Hummer 17
Internationale 5ummIer-1eitunej.
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Die 5ammlungen des fDalers Ludwig Hans Fisrher.
Von niorcell Zappler (Wien).
k7)ur wenige non den oielen Hunderten, die täglich
da draufjen in Reuwaldegg ihren Spaziergang
machen, beachten nielleicht dasTar aus Schmiede
eisen, das zu dem Hause in der Reuwaldegger-
strafje Rr. 24 führt. IRan merkt es dem Bogen,
in dem es eingebaut ist und dem Kronenschmuck
mit den bronzenen Quasten an, daß es einmal
einem anderen Zweck gedient habe. Es war
das Tor der Kapelle, die am Glacis stand, an
der Stelle, an der sich heute die Votiokirche
erhebt. Gin schönes Werk Wiener Schmiedekunst
aus dem XVII. Jahrhundert. Dieses Einlaßfar führt in das
Villenhäuschen des IRalers Eudwig Hans fisch er, eines
leidenschaftlichen Sammlers auf den oerschiedensten Ge
bieten, oornehmlich aber auf prähistorischem Gebiete.
Gin Zufall hat dem IRaler den Besiß dieses Ältmiener
Denkmals oerschafft. Gr kaufte das Häuschen nach dem
gewesenen Stadtrat Kranes, der dieses Baustück mit
mehreren anderen erwarb, als das alte Zeughaus aufge
lassen und die in ihm untergebrachten Sammlungen zum
großen Teil in das neue städtische ERuseum hinüber
genommen wurden. Wenn man unter der mit dichtem
Grün behängten Terrasse und durch den Hausflur nach
rückwärts in den Garten tritt, steht man oor einem mäch
tigen, dunkelgrünen Eaternenpfahl, auf den eine große Gas
laterne aufgesetzt ist. Gr stand einst auf dem Hof gegen
über dem Kriegsministerium, und an ihn wurde am
6. Oktober 1848 Kriegsminister Eatan r gehängt, nachdem
das ITlinisteriitm oon den Reoolutionären gestürmt und
der minister ermordet worden war. Damals saß eine kleine
Öllampe auf dem Pfahl, die abends hinter fahlgelben Gläsern
brannte, die aber wurden oon den Soldaten des Bruders des
ermordeten Kriegsministers zerschlagen und in ihren ein
zelnen Stücken und Splittern zum Andenken mitgenommen.
Seither wollte man diesen Eaternenpfahl an den oer-
schiedensten Orten miedergefunden haben, und erst kürz
lich tauchte die Rachricht auf, dal] er sich in Eaibach
befinden soll. Rleisterfischer aber glaubt an die historische
Echtheit seines Pfahls, wenngleich dafür keine schriftliche,
sondern nur die mündliche Überlieferung unter den Ein
wohnern Reuwaldeggs zeugt.
Im Garten ist eine RJadonna aufgestellt, die lange
im Zeughaus behütet wurde und oon der die Sage geht,
daß sie das einzige Heiligenstandbild auf freiem Platte
war, das in den Tagen der Wiener Reoolution im Jahre
1848 oom Kugelregen oerschont blieb. Steigt man zum
Wald hinauf, dann stöfjt man auf ein Eusthaus, das im
alten Wien als JTUisikpaoillon im „Paradiesgartl“ stand.
Als bischer in den Besilg des Häuschens gelangte, übernahm
er mit diesen historischen Denkmälern auch die alte
St. Johannes oon Repomuk-Kapelle, die früher auf der
hohen Brücke stand, die über den tiefen Graben durch die
Wipplingersfraße führte. Christian August, Herzog zu
Sachsen-feiß, Bischof oon Raab, lief) sie im Jahre 1732
hier errichten. Als im Jahre 1858 die baufällig gewordene
Brücke umgebaut werden sollte, entfernte man die längst zum
Verkehrshindernis gewordene Kapelle, ohne für sie einen
anderen geeigneten Sfandplaß zu suchen. Damals nahm
sie Stadtraf Kranes an sich und stellte sie in seinem Garten
auf. Dort fand sie lllaler fischer bei der Hausübernahme,
oon Schlingpflanzen dicht umwachsen. Da der neue Haus
herr für sie keine Verwendung wußte, trat er sie bald
nachher an den Erzherzog Eugen ab, der sie als Brunnen
haus auf dem Hofe eines seiner Schlösser in malerischer
Umrahmung aufstellen ließ.
Die prähistorischen Sammlungen, in Vitrinen und in
kleinen Schubfächern sorgfältig untergebracht, hat Ascher
teils auf seinen zahlreichen Reisen auf klassischem Boden
erworben, teils durch eigene Ausgrabungen erlangt, mit
Vielen feilt Ascher die Ansicht, dafj das für den Sammler
oon größtem Werte ist, was er selbst an Ort und
Stelle gefunden hat; was durch Händler und Auktionen
oon einer Hand in die andere gelangt, wird manchmal
schon dadurch wertlos, daß dessen Prooenienz nicht mehr
nachzuweisen ist. So kann eine primitioe Keramik an
und für sich sehr interessant erscheinen, wenn man aber
ihren Ursprung nicht kennt, bleibt sie wertlos, für die
Wissenschaft ist natürlich immer das das Wertoollste, was
durch systematische Ausgrabungen gewonnen wurde.
Auf dem Gebiete der Prähistorik hat Ascher nicht
nur an Ausgrabungen teilgenommen, sondern solche auch
selbständig durchgeführt. Er hatte auch die Genugtuung,
fundsteilen, wie z. B. eine paläolitische in Aggsbach
(Riederösterreich) und eine neolitische innerhalb der Grenzen
oon Wien selbst zu entdecken, die oon besonderer Be
deutung wurden. Die fundobjekte aus diesen Ausgrabungen
wurden dem Hofmuseum einoerleibt.
Was der Künstler in seinem Besitj uerwahrt, sind
hauptsächlich zwei Sammlungen: Die eine umfafjt glasierte
Gefäße aus der späteren Römer- und aus der Völker
wanderungszeit; die andere Emails aus diesen Zeiten.
Die übrigen Objekte sind, aufjer einer ziemlich reichhaltigen
ägyptischen Sammlung, Ginzelstücke, welche sich teils
durch besonderen wissenschaftlichen Wert, teils durch
Schönheit auszeichnen. Es sind griechische und römische
Bronzen, ITlarmorstücke und Terrakotten. Da ist unter
anderem eine griechische Bronzestatuette, die Karikatur
eines alten ITlannes aus fajoum, und aus demselben
fundort eine Klithia, eine weibliche Büste, aus Blättern
herauswachsend. Aus der Donau bei Prefjburg wurde
ein ITlerkur ausgebaggert, der aus einem Schafferklumpen
mühsam herausgearbeifet werden mußte. Er dürfte durch
die Donau oom Karnuntum bis Preßburg getrieben worden
sein. Aus Komorn stammt eine Pallas Athene, eine an
dere griechische Büste aus Ägypten, eine dritte aus der
Umgebung oon Rom (etruskisch). Unter den RJarmorsfücken
befindet sich ein schöner, kleiner, römischer Torso, ein
Teil eines Sarkophages, der eine flufjgöttin darsfellt,
JRanche schöne Stücke, wie ein Relief mit Seetieren, sind
im Garten aufgestellt und geschickt oerwendet, eines als
Einfassung eines Bassins; andere größere Plastiken stehen
in der Wohnung als Zierde: darunter ein schöner ITlädchen-
kopf, den Rleister fischer in Rom durch Zufall um acht
Eire erwarb.
Unter den Terrakotten fallen einige Tanagrafigürchen
und eine Kollektion kleiner Köpfchen oon besonderer Schön
heit mit oft ganz eigentümlicher frisur auf. Geradezu
meisterhaft in der Charakteristik ist der Kopf eines Reger
knaben. Gin große Zahl oon griechischen und etruskischen
Vasen sind da, eine darunter eine Pallas-Athene zu Pferde,
eine außerordentlich seltene Darstellung,