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Volltext: Katalog der Wiener-Congress-Ausstellung 1896

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Die Mode knüpft an die Incrovables und Merveilleusen des Jahres 
1796 an; Puder und Frisur hatte die Revolution verpönt; Reif 
rock, Corset, die weiten Aermel der Frauentracht entfallen, 
auch die Kleidung der Damen strebt nach griechischen Mustern j 
und bezeichnend nennt man sie die Statuenkleidung. Die Damen 
der Neunziger Jahre wollen wie Athenerinnen erscheinen, sie 
tragen hohe, hellfarbige, ärmellose Tuniken, der Arm ist nackt, 
um den Hals wird ein Shawl gelegt, statt der Strümpfe nimmt 
man Tricots, statt der hohen Schuhe Sandalen, dann wieder 
Strümpfe und sandalenartige Schuhe; die Haare werden nach 
antikem Muster hinauffrisirt. Die Männer sind nichts weniger 
als Griechen, sie tragen Rock und Stiefel, runden Hut, schlichtes 
Haar, bei festlichen Anlässen den ungestickten Frack. So die 
Pariser Mode des Directoriums und Gonsulats. Das übrige Europa 
folgte. In' England hatte man schon vor der Revolution die Cri- 
noline abgelegt. Die griechische Mode findet hier willig Eingang, 
aber man hält sich fern von Uebertreibung und bewahrt An- 
muth und Grazie. Nur die Vorliebe für die Vergangenheit, der 
alte, mustergiltige, conservative Zug Englands, begünstigt auf’s 
Neue den Federschmuck im Haare, den Spitzenkragen, die ge 
schlitzten Oberärmel aus der Zeit der Elisabeth. Auch Deutsch 
land und Oesterreich folgen in ihrer Weise der französischen Mode. 
Bei den Männern bezwingt der runde Hut den Oylinder, mit ihm 
dringen Pantalons und Stiefel ein, Schuhe und Strümpfe bleiben 
nur den Alten, dann nach den Kriegsjahren macht sich zwar 
wieder der steife, schwarze Hut mit schmaler Krampe geltend, 
aber der lange Rock oder schmucklose Frack mit hohem Kragen 
bleibt, desgleichen die Pantalons und die hohe Halsbinde. Zur Zeit 
des Wiener Cöngresses und nach demselben ist der blaue Frack 
mit gelben Knöpfen beliebt, im Sommer die gelbe Nankinghose. 
Die Frauen entledigen sich gern der Schnürbrust, die griechisch 
französische Tunica wird allgemein beliebt, man macht für kurze 
Zeit auch die Nuditäten der Pariser • Gesellschaft mit, kehrt aber 
zur Tunica mit höher Taille zurück, die Schuhe sind flach, die 
Frisuren eng angelegt, Hüte und Hauben feiern Triumphe. Zu 
Anfang der Zwanziger Jahre erhält das kurze Kleid reicheren 
Schmuck an Rüschen, Puffen und Blumen, und das Haar ge 
schwungene Formen, theils wird es hinauffrisirt, theils fällt es in 
Schmachtlocken herab. Das ist unsere sogenannte Altwiener Tracht.
	        
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