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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 85)

dam berufen wurde, Dessau aber nicht 
allzufern von Quedlinburg liegt. Es ist 
daher möglich, daß Tille den Quedlin- 
burgern noch aus seiner früheren Tätigkeit 
in Dessau bekannt war und daher an ihn, 
der ja nun in Drewitz wohlbestallter 
Glasschneider war, der Ruf erging, eine 
Widmungsarbeit für seine früheren Freunde 
auszuführen. Die Beweiskette ist zwar 
nicht völlig geschlossen, aber es sprechen 
doch. sehr viele Umstände für die Identität 
der Signatur CT mit dem zunächst Des- 
sauer und dann Potsdamer Glasschneider 
Christoph Tille. 
Nicht daß dieser Künstler in der Geschichte 
des Glasschnittes Einmaliges geleistet 
hätte. Der zylindrische Humpen ist zwar 
hübsch und sauber geschnitten, die Blu- 
menblitter weisen eine charakteristische 
Schraffierung auf und der innere Teil der 
Frucht ist durch ein Gitterwerk ausgefüllt. 
Die Ranken sind ordentlich geführt und 
der Dekor ist ausgewogen und nicht 
überladen. Die Humpenform wurde wohl 
der langen Widmung wegen gewählt, die 
auf einem Pokal nicht so leicht hätte unter- 
gebracht werden können. Alles in allem 
die Arbeit eines handwerklichen Rou- 
tiniers. 
Man kann aber nicht behaupten, daß dieser 
Dekor von Tille oder überhaupt in Potsdam 
erfunden wurde. Vielmehr hat er wohl 
seinen Ursprung in Böhmen, wo ab etwa 
der Mitte des 17. Jahrhunderts auf Jahr- 
märkte fahrende Glasschneider ihre eher 
primitiven Burgen, Vögel, Blumen und 
Ranken in flachem Mattschnitt in Pokale 
schnitten, deren Kuppa und Deckel oft mit 
der Zange geformte Rippen aufwiesen (ABB 
137, Robert Schmidt: DAS GLAS, Berlin 
1912) (Abb. 3). Von da aus fand dieser 
Dekor allgemeine Verbreitung. Neu ist 
jedoch, daß wir nun zum erstenmal einen 
bestimmten Glasschneider mit einem typi- 
schen Barockdekor in Zusammenhang brin- 
gen können. Ferner, daß wir mit Bestimmt- 
heit auf die Potsdamer Hütte als eine der 
Produktionsstätten verweisen können und 
ein genaues Datum als Anhaltspunkt be- 
sitzen. Beim Durchblättern der „Branden- 
burgischen Gläser" können wir nun auch 
mit Sicherheit den kleinen Pokal Nr. 2 auf 
Tafel 4 dem Christoph Tille zusprechen, 
wobei als besondere Parallele auf die Git- 
terfüllung der Frucht hinzuweisen wäre. 
Ob die Barockpokale der Abb. 7 auf S. 22 
der „Brandenburgischen Glaser" gleich- 
falls dem Tille zuzusprechen sind, ist nicht 
so ohne weiteres festzustellen. Angesichts 
des künstlerisch nicht so bedeutenden 
Charakters dieser Arbeiten ist die Beant- 
wortung dieser Frage auch weniger tele- 
vantl. 
Wesentlich ist jedoch, daß wir durch die 
Entdeckung und Auflösung des Quedlin- 
burger l-lumpens nunmehr in der Lage 
sind, einen bestimmten Glasschneider, 
nämlich Christoph Tille, mit einem für 
diese Zeit und den Bereich nördlich der 
Alpen charakteristischen Dekor Bachge- 
schnittener Blumen und Früchte zu identi- 
lizieren. 
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