Rümmer 12
Seite 178 Internationale Sammler-Zeitung.
Cnde der Achtzigerjahre des oorigen Jahrhunderts
begann eine alte Dame hier Fayencen zu sammeln, mit
oiel Geld aber roenig Verständnis. Sie fuhr auf die Ort
schaften in der Umgebung unserer Stadt und zahlte für
jede Bauernmajolika einen Preis, der die Ceute in erstaunen
seßte. einmal erzählte sie mir, daß sie einen sehr schönen
Krug gefunden, aber nicht gekauft habe, coeil er aus Por
zellan sei, das sie nicht sammle. Jch sah mir diesen
Krug an und fand statt eines solchen aus Porzellan eine
Damaskusfayence uon großer Schönheit und bester Erhal
tung, die ich, da die Dame kurz oorher den Ankauf ab-
lehnfe, zu einem geradezu lächerlichen Preis erroarb.
ln einem anderen Dorfe begegnete mir einmal eine
Damaskusschüssel; da ich bereits mehrere derartige fayen-
cen besaß, fand ich den geforderten, immerhin nach be
scheidenen Preis zu hoch und kaufte sie nicht. Aber alle
mal, roenn ich in den Ort kam, sah ich nach der Schüssel
und endlich nach zroölf Jahren kaufte ich sie an. Daß
diese famose Schüssel zroölf oolle Jahre auf mich roarfefe
und mir oan keinem anderen Sammler fortgeschnappt
rourde, ist doch auch ein ganz besonderer Glücksfall.
Zum Schluß roill ich nur noch erzählen, roie ich zu
einigen interessanten Bildern kam. Ich hatte ein Paar
alte jStiche und suchte alte passende Rahmen dazu, ln
einem Dorfroirtshaus fand ich zroei alte gekehlte Ruß-
rahmen, in denen scheußliche Öldruckbilder eingeseßt roaren,
Als ich nach Ankauf diese Bilder herausnahm, staken
darunter zroei 5arbenstiche non Gangin 1796, recht nette
Bilder. Wieder einmal kam mir bei einem Trödler ein
schöner alter Rahmen unter die Hand, in dem ein ooll-
ständig mit Schmuß bedecktes Bild stak. Ich konnte unter
der schroarzen Schmußschichte nicht herausbekommen, roas
auf dem Bilde dargestellt roar. Rach der Restaurierung
zeigte sich dann ein für mich sehr interessantes Ölgemälde
mit der Signatur des siebenbürgischen lllalers franz
Reuhauser.
Erschöpft sind meine „Glücksfunde“ damit noch nicht,
doch möchte ich nicht noch mehr Reider roecken. Ich denke
an den „Ring des Polykrates“:
„Floch keinen sali ich fröhlich enden,
Huf den mit immeruollen Händen
Die Götter ihre Gaben streun I“
und
„Des Hebens ungemischte freude
Ward keinem Irdischen zuteil I“
Auch mir roard diese „ungemischte freude“ nicht
zuteil, denn uon reisenden Antiquitätenhändlern bin ich
schon auch mitunter gehörig angeschmiert morden. Viel
leicht berichte ich ein andermal über meine diesbezüglichen
Erfahrungen.
Ein Führer für Porzellan- und Fayence-5ammler.
Das bekannte Graesse’sche markenbuch liegt nun in 13. Auf
lage Dar, aber man könnte fast mehr uon einem neuen Buch, als
non einer neuen Auflage sprechen. Denn selten ist ein Werk für
eine Heuauflage so gründlich umgearbeitef morden, roie es in
diesem falle seitens des Professors Dr. Ernst Zimmermann non
der königlichen Porzellansammlung in Dresden geschah.
„Cs roar mir“, erklärt Prof. Zimmermann im Vorwort, „sofort
klar, daß dem Buch, obwohl es ganz unbestreitbar immer das
am meisten benußfe keramische markenbuch der Welt gewesen ist,
dennoch zroei Dinge bisher eigentlich immer gefehlt hatten: Klarheit
und Übersichtlichkeit der Anordnung, soroie wissenschaftliche Grund
lage Durch das beständige Cinfügen neuer marken in die schon
uon früher her feststehenden und schwer umzuändernden ITlarken-
gruppierungen roar schließlich das Bild jeder Seite so oerroirrt und
unübersichtlich geworden, daß oielfach ein nicht gewöhnliches lltaß
uon Geduld erforderlich war, roollfe man aus diesem Wirrwarr
eine bestimmte marke herausfinden. Diese mühe wurde bisher
auch durch kein Register erleichtert, ln wissenschaftlicher Beziehung
aber war das Werk insoferne oöllig unzureichend, als bei so gut
roie keiner in demselben roiedergegebenen marken ihr Ursprung,
ihre Quelle genannt, mithin auch nirgends die möglichkeif einer
llachprüfung gegeben roar. So mußte, roer dies Buch benußen
roollfe, dem Verfasser unbedingten Glauben schenken.“
Einem lllanne, der so klar die ITlängel sah, die den früheren
Auflagen anhafteten, konnte es nicht schwer fallen, sie abzustellen.
Professor Zimmermann unterzog sich der nicht geringen Aufgabe,
das ganze Werk noch einmal gründlich durchzugehen und alle im
Haufe der Zeit entstandenen fehler auszumerzen, roobei er schon
die jüngsten Ergebnisse der keramischen forschungen berücksich
tigen konnte. Sehr, sehr uieles erfuhr Verbesserung. So hat Pro
fessor Zimmermann einerseits, soweit es heute noch möglich ist,
den Ursprung aller marken, bis auf die japanischen, festgestellt;
andererseits alle marken der neu bearbeiteten Teile in möglichst
klaren Systemen angeordnet, wobei er nur in Bezug auf einen
Teil der lllajoliken non der Katalogisierung abgesehen hat. Gänzlich
neu bearbeitet wurden die Porzellanabteilung, die Abteilung der
deutschen fayencen, Steinzeuge usro. Dann aber rourde das bisher
immer so uermißte alphabetische Verzeichnis der Buchstaben
marken hinzugefügt, ohne welches ein derartiges Werk eigentlich
ziemlich nußlos ist. Hinsichtlich der Angaben des Ursprungs der
einzelnen marken rourde das Prinzip beobachtet, daß bei allen
Stücken, die in öffentlichen ITluseen oder dergleichen sich befinden,
nur diese angegeben wurden, bei allen übrigen dagegen die Werke,
die die Titel der marken zuerst der Öffentlichkeit oermittelt haben,
llur bei den immer roiederkehrenden ITlarken, den eigentlichen
fabriksmarken, fehlt dieser Beleg, dafür ist aber ihr ständiges
Vorkommen erwähnt. Wo weder Beleg noch Hinweis sich finden,
kannte bisher der Ursprung der marke nicht aufgefunden
werden.
Professor Zimmermann kann eine Bemerkung nicht unter
drücken, die Sammler oan Keramiken schmerzlich berühren dürfte.
Das Auffinden Don IHarken in diesem Buche, sagt er, biete noch
keine Gewähr für die Echtheit der Stücke, die solche tragen, denn
roenn man ganze Stücke fälschen kann, so könne man auch marken
auf denselben nachahmen. Besonders paßt dies auf die Kaiser
marken des chinesischen Porzellans. Seit der Zeit der ming-Dynastie
(1366 1644) bis auf die Gegenwart ist es im Reiche der lllitte
Sitte, die Porzellane (meist am Boden, seltener an oersteckten Teilen
der Wandungen) mit marken zu oersehen, die den Hlamen des
chinesischen Kaisers enthalten, unter dem sie hergestellf wurden.
Keine dieser ITlarken, betont Professor Zimmermann, gibt oolle
Sicherheit, daß das damit oersehene Stück Porzellan wirklich aus
der Zeit, die die betreffende Kaisermarke angibt, noch auch über
haupt aus China stammt. Zu allen Zeiten sind in China ältere
Kaisermarken auf spätere Stücke geseßt worden; auch sind sie
sehr oiel in Japan, ja auch in Europa nachgemacht morden
Eines Vorzuges der neuen Auflage soll noch Erwähnung
geschehen: Zum erstenmale wird mit ihr der Versuch gemacht,
das bisher immer nur in französischer Sprache herausgegebene
Werk auch in deutscher erscheinen zu lassen, für die Sammler
deutscher Zunge ist also auch nach dieser Richtung hin die 13. Auf
lage dts „führer für Sammler oon Porzellan und faycnce, Sfein-
zeug, Steingut usro., oollständiges Verzeichnis der auf älterem
Porzellan, fayence, Steingut usw. befindlichen merken“ (Berlin W 62,
Richard Karl Schmidt & Co. 1910) ein neues, gewiß hochwill
kommenes Werk.