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Abt Felbiger.
■weitgehendste, als der viel beschränktere Lehrplan, welchen Regierungsrath
F. K. Hägelin entwarf und die n. ö. Schulcommission adoptirte, scheiterte
(1770—1773) an der ererbten Rücksicht für den Klerus, der Abneigung gegen
alles Ausländische und der geringen Werthschätzung einer raschen Durch
führung der Schulreform. Doch bemächtigte sich des letzteren die wieder
erstandene Studien- Hofcommission und liess ihn durch P. L. G-ruber den
Verhältnissen anpassen, denen die Aufhebung des Jesuitenordens plötzlich eine
wesentlich bessere Gestalt gab.
Bald aber waren alle bisher aufgetauchten Entwürfe und Projecte bei
Seite gelegt, als auf den Wunsch der Kaiserin Abt Eelbigor selbst in Wien
eintraf (1. Mai 1774) und die Ordnung des gesammten Volksschulwesens über
nahm. Ihm verdankte man einerseits die rasche Abfassung tauglicher Schul
bücher und die durchgreifende Organisirung des Unterrichts der Lehramts-
Candidatcn, andererseits die Zustandebringung einer allgemeinen Schul
ordnung, welche am 6. December 1774 die kaiserliche Unterschrift erlangte.
Der wesentlichste Inhalt dieser Schulordnung ist folgender:
„Wenigstens an jenen Orten, wo sich Pfarrkirchen oder davon entfernte
Filialkirchen befinden, müssen Trivialschulen bestehen, worin Religion,
biblische Geschichte, Lesen, Currentschrift, das Rechnen bis zur Regeldetri,
endlich eine Anleitung zur Rechtschaffenheit und zur Wirthschaft gelehrt wird.
Die Pflicht, solche Schulen herzustellen, einzurichten, zu erhalten und nöthigen-
falls zu erweitern, liegt den Gemeinden, mit Beihilfe der Dominien, ob.”
„In jedem Kreise soll wenigstens eine Hauptschule mit 3 — 4 Lehrern
(einschliesslich des Directors) und einem Katecheten bestehen und die Elemente
der lateinischen Sprache, der Geographie und Geschichte, die Anleitung zu
schriftlichen Aufsätzen, zum Zeichnen und zur Geometrie, die Principien der
Haus- und Feldwirthschaft in ihren Unterrichtskreis aufnehmen. Ihre Er
richtung geht vom Schulfonde aus.”
„Abgesonderte Mädchenschulen sind wünschenswerth. Ihr Lehrgang
soll auch weibliche Arbeiten in sich begreifen, der Unterricht hauptsächlich
in den Händen von Lehrerinnen liegen.”
„Am Sitze jeder Schulcommission ist eine Normalschule anzulegen,
welche nebst einem erweiterten Hauptschul-Unterrichte zugleich die zur \or-
bereitung für das Lehramt erforderlichen Kenntnisse zu ihrer Aufgabe haben
soll. Doch können auch andere grössere und besser bestellte Hauptschulen
als Must er schulen dienen.”
„Der Religionsunterricht bleibt den Geistlichen überlassen, die Schul
meister haben nur unterstützend mitzuwirken. In den übrigen Lehrgegen
ständen können geistliche oder weltliche Lehrer unterweisen.”
Ausdehnung an sich ziehe, verlangte die Ausschliessung der Ordensgeistlichkeit von allen Lehrämtern
und gestand nur zur Erleichterung des Ueberganges die Verwendung von Weltgeistlichen bei den
selben zu.