i (ummer 1
Seite 13
Internationale SammIer-2eitun3.
geroiß nicht schmeichelhafte Urteil, die einzigen, gut geleiteten und
für gelehrte Studien brauchbaren Büchereien Roms seien die Vaticana
und die Bibliothek des Deutschen Archäologischen Instituts. Dies
Urteil mar allerdings insoferne ungerecht, als dabei eine andere
staatliche Bibliothek, die trefflich geleitet, aber in ihren Büchei
beständen beschränkt ist, oergessen mar: die ehemalige Domini-
kanerbibliofhek Casanatense. Vor Jahresfrist gab nun ein in der
Vittorio tmanuele begangener Diebstahl dem Unterrichtsministerium
Anlaß, sich zu ermannen, die Zustände daselbst gründlich zu unter
suchen und für eine durchgreifende Reform die Kräfte roie die Geld
mittel bereit zu stellen. Ulit der fleuoidnung der Bibliothek rourde
der Professor Giuliano Bonazzi betraut, der sich bereits durch die
Wiederherstellung der Turiner Bibliothek nach dem großen Brand
0 rdient gemacht hatte. Dank der unermüdlichen Tätigkeit und
klaren Zielbewußtheit Bonazzis ist in kurzer Zeit eine Aeueinrichtung
geschaffen morden, die menigstens für die nächsten Jahre eine
fruchtbare Benußung der Vittorio tmanuele ermöglicht und sie j
innerhalb geroisser, durch die Umstände gezogenen Grenzen zu I
einer ITlusteranstalt macht. Diese Grenzen sind teils durch die räum
liche Beschränktheit des ehemaligen Jesuitenkollegs gegeben, in [
dem die Bibliothek untergebracht ist, teils durch die Kargheit der ,
oon der Regierung gemährten ITlitfel; Bonazzi selber erkennt heute |
schon die Aotroendigkeit, nach einer Reihe oon Jahren einen IJeu- .
bau aufzuführen, in melchem alle Fortschritte der Aeuzeit auf |
bibliothekarischem Gebiete zur Verroendung kommen können. Bis [
dahin aber merden die in Rom arbeitenden Gelehrten sich mit
Außen der lleueinrichtungen bedienen können, die der tinsicht
Bonazzis zu oerdanken sind. Von Wichtigkeit ist hierbei uor allem \
der grundlegende Gedanke, zmei oon einander getrennte Betriebe I
in der Vittorio Emanuele zu schaffen, einen für das große Publikum j
und die allgemeinen Bildungsbedürfnisse, einen andern für die
gelehrte Arbeit, für die smiüi s g. nur . Der Betrieb für die Allge- I
meinheit ist ausschließlich auf die Räume des Erdgeschoßes be
schränkt, ma sich das Ausleihamf, ein großer Eesesaal für die
männlichen Besucher und ein kleinerer für die Damen befindet.
Dem großen Publikum steht hier ein neu angelegter, etroa 100.000
Angaben enthaltender Zettelkatalog zur Verfügung, der gleichzeitig
nach Verfassern und nach materiell geordnet ist und für alle
Wissensgebiete die nächtigsten und geläufigsten Werke umfaßt, ein
für die gemöhnlichen Eese- und Studienbedürfnisse ausreichender
Auszug aus dem Gesamtkatalog Außerdem roird im Erdgeschoß
ein Zeitungssaal neu eröffnet, marin sämtliche italienischen Tages
blätter somie die nächtigsten des Auslandes aufgelegt merden.
Jm ersten Stock ist neu eingerichtet der Studiensaal für Gelehrte,
die sogenannte «flu rifivi.tr, mit 60 Arbeitspläßen, einer etroa
10 000 Bände umfassenden Konsulationsbibliothek und zugehörigem
Katalog. Den Korridor uor diesem Saal füllt der große alpha
betische Zettelkatalog der gesammten Bibliothek, der jederzeit oon
den Besuchern direkt eingesehen merden kann, und oon hier aus
können die zur sniu risumitn zugelassenen Gelehrten auch die
Büchersäle selbst betreten. Hier roird die dem Gelehrten so roert-
uolle unmittelbare Berührung mit den Bücherschäßen ermög
licht, die ihn in manchen Fällen unendlich uiel rascher ans Ziel
bringt als langes Durchsuchen der Kataloge. Am Eingangskorridor
des ersten Stockes liegt, ebenfalls frei zugänglich, der neue Zoit-
schriftensaal, der rund 900 nach Fächern geordnete, Übersicht ich
aufgelegte Periodica aller Wissenszweige und aller Kulturländer
enthält, und zroar nicht nur das jeweilig neueste Heft, sondern alle
Hefte bis zum Abschluß eines Jahrgangs. Deutschland ist darunter
sehr gut oertreten. Diesem Raume benachbart ist die nun auch
dem Forscher stets zugängliche Collezione Romana, eine Sammlung
oon Eiteratur, Plänen, Ansichten usro., die sich auf die Geschichte,
Altertümer, Topographie und Denkmäler der ewigen Stadt beziehen.
Das sind im wesentlichen die für den Besucher der Bibliothek
wichtigen Aeuerungen, mit denen die Vittorio Emanuele durch das
Verdienst Bonazzis und des Unterrichtsministers Raoa in ein neues
Eebensalter einfritt, oon dem man zuoersichtlich hoffen darf, daß
es auch der großen Schar der in Rom lebenden deutschen Forscher
reiche Förderung in ihren Studien gewähren roird.
fTluseen.
(Auffindung des gestohlenen Van Dykschen Knaben
kopfes.) Am 24. August 1908 rourde in der gräflich Harrachschen
Gemäldegalerie in Wien das berühmte Van Dyks che Gemälde
„Kopf eines Knaben“ aus dem Rahmen gestohlen. Während man
noch nach dem Bilderdieb suchte, rourde 00m Postament der Gruppe
„Herkules mit den Kentauren“ in der fürstlich Eiechtensteinschen
Galerie ein aus etroa zwanzig Figuren bestehendes Elfenbeinrelief
„Raub der Proserpina“, das oon einem Düsseldorfer lAeister stammt,
entwendet. Zu Weihnachten ist nun der Wiener Polizeidirektion
die Verständigung der Polizeidirektion in Dresden zugekommen,
daß dort ein JTtann uerhaffef worden ist, in dessen Besiß man
das Van Dyksche Gemälde fand Der HJann nennt sich Pau
ITlodroro und gibt sich für einen Kunstmaler aus. Er wollte
zuerst glauben machen, daß er das Bild oon einem Unbekannten
gekauft habe, gestand aber dann ein, daß er selbst der Dieb sei.
(Vier neue Reinbrandfs im Berliner Kupferstich-
kabineft.) Aus der berühmten Sammlung A. Hubert in Paris
hat das Berliner Kupferstichkabinett zwei prachtoolle Radierungen
Rembrandts erworben, denen sich zwei weitere neue Ankäufe
aus anderem Besiß anschließen. Das eine Blatt ist die bekannte
Darstellung der Diana im Bade, das ITleisterroerk der Aktzeich
nung aus Rembrandts früherer Zeit, mit seinem unübertroffenen
Eingehen auf die Oberflächenmerte der Haut. Das zweite, eine
Eandschaft 00m Jahre 1041 in prachtuollem Hbdruck, heißt seit
altersher die „Candschaft mit dem großen Baum“. Unter dem
laube ist links eine Hütte emporgebaut, rechts geht der Blick in
die flache Candschaft hinaus. Die beiden anderen kleinen Blätter
stammen aus Rembrandts späterer Zeit. Es ist das Bildnis eines
jugendlichen Prinzen oon Oranien in Halbfigur, und der alte Illann
mit der Pelzmüße, der im IlJotio an das bekannte Bild des Berliner
Kaiser-Friedrich-lAuseums erinnert. Der glänzende Schaß des Ber
liner Kabinetts an Radierungen Rembrandts ist mit diesen Ankäufen
wieder um oier Seltenheiten bereichert.
(Erwerbungen des Berliner Kunstgewerbemu
seums.) Eine bedeutsame Erwerbung ist soeben dem Berliner
Kunstgeroerbemuseum gelungen. Es kaufte ein Grubenschmelzbild,
das oon dem bahnbrechenden Goldschmied der romanischen Zeit,
llicalaus oon Verdun, geschaffen rourde. Der Altarflügel reiht sich
würdig den anderen Werken des Führers der lAaaskunst an. Das
altberühmte Hauptwerk seiner Schmelz- und Zeichenkunst ist der
1181 oollendete Altaraufsaß des Chorherrenstifts oon Klosterneu
burg bei Wien mit seinen 51 großen Grubenschmelzplatten. Zwei
Jahre später schuf er den Siegourger Annoschrein und hat dann
in Köln unter der lllitarbeit kölnischer Künstler den Albinussrhrein
Don 1186 und das umfangreichste, kostbarste Denkmal der ro
manischen Goldschmiedekunst, den Schrein der hl. drei Könige, im
Kölner Dom geschaffen. Von diesem größten Goldschmied der
romanischen Zeit darf nun auch das Berliner Uluseum ein Werk
sein eigen nennen, und eine besondere Bedeutung erhält der An
kauf durch den oerhälfnismäßig geringen Preis oon 5000 Eire, für
die der Altarflügel erroorben rourde. Zahlte doch eben erst auf
der Auktion Eanna der Pariser Seligmann für den Eimosiner reich
emaillierten Reliquienschrein 121.000 mark. Unter den übrigen
Aeuerroerbungen des lAuseums gebührt dem Breslauer Zinnhumpen,
den Otto 0. Falke bei der Auktion Eanna mit 33.000 lllark bezahlte,
eine besondere Stelle. Wie jeßt gemeldet roird, hat der Verkäufer
auf den größten Teil der Ankaufsumme zugunsten des lAuseums
Verzicht geleistet.
(Aeuerroerbungen des IA ii n ch e n e r Antiquariums)
Herr Wilhelm Gumprecht in Berlin schreibt uns: Irrtümlicherweise
wurde gemeldet, daß das königl, Antiquarium in Berlin eine grie
chische weibliche Bronzefigur erroorben hat. Eeider hat nicht Berlin,
sondern das Antiquarium in llJünchen dieses köstliche Werk (Hetäre?)
erroorben: Der überaus tüchtige und kundige Vorsteher dieser
Sammlung, Dr. Sieoeking, hat die Figur für das Antiquarium
in lAünchen gekauft, dazu noch einige Tanagrafiguren, oon denen,
besonders eine kleine weibliche Figur oon entzückendem Reiz ist,
in alter Bemalung und wohl erhalten.
(Von der Erlanger Kunstsammlung.) Die Kunstsamm
lung der Erlanger Unioersität ist gelegentlich einer Reise des Di
rektors Prof. De. Curtins um eine Reihe oon Originalen bereichert
worden. Es sind in Rom zehn Fragmente oon antiken lAarmorreliefs
und Statuetten erroorben worden, lauter Stücke oon kunrfhistorischem
oder mythologischem Interesse, ..m ■ rn 11t 1 not. r, oor allem ge
eignet als Interpretationsobjekte der Seminarübungen. Die kerami
sche Sammlung wurde durch eiue griechische Schale der besten
Zeit um 500, Scherben noch nicht oertretener Gattungen, drei figür
liche Terrakotten ergänzt. Zur Sammlung der Gipzabgüsse ist ein
Abguß der oon Prof. Dr. Curtius aufgefundenen prachtoollen Replik
00m Kopf des sogenannten Kasseler Apoll im Pal-Vecchio in Florenz
hinzugekommen, ln Candia (Kreta) ist eine Reihe oon Abgüssen
nach den prachtoollen Funden oon Knossos und Phästos (Relief
gefäße aus Stealit, Eampenständer, Gemmen usro.) erworben morden.
Der Abguß einer jonischen Bronzestatuette um 500 ist ein Geschenk
Prof. Wolters in lAünchen. Zu der Sammlung der Photographien
kamen über 500 Blätter oon Alinari (italienische und griechische
I lAuseen neu hinzu.