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Nr. 23
Internationale Sammler- Zeitung.
Hatte die Republik Venedig Stempelmarken?
Von Dr. Julius Krueg (Wien).
In Nr. 12 der »Internationalen Sammler-Zeitung« be
schrieb Herr Oberstleutnant Karl Mienzil zwei
Blätter, die er für Stempelpapiere der Republik Venedig
hielt. Da er sich dabei ausdrücklich zu meiner vorange
gangenen Aeußerung,* daß von der Republik Venedig
Die beiden Blätter zeigen das bekannte Wappen der
Republik Venedig oben in der Mitte, aber nicht vielleicht
in einer geschlossenen Form, wie etwa auf den Münzen,
sondern frei gezeichnet wie eine Vignette. In dieser Art
erscheinen aber Wappen und Embleme am »Kopfe« von
Fig. 15. Altfranzösische Tapisserie. IJrn 1620.
kein Stempelpapier bekannt sei, in Gegensatz stellte, lud
ich ihn ein, die fraglichen Blätter einem kleinen Kreise
von Sachverständigen vorzuzeigen. Er war so freund
lich, der Einladung Folge zu leisten und hat sich wohl
überzeugen lassen, daß er sich geirrt hat. Um den Lesern
dieser Zeitschrift Gelegenheit zu geben, sich selbst über
den Sachverhalt zu orientieren, will ich die Gründe hier
anführen.
Siche Nr. 5 u. 6 der »Internationalen Sammler-Zeitung«.
offiziellen Papieren der verschiedensten Länder von da
mals und bis heute, man braucht nur an einen Doppel
adler am Kopfe einer Kundmachung zu denken. Die alten
Stempel hingegen haben ganz gewöhnlich das beiläufige
Aussehen eines Amtssiegels, sollten sie doch ursprüng
lich die Vorstellung erwecken, daß ein Dokument durch
dieses beigedruckte Amtssiegel ganz besonders bekräftigt
werde, was wohl einer Extrabezahlung wert wäre. So
hießen die Stempel ursprünglich auch »Siege 1« oder
»Kleines Siege 1« zum Unterschiede von dem wirk-