nummer 21
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 325
hier roahre Kennerschaft die Wahl getroffen, dafj nor allem
nicht die Jagd nach grofjen Rainen das letjte Wort ge
sprochen hatte, sondern dafj einzig und allein die Quali
tät entschied. Deshalb mar Gerhardt auch nicht non der
kleinlichen Eitelkeit so mancher Sammler besessen, die zäh
und eigensinnig daran festhalten, dafj ihre Bilder non
diesem oder jenem Kleister gemalt seien. Sie roollen gar
keine Belehrung und Aufklärung, sind roamöglich beleidigt,
roenn man ihre Rembrandts, Hobbemas und Tizians an-
zroeifelt. Gerhardt mar stets dankbar fiir eine kompetente
Auffassung, selbst roenn ein größerer Käme zum Opfer
gebracht und an seine Stelle ein bescheidener hingesetjt
coerden mufjte. Cs mar ihm nur um die Sache selbst zu
tun und nicht um den Schein. So bekam seine Sammlung
im Taufe der Zeit trotj der Verschiedenheit der Schulen
und Kleister ein einheitliches Gepräge, indem er gehalt-
oolle Bilder ermarb, roabei er auch auf gute (Erhaltung
derselben Gereicht legte. Cs gibt eben zuletjt doch nur gute
oder schlechte Kunst und die guten Bilder können sich alle
mach und lebendig, und beroahrfe ihn oor kleinlichem
Spezialisieren. Um so mehr roar er erfüllt oon seiner
Sammlerleidenschaft, als er alles mit sich allein abmachte,
selten jemanden zu Rate zog. Gr konnte sich auch ruhig
auf sein eigenes Urteil nerlassen, denn er traf ganz in-
stinktio das Richtige. Was andere nur durch jahrelange
Vorbildung erreichen, das roar ihm bei seiner oielseitig
genialen Dafür durch eine besondere Gnade des Schicksals
intuitio zu eigen.
Den schroerroiegenden Teil der reichhaltigen und
mannigfaltigen, aus 113 nummern bestehenden Samm
lung oon Gemälden, die mit Ausnahme non zroei Arbeiten
Klichael oon Klunkacsy's den alten Kleistern angehören,
bilden die Werke niederländischer Künstler, an denen
Gusfao oon Gerhardt seine besondere freude hatte. Da
roechseln miteinander neben Porträts religiöse, mytholo
gische und allegorische Darstellungen, Tandschaffs- und
Klarinestücke, Genrebilder oerschiedenster Art, Werke oon
| Tier- und Blumenmalern und einige Stilleben, die ja das
^ig. 1. Janjuan Gaijen: llymcuegen.
nebeneinander sehen lassen, auch roenn sie den mannig
fachsten Richtungen angehören.
Gerhardt konnte seiner Sammlung zur schönsten
Wirkung oerhelfen durch die prachtoollen grofjen Räume,
in denen sie untergebrachf roaren. Sein Haus glich einem
mähren IKuseum, mit dem Unterschiede aber, dal] es roohn-
lich und gemütlich roar. Und es roaren durchaus nicht nur
Bilder, die der Beschauer in der imposanten Flucht oon
Salons und Prioafgemächern zu sehen bekam, nein, es
roar zunächst eine stattliche Kollektion oon kostbarem Alt-
Kleifjener Porzellan, die ihresgleichen sucht, oon mit Gmail
und Gdelsteinen geschmückten Tabafieren, Werken der
Gold- und Silberschmiedekunst und eine grofje Klange oon
miniaturen, darunter ein kostbares Werk oon Jean Bap-
tisfe Isobey, die ins Auge fielen. Diese ungezählten Kost
barkeiten roaren in einer Reihe oon Vitrinen untergebracht
und darüber hingen dann frei bis zum Plafond hinauf die
Bilder,
Die Vielseitigkeit im Sammeln mag für Gerhardt
genufjreich geroesen sein, hielt sein Interesse forfroährend
eigentliche Geroiirz einer oornehmen Prioatsammlung bil
den und desroegen auch nicht fehlen dürfen. Gerhardt
roar im strengsten Sinne des Wortes kein Sammler oon
Primitioen, die meisten Bilder seiner Kollektion entstam
men der Blütezeit der holländischen und olämischen Kla-
lerei des 17. Jahrhunderts; dennoch finden sich darunter
einige roertoolle Teistungen, die den früheren Perioden der
lllalerei angehören, oon roelchen die bezeichnete Anbetung
der heil, drei Könige oon Hern Bl es gen. Cioetta (60)
uns in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts führt, des
gleichen eine grofje Holztafel 00m „Kleister der roeiblichen
Halbfiguren“ (49), den franz Wickhoff mit dem franzö
sischen IKaler Jean Clou et identifiziert hat. Gs ist eine
an Tischen gruppierte musizierende oornehme Gesellschaft,
hinter deren Köpfen sich Paris mit der Hofre Dame-Kirche
erhebt, ein Stück bedeutender IKalerei, nicht nur kultur
historisch und kostümlich interessant, sondern auch oiel-
1 eicht roichtig, um die Heimat oder roenigstens den Ort
des Schaffens dieses rätselhaften Künstlers zu bestimmen.
Aus dem Jahre 1556 stammt ein Tieblingsbild des allzu-