MAK
Seite 212 
Internationale Sammler-Zeitung, 
Nr. 14 
Neue Erwerbungen des Linzer Museums. 
Aus dem Berichte des Direktors Dr. Hermann Ubeil. 
Ein Separatabdruck aus dem Jahresberichte des 
Museums Francisco Carolinum in Linz gibt erfreuliche 
Kunde von dem Zuwachs der kunst- und kulturhistori 
schen Sammlungen dieses von Dr. Hermann U b e 11 
trefflich geleiteten Institutes. 
Dem Berichte, der der fachkundigen Feder Ubells 
entstammt, entnehmen wir folgende interessante 
Angaben: »Der Bedeutung entsprechend, welche das 
keramische Kunstgewerbe in Oberösterreich seit dem 
16. Jahrhundert innehat, wird der Sammlung von Ton 
waren (Hafnerarbeiten, Fayencen. Majoliken und Por 
zellanen) in unserem Museum ein besonderes Augen 
merk zugewendet. Da die künstlerische Majolikaiabrika- 
tion in Gmunden neuerdings wieder im Aufblühen 
begriffen ist, haben unsere Sammlungsobjekte auf diesem 
Gebiete nicht nur den Wert kunstgeschichtlicher Illustra 
tionen, sondern können auch im didaktischen Sinne der 
modernen Kunstgewerbemuseen als Vorbilder auf die 
Fabrikation im Lande anregend und erzieherisch wirken. 
Mit großer Freude war die Möglichkeit der Er 
werbung eines bunten Hafnerkrügels aus dem 16. Jahr- 
Rkc, 2. Hafnerkrügel, 16. Jahrhundert. 
hundert (Fig. 2) zu begrüßen, das in geschnittenen 
Ornamenten sechs farbige Glasuren vereint und sich 
als ein spezifisch oberösterreichisches Erzeugnis der 
Renaissance darstellt; die Munifizenz der Allgemeinen 
Sparkasse machte die Erwerbung des Gefäßes, das zu 
den gesuchtesten Seltenheiten zählt, möglich. Demselben 
Institut verdanken wir die Mittel für die buntbemalten 
figuralen Holitscher-Fayencen (Fruchtaufsatz, bestehend 
aus einem schalentragenden knienden Triton und einem 
Salzmanderl und Pfefferweiberl; Mitte des 18. Jahr 
hunderts), die heute gleichfalls sehr stark begehrt sind. 
Eine Spende des Herrn Richard Hofmann ermöglichte 
die Anschaffung eines Satzes von fünf prachtvollen süd 
deutschen Fayencehumpen aus der zweiten Hälfte des 
18. Jahrhunderts, meist thüringische Fabrikate, mit 
figuralen Malereien oder mit einer von Delfter Vor 
bildern abhängigen Ornamentation. Den schönen Urbino- 
teller (Fig. 3) in charakteristischer Farbenauswahl, mit 
einem sitzenden und musizierenden Hirten in freier 
Landschaft bemalt (italienische Majolika, 16. Jahr 
hundert), verdanken wir der Freigebigkeit unseres 
Gönners, des Fürsten Liechtenstein. Die ent 
zückende große Gruppe aus Sevres-Biskuit »L'cduca- 
tion de l'amour«, modelliert von Pigall 1773, wurde aus 
einer Spende des Herrn Walter Franck angekauft. Es 
ist eine anmutsvoll aufgebaute fünffigurige Rundkompo 
sition von echtester Rokokograzie, durchaus im Sinne 
Bouchers empfunden: der Genius der Liebe macht die 
jungen Mädchen gelehrig und unterrichtet sie in allen 
Künsten, nicht zuletzt in der Koketterie. Eines be 
sonderen Studiums wert ist die wundervolle Führung 
der Linien dieser Komposition, die vom sitzenden und 
sich spiegelnden Mädchen aufwärts den in der Mitte 
auf einem Felsblock sitzenden Amor umkreist und in 
seinen Flügelspitzen endigt. Weitere bemerkenswerte 
Ankäufe zu dieser Abteilung sind die zum Teil sehr 
originell dekorierten oberösterreichischen »Zwiebel 
schüsseln« (in Engobetechnik bemalt). Alt-Gmundener 
Majoliken, darunter ein von Herrn Gustav W' e i d i n g e r 
gespendetes figurales Scherzgefäß, ein in Blau sehr 
schön nud streng dekoriertes Krügel von dem Deliter 
Krugbäcker Adrian Pynacker (zirka 1700), und eine 
Schneider-Spottschüssel (Fig. 4) aus dem 18. Jahr 
hundert. Unter den neuerworbenen Porzellanen ist 
ferner noch eine sechskantige barocke Kaffeekanne 
Fig. 3 Urbino-Teller, 16. Jahrhundert. 
(Meißen vor der Marke), mit Chinoiserien bemalt, und 
eine mit figuralen Malereien verzierte Alt-Wiener 
Suppenterrine (1802, angekauft von der Allgemeinen 
Sparkasse) hervorzuheben. Auch wurde eine kleine 
Sammlung von böhmischen Steingutwaren der Empire 
zeit angelegt, die in unseren Gegenden stark in Ge 
brauch waren. 
Unter den alten Gläsern sind zwei mit Email 
malereien besonders wichtig; ein großer Becher vom 
Jahre 1736 (aus St. Georgen a. d. G.) mit der Darstellung 
eines Müllers und einer Müllerin in barocker Tracht, 
zwischen den beiden die Embleme des Müllerhand 
werkes und ein Reimspruch: »Wer Weiz und Korn zu 
mahlen hat, der bring mirs in die Mühl herab.« Ferner 
eine plattgedrückte Schraubenflasche mit der landes 
üblichen Darstellung der Dreifaltigkeit, die auf einen 
Dürerschen Typus zurückgeht, in Emailfarben, ungefähr 
aus derselben Zeit. Unter den jüngeren Gläsern sticht 
ein reich vergoldetes Alt-Wiener Prunkglas mit der 
Miniatur des Stephansdemes hervor, von dem Wiener 
Anton Kothgasser, einem Schüler Mohrs. Alle diese Neu 
erwerbungen auf dem Gebiete des Glases werden weit 
übertroffen durch die beiden prachtvollen, buntbemalten
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.