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J. Steiger-Meyer in Herisau.
her durch die Firma J. Houldsworth & Co. in Manchester für die Aus
beutung in England gewonnen worden war.
Die Maschine hatte zuerst blos eine Länge von 3 Stab oder 3 1 /a
Meter; nachher wurde sie auf 3 1 /2 Stab, gleich 4- Meter oder 4Vs Yards
verlängert; sie arbeitet doppelt, unten und oben, stickt also bei der Ma
schinenlänge von 4‘/2 Yards, 9 Yards auf ein Mal; die Nadeln haben ge
wöhnlich eine Entfernung von 1 1 /a Zoll; ein jeder Theil hat auf 4 l /s
Yards 104 Nadeln, also die ganze Maschine 208 Nadeln, welche gleich
zeitig arbeiten. Jede Maschine wird von einem Sticker, der dieselbe mit
der einen Hand in Bewegung setzt und mit der andern den die Zeich
nung leitenden Pantograph führt, und einem Mädchen, welches das Garn
einfädelt, bedient.
15. Uittmeyer & Co. arbeiteten an der practiscben Verwerthung
und der Verbesserung der Maschine währeftd ca. 10 Jahren ohne we
sentlichen Erfolg; dieselbe konnte nur gerade Streifen machen, während
die Feinstickerei-Artikel meistens in Schnittformen verlangt wurden.
Sie erhielt erst mit der Erfindung der Nähmaschine und deren
Verwendung für die Fabrik-Industrie eine grössere Bedeutung. Zuerst
batten ihre Fabrikate blos nach America Absatz; mit der Verbreitung
der Nähmaschine fanden dieselben auch in Europa grössere Verwendung.
Zur Zeit der letzten Ausstellung 1867 liefen in St. Gallen und Umge
gend ca. 2000 Maschinen. Die Nachfrage mehrte sich in so ausserge-
wöhnlicher Weise, dass heute deren Zahl auf nahezu 7000 angewach
sen ist.
Der Export für America stieg von 3 Millionen im Jahr 1868 auf
11 Millionen im Jahr 1872.
Der Werth einer fertig montirten Maschine beläuft sich auf ca.
Fr. 3000; rechnet man per Maschine noch Fr. 1200 — Bauwerth für die
Fabrik, so ergiebt sich, dass St. Gallen, Appenzell und Thurgau innert
zwei Jahrzehnten ein Capital von ca. 30 Millionen für Maschinen und
Gebäude verwendet haben; davon fallen volle 2 /3 auf die Jahre 1868
bis 1872.
Die schweizerische Maschinenstickerei hat die Eigenthümlichkeit,
dass sie sich nicht blos in den Händen von fachlich gebildeten Fabri
kanten befindet. Dieselbe war während längerer Zeit so lucraliv, dass
fast Alle, die den Muth hatten Maschinen anzuschaffen, in kurzer Zeit
wohlhabend wurden. Diess brachte ein völliges Fieber in die Leute;
Bauern, Handwerker und beliebige Geschäftsleute steckten ihre Erspar
nisse in solche Maschinen und arbeiten für die grösseren Fabricanten,
welche ihnen Muster und Stoffe verabreichen. Die Zahl der in dem
Zweige beiheiligten kleinen und grossen Maschinenbesitzer beträgt un
bedingt ein volles Tausend.
Die Gonsummation hielt glücklicherweise mit der Production Schritt;
erst im Frühjahr 1873 wurde eine Ueberproduction fühlbar und entstand