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Volltext: Musikalische Instrumente (Gruppe XV), officieller Ausstellungs-Bericht

Mufikalifche Inftrumente. 
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Nun einmal die Hammermechanik entdeckt war, arbeitete man eifrig an 
der Vervollkommnung diefer werthvollen Errungenfchaft. Verbefferungen und 
Neuerungen folgten rafch auf einander. In diefer Hinficht erwarben fich der 
Orgelbauer Gottfried Silbermann und befonders Johann Andreas Stein und deffen 
Schwiegerfohn Andreas Streicher, der Freund Schiller’s grofse Verdienfte. Der 
Erfte hatte fich die Erfindung Schröter’s angeeignet und wufste fie gehörig zu ver- 
werthen. Bach rühmte an feinen Inftrumenten den fchönen Klang, fand aber, dafs 
die Spielart zu fchwer, die höhere Tonlage zu fchwach fei. Diefem Uebelflande half 
indefs Silbermann in der Folge ab. Seine Inftrumente hatten namentlich in Paris 
einen grofsen Ruf und galten für die bellen welche die franzöfifche Haupt- 
ftadt befitze. 
Nach England kam die Hammermechanik durch den Schweizer Burkhard 
Tfchudi, welcher in London eine Fabrik errichtete. Er vermachte diefelbe 
feinem Schwiegerfohne John Broadwood, deffen Name noch heutigen Tages 
die gröfste Firma in England trägt. Ein Arbeiter diefer Fabrik, wiederum ein 
Deutfcher, Namens Becker, übertrug diefe Mechanik auf die damals in England 
gebräuchlichen Harpfichords oder Clavichords , die Stofszungen waren bereits 
durch die Fabrik Longmann & Brodefip, der vom Hammer getrennte Dämpfer 
von einem Irländer erfunden. 
Aus diefen Anfängen hat fich allmälig jenes Syftem entwickelt, welches 
heutigen Tages der Name englifche Mechanik bezeichnet, während der 
bereits erwähnte Johann Andreas Stein der eigentliche Vater der deutfchen 
Mechanik ift. Diefe unterfcheidet fich von jener, dafs bei ihr der Hammer 
auf dem Taftenhebel felbfl fich befindet, während die englifche Mechanik durch 
die Beteiligung der Hämmer an einer befonderen Leifle die Trennung derfelben 
von der Tafle erzielt. Ferner dafs bei der erden am hinteren Ende des Hammer- 
flils ein Schnabel fich vorfindet, der beim Niederdruck der Taften gegen den 
Auslöfer ein knieartig ausgefchnittenes, federndes Hölzchen flöfst und dadurch 
den Hammer in die Hohe fchnellt, bei der zweiten dagegen der Hammer durch 
eine am Ende des Taftenhebels angebrachte Stofszunge, die zugleich Auslöfer 
ift, in die Höhe gehoben wird. Diefe Auslöfung, vermitteln welcher die Stofszunge 
aus der Hammermafchine herausgefchoben wird, fo dafs der gehobene Hammer 
nach Berührung der Saite unbehindert von ihr wieder in feine urfprüngliche Lage 
zurückfallen kann, ift ebenfalls eine englifche Erfindung. Eine wefentliche Ver- 
befferung erfuhr die englifche Mechanik durch die aus der berühmten Fabrik 
Erard’s in Paris hervorgegangene fogenannte Repetitionsmechanik (double echap- 
pement), eine Einrichtung nämlich, welche den Vortheil gewährt, dafs der Hammer 
nach Anfchlag und Auslöfung nicht in feine urfprüngliche Ruhelage zurückkehrt, 
fondern vermöge feiner Stellung beim zarteften Fingerdrucke an die Saite zurück- 
fchlägt. Wie vorherrfchend das Erard’fche Syftem in feinen vielfältigen Abarten und 
Umgeftaltungen noch gegenwärtig ift, läfst fchon ein flüchtiger Ueberblick über 
die in der Ausftellung vorhandenen Inftrumente erkennen. Wir müffen es bei diefen 
oberflächlichen Angaben bewenden laßen, die nur zur Würdigung der auf diefem 
Gebiete gebotenen Leiftungen der Ausftellung dienen follen. Die Gefchichte des 
Pianobaues enthüllt überdiefs einen unendlichen, man könnte fagen. fall verwir 
renden Reichthum an Combinationen und Experimenten der verfchiedenften Art, 
und alle diefe Verfuche fehen wir einem einzigen Ziele zuftreben. den Ton des 
Piano mÖglichft grofs und fangfähig zu machen, mit einem Worte, das Klangwefen 
des Inftrumentes über die ihm fcheinbar gefleckten Grenzen hinauszudrängen. 
Ganz im Geifte diefer Richtung hatte Streicher 1823 das Syftem Pantaleon 
Hebenftreit’s wieder aufgenommen und eine Mechanik mit Hammerfchlag von 
Oben conftruirt, auf deren Verbefferung der geniale Pianoforte-Fabrikant Henri 
Pape in Paris vielen Fleifs verwandte; Röder in Berlin und Wornum in London 
haben fpäterhin dasfelbe Princip vertreten, ohne ihm eine gröfsere Verbreitung 
verfchaffen zu können. Mit viel glücklicherem Erfolge find nach diefer Seite hin
	        
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