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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 3. Jahrgang 1906/07

durch welches Verfahren die Künftler um ihre künftlerifche Ehre 
und um ihr Honorar gebracht werden. □ 
Was die Einrichtung ftaatlich unterftüijter Lehrwerkftätten an 
belangt, fo ift diefer Gedanke für Dresden außerordentlich zu 
begrüßen. □ 
Der Staat hat ein Intereffe daran, daß nur erftklaffige Arbeit 
bergeftellt wird. □ 
Es durften keine teueren Architekten aus England, Frank 
reich ufw. bezogen werden, die in allen gewünfcbten Stilarten 
oberflächlich drauflos wirtfchaften, fondern der Entwerfende 
und Ausführende mußte eine Perfon werden, die das Vertrauen 
des Publikums gewinnt. Bis jetjt laffen fich die Fabrikanten 
vom Publikum leiten und fabrizieren deffen Gefchmack ent« 
fprecbend fowobl im teueren »Renaiffance-«, als auch im billi 
geren und noch mißverftandeneren mit Biedermeierei verbräm 
ten »3ugendftil«»Gefcbmack. □ 
Seien wir doch froh, daß wir in der Werkftatt erzogene Künft 
ler haben follen, die fich in den Dienft der Induftrie ftellen. □ 
Darmftadt (gez.) Prof. L. HABICH 
DIE FIRMA 0. UDLUFT & HARTMANN, DRESDEN, 
SCHREIBT: 
Auf Ihr geehrtes Schreiben vom Auguft 1906, eingegangen 
am 31. Auguft d. J., ausführlich unfere Gedanken auszuführen, 
dürfte Ihnen nicht gedient fein. Wir wollen uns in kurzen 
Sätjen darüber äußern. □ 
Der erfte Abfafj der betreffenden Eingabe berührt Prinzipien 
fragen für das zukünftige gewerbliche Leben nicht! □ 
Die Eingabe beruht auf einer ganz mißverftändlichen Auf 
nahme des Ausftellungsprogramms, welche leijtere klar und 
deutlich den Zweck und die Ziele der Ausftellung kund gab. □ 
Das Mißverftändnis über das Programm der III. Deutfcben 
Kunftgewerbeausftellung fcheint im wefentlichen durch den an 
gedeuteten Zeitungsauffatj »Die Ziele« ufw. hervorgerufen zu fein! 
Wir konnten den Inhalt diefes Zeitungsauffatjes auch nicht 
allenthalben gut beißen, da er eben Mißdeutung bervorrief. □ 
Zur Ausführung eines kunftgewerblicben Gegenftandes, Rau 
mes ufw. gehören eben zwei, der entwerfende Künftler und 
der ausfübrende Kunftbandwerker. □ 
Entweder fucht fich der Erftere den Zweiten oder der Zweite 
den Erften. □ 
Das kommt auf das beiderfeitige Können an - wenn der Er 
folg ein guter fein foll. □ 
Ein Hand-in-Hand-geben beider mußte fchon von alters her 
immer vorhanden fein. □ 
Wer fich feiner Arbeit nicht zu fcbämen bat, wird auch den 
idealen Erfolg, die Nennung feines Namens erreichen. □ 
Das ernftbafte, folide, kaufende oder auftraggebende Publi 
kum wird fich feiten täufcben laffen, wenn auch Mißgriffe Vor 
kommen können. □ 
Eine einfeitige Stellungnahme des Künftlers kann nicht vorhanden 
fein, wenn der Auftraggeber fich darum kümmert, was ihm der 
etwa als Unternehmer auftretende Künftler für fein Geld bietet. 
Wir effen auch keine fcblecbte Wurft vom Kaufmann, die der 
ja nicht felbft macht. □ 
Künftler und Kunftbandwerker fteben auf gleicher Stufe. Beide 
haben gelernt, ftudiert im Handwerk, auf der Schule, in der 
Werkftatt. □ 
Der unpraktifche Künftler, fowie der unkünftlerifcbe Hand 
werker find beide keine Kunftbandwerker. □ 
Wir enthalten uns des Urteils über die Anzahl, wo fich beides 
vereint. □ 
So viel wir aber erfahren, find die Mehrzahl der Unterzeid')- 
ner der betr. Eingabe fogenannte handeltreibende Kunft 
bandwerker. □ 
Der zweite Abfat) der Eingabe enthält die eigentliche Prin 
zipienfrage. n 
Es bandelt fich um die Errichtung von Lehrwerkftätten in 
der Königlichen Kunftgewerbefcbule. □ 
Wenn auch für einzelne Praktiken es geeignet erfcbeint, die 
Schule damit zu verbinden, fo halten wir doch unfere Königliche 
Staatsregierung nicht für fo kurzfichtig und alle die Erfahrungen 
anderer Schulen und Beifpiele beifeitefcbiebend, daß man ernft- 
licb in Erwägung ziehen würde, in der angedeuteten Weife 
vorzugeben. □ 
Gerade unter Udluft fen. hat auf diefem Gebiete innerhalb 
der letzten 40 Jahre reiche Erfahrungen gefammelt, die er zur 
rechten Zeit gern zum beften geben wird. □ 
Die fogenannte Schädigung der Handwerker durch die Arbeiten 
der Lehrer in den Schulen ift eine alte Streitfrage, die nie erledigt 
werden wird. Der Lehrer darf aber niemals Unternehmer werden! 
Dresden, Hochachtungsvoll 
den 3. September 1906 (gez.) G. UDLUFT & HARTMANN 
HRCHITEKTUR UND KUNSTGEWERBE 
VON FRITZ SCHUMACHER 
(FORTSETZUNG) 
m gefchickt gruppierten Dorfplat) merkt man nichts von die 
fer architektonifchen Dispofition, wenn fie wirklich feinfinnig 
durcbgefübrt ift; er wirkt abfichtslos. Je anfpruchsvolter 
die Architektur und vor allem die Bedeutung des Planes wird, um 
fo mehr tritt der arcbitektonifcbe Geift der Gruppierung zutage, 
bis er fcbließlidi im markanteften Fall böcbfter Monumentalität 
das Ganze beberrfcbt und mit architektonifchen Mitteln, Treppen, 
Baluftraden, Terraffen, feine Macht ausdebnt auf das ganze 
Terrain. Die arcbitektonifcbe Dispofition wird Selbftzweck. Genau 
fo ift es beim Innenraum. Scheinbar abfichtslos muß der archi- 
tektonifche Geift walten im Gruppieren und Abwägen der Um 
rißwirkung anfprucbslofer Bürgermöbel. Immer ftrengere Gren 
zen zieht er, je bedeutfamer die Beftimmung des Raumes und 
die Ausbildung der einzelnen Stücke wird, bis fcbließlicb im 
Endfalle des ausgefprochenen Monumentalraumes die arcbitek 
tonifcbe Idee und ihre Struktur ganz das Beberrfchende wird 
und die kunftgewerblicbe Einzelheit fich als etwas Sekundäres 
völlig unterordnet. □ 
Um alfo die verfchiedenen Schattierungen der Bedeutfamkeit 
des Innenraumes, die vom bürgerlichen Wohnzimmer zum Feft- 
faale und zum ausgefprochenen Monumentalraum berüberleiten, 
kunftgewerblicb löfen zu können, bedarf es eines Einfcblages 
arcbitektonifcber Ausdrucksmittel und damit tritt eine funda 
mentale Schwierigkeit auf, da wir einftweilen neue arcbitekto- 
nifche Ausdrucksmittel, die in allgemein gültigen Formen feft- 
legbar find, noch nicht befitjen. □ 
Man fiebt beute deutlich, wie einzelne Künftler mit monumen 
talem Wollen diefe Sachlage dadurch zu löfen verfuchen, daß fie 
in bezug auf Formen zu völliger Entbaltfamkeit greifen; um 
nicht in hiftorifche Monumentalformen zu verfallen, reduzieren 
fie alle Architektur auf glatte Flächen, die wie in primitiven 
Zeiten nur durch aufgemalte Teilungen innere Belebung und 
Kontraftierung erhalten. Man kann fich hier eine freie Weiter 
entwicklung nur fcbwer vorftellen, da überall die hiftorifche 
Architekturform lauert, um bei der geringften weiteren Form 
durchbildung bervorzubrechen. Wenn wir heute in bezug auf 
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