flLT=HHMBURG
Druvenbof
von flnberg aus
Teilfeld
(Druvenbof)
STÄDTEBAU UND STÄDTEBILDER
und die Erziebungsfcbule als Halbintemat in den Gartenvierteln
der großen Städte befürwortet. Die Halbintemate im Gegenfatj zu
dem Ganzintemat der englifcben Schulen follen dem erziehlichen Ein=
fluß des Elternhaufes einen Anteil an der Aufgabe gewähren. Dr. Kapff
fagt ganz mit Recht, daß die Stadtflucht in die Einfamkeit des offenen
Landes eine Entfremdung in bezug auf die wirtfcbaftlicben und kul=
turellen Aufgaben, die der Hauptfacbe nach von den großen Städten
ausgeben, herbeiführe, und daß zumindeft die Bildungsquellen, die
durch die Nähe einer großen Stadt gegeben find, für die Erziehung
fruchtbar gemacht werden können. Das Büchlein ift wegen feines alb
gemein orientierenden Inhaltes febr zu empfehlen; es ift ein verdienfb
lieber Beitrag für die noch allgemein fehlende Aufklärung, daß die
Schule nach ganz anderen Maßftäben gemeffen werden muß, als es
bei uns bisher gefebiebt. L.
HAMBURG
VON OSKAR SCHWINDRHZHEIM
- WIE WIR UNSRE HEIMAT SEHEN*) -
W as die Stadt als Heimat bedeutet, will uns diefes Buch
begreiflich machen. Für den Autor, der ihre Ent
wicklung, ihre künftlerifchen Merkmale und ihre in“
timen Schönheiten kennt, ift fie Erlebnis, bat etwas wie eine
Dichtung, fagen wir ein Lehrgedicht, Stimmung und Nützlichkeit,
für den Lefer Genuß und Belehrung und eine neue Blickrichtung.
Am anziebendften find die Befchreibungen der fchwindenden
Stadtteile Alt-Hamburgs. Eng, noch enger als jene Kaufmanns“
ftraßen, find die Gänge, die Twieten, die Bezeichnung Straße ift
hier noch feltener. Alle Augenblicke ein Torweg, der durch ein
Haus hindurch auf einen Hinterhof, in einen Nebengang führt.
Schmäler find die Käufer, einfacher, faft ausfcbließlicb Fachwerk
bauten, bisweilen noch mit vorkragenden oberen Stockwerken,
was bisweilen dahin führte, daß in engen Gaffen die gegenüber
liegenden Käufer faft mit den Giebeln zufammenftießen. Keine
ftolzen Portale, böcbftens anmutig gefcbnit)te, aber einfache Türen
in Rokoko- oder Empireftil. Dafür aber finden wir hier alte
Läden, mit vereinzelt erhaltenen alten Aushängezeichen. Hier die
hölzernen Tabakrollen und Zigarren, oder den Indianer eines
Zigarrenhändlers, da den Lichterkranz eines ehemaligen Licht
gießers, da den Federballen eines ehemaligen Bettengefchäftes, die
*) Verlag von K. G. Tb. Scbeffer in Leipzig.
Heringstonne eines Heringshändlers, den Zweimafter eines Hut-
machers, da den typifchen Zuckerhut eines Krämers oder Kolonial
warenhändlers u. a. Auch in den Schaufenftern allerlei Altes:
die ehemals typifchen kupfernen Gefäße des Krämerladens, die
eigenartig gebauchten Likörflafchen einer Deftillation, die Neu-
Ruppiner Bilderbogen einer Papierhandlung, die buntbedruckten
Tafcbentücber eines Wäfchegefchäftes, die langen Kalkpfeifen mit
alten Tabakforten des Tabakladens uff. Neben der in den
Laden führenden, bisweilen etwas aufgetreppten Tür, die uns
auf einer engen, fteilen Treppe, hier und da noch mit einem
Tau als Geländer, nach oben auf den fogenannten Saal führt,
von wo’s in die kleinen engen Wohnungen der oberen Stodc-
werke gebt, und vielleicht noch gar eine in den Keller füh
rende Tür, in der Hafengegend früher wohl mit zwei Rillen in
der Türumrabmung verfeben, in die bei Hochwaffer bretterne
Schotten eingefetjt wurden, um den Keller zu fchütjen. Vor
den Türen in breiteren Straßen zu den Seiten der Treppe
Bänke, ebenfo vor den Keltern. Neben diefen drei Türarten
fodann noch ein bisweilen nadelöbrfchmater Torweg, der in den
Hof führt, alles zeigt, daß wir hier ein Vielfamilienbaus vor
uns haben - ein draftifcher Gegenfat) gegen das Patrizierbaus
mit feinem großen einzigen Portal! □
Den Fenftern der oberen Stockwerke fiebt man’s an, daß es
fich nur um kleine Wohnungen bandeln kann; hart nebeneinander
fteben fie, nur durch einen Balken getrennt, die ganze Front
entlang, fo daß man beinahe fagen könnte, wir hätten hier eine
Vorftudie zu den jetjt üblichen Käufern aus Glas und Eifen vor
uns. Aber find die Wohnungen auch klein, fie haben verhältnis
mäßig viel Licht und find ganz freundlich, wovon auch die freund
lichen weißen Gardinen, die Blumen, die wir überall feben,
Zeugnis ablegen. □
Selbft in den Höfen ift man faft immer überrafcht, nachdem
man den fchmalen, ziemlich abftoßenden Eingang paffiert bat,
über die Freundlichkeit, die man findet. Ein Mufter eines
fchönen Hofes ift da der kleine Hof, der die Kammeramtswob-
nungen enthält (Kraienkamp) — der fiebt geradezu bolländifch
aus in feiner Sauberkeit und feiner frifchen, forgfältig ftets er
neuten Farbigkeit, und er ift nicht der einzige. Auf der Hinter
feite der Käufer und in den Höfen finden wir vor den Fenftern
die fogenannten Reckftangen zum Trocknen der Wäfcbe, zum
Lüften der Betten u. a. noch überall, fie tragen insbefondere
noch dazu bei, den Anblick auffallend malerifch zu machen. □
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