich, sondern auch in 
Deutschland zum Durchbruche. Doblhoff, der Jahre hindurch im Präsidium 
der Landwirtschafts-Gesellschaft und im Herrenhause wirkte, hat zuletzt 
mit dem ihm eigenen Eifer auch an den Arbeiten der 1873ger Welt 
ausstellungs-Commission theilgenommen, in welcher er vorzüglich bei den 
die Landwirtschaft betreffenden Angelegenheiten einzutreten sich berufen 
fühlte. Ein langjähriges Brustleiden machte seinem, dem Wöhle des Vater 
landes und der Familie ausschliesslich geweihten Leben am 16. April 1872 
ein Ende. 
Carl Foltz.
	        
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