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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 24 
Die Sammlungen des Prinzen Eugen von Savoyen. 
Zur Nachfeier des 250. Geburtstages des Prinzen 
Eugen von Savoyen hielt der Regierungsrat im 
literarischen Bureau des Ministeriums des Aeußern in 
Wien, Jakob Edler v. W i n t e r ni t z, am 18. v. M. einen 
überaus interessanten Vortrag, in welchem er die Quali 
täten des Prinzen als Feldherr, als Staatsmann, als 
Kunstmäzen und auch als Sammler erörterte. 
Prinz Eugen, so sagte der Vortragende, hatte außer 
der Gunst des Hofes mancherlei Resourcen, sich das 
Leben angenehm zu machen. Er legte eine große Biblio 
thek an und setzte besonderen Wert in den Besitz von 
Ausgaben schöner und seltener Art. Einen besonderen 
Teil dieser Bibliothek bildete eine ausgedehnte, kost 
bare Sammlung von Handzeichnungen, Kupferstichen 
und Porträts. Die Käufe für diese Sammlung wurden 
durch Pierre Jean Mariette besorgt; dieser besorgte 
auch die prachtvollen Bronzen, die Eugen zur Aus 
schmückung seiner Paläste aus Paris kommen ließ. In 
Rom ließ der Prinz die Käufe von Kunstgegenständen 
durch den Abbate Silvio Valcnti Gonzaga, der 
später zum Kardinal und päpstlichen Staatssekretär ver 
rückte, ausführen. Viele, ja die meisten Kunstschätze 
Eugens sind in fremde Hände übergegangen und von 
Wien weggebracht worden. So geschah es mit jenen 
schönen Bildwerken — die pompejanischen Gewand 
statuen genannt die ersten, die in Herkulanum aus 
gegraben und Eugen von dem Prinzen Elboeuf zum 
Geschenke gemacht wurden. Sie wurden nach Eugens 
Tode von seiner Erbin nach Dresden verkauft. Nach 
Preußen wanderte von den Kunstschätzen Eugens jener 
betende Knabe, der in der Tiber gefunden und von 
Papst K 1 e m ens XI. dem Prinzen Eugen geschenkt 
worden war. Auch die Gemälde der Sammlungen 
Eugens, insbesondere vortreffliche Schlachtengemälde 
des Franzosen Parocel und des Niederländers Van 
Hugtenburg wurden in alle Welt verstreut. 
Eine besondere Vorliebe hatte Eugen für seltene 
Vögel. Aus Cadix bezog er sie durch den dortigen 
kaiserlichen Generalkonsul Vefmolen und sie wurden 
ihm durch Tiroler aus dem Oberinntal überbracht, 
welche der Handel mit Kanarienvögeln bis nach Spanien 
gezogen hatte. Von Raubvögeln liebte er Adler und 
Geier. Ein weißköpfiger Geier, den er seit dem Jahre 
1706 im Belvedere hielt, starb daselbst erst 1824, 
nachdem er 117 Jahre in der Gefangenschaft gelebt 
hatte. 
Endlich sind noch die kostbaren Medaillen zu er 
wähnen, die in Eugens Sammlungen sich fanden, die 
meisten ihm zu Ehren und zur Erinnerung an irgend ein 
großes Ereignis geprägt. Sie wurden pietätlos von der 
einzigen Erbin des Prinzen, der Prinzessin V i k t o r i n e 
von Savoyen verkauft und zu Geld gemacht. Diese 
habgierige Frau ließ die schönsten Sachen aus den 
Palästen und Schlössern des Prinzen, die Statuen und 
Gemälde herausholen und verkaufen. Zum Glück rettete 
der Kaiser die Bibliothek des Prinzen. Sie bildet 
heute noch eine besondere Zierde der Wiener Hof 
bibliothek. 
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Die Watteau-Bilder des deutschen Kaisers. 
Die alte Frage, ob die Berliner Bilder wirklich von 
Watteau sind, wird aufs neue erhoben. Der französische 
Schriftsteller Andre M a u r e 1 widmet ihr jetzt einen ganzen 
Band, »L'Fnseigne de Gersaint« (Paris, Haehette, 1913. mit 
Illustrationen), der jedenfalls das Verdienst hat, die Geschichte 
des angezweifelten Werkes und des Streites um die Echtheit 
kiar zu erzählen. Ein reiches Illustrationsmaterial gestattet dem 
Leser, der Beweisführung mit Verständnis zu folgen. 
Bekanntlich hängen im Salon der Kaiserin im Berliner 
Schloß zwei Bilder, die zusammen den Laden des Kunsthändlers 
Gersaint darstellen. Kurz vor seinem Tode hatte Watteau 
das Werk angefangen und in acht Tagen vollendet. Er kam 
aus England zurück und schlug Gersaint, seinem Freunde und 
Gönner vor, dessen offenen Laden auf der Brücke Notre-Dame 
zu malen. Man besitzt darüber eine Aufzeichnung Gersaints. Das 
Bild sollte als Geschäftsschild dienen und man nennt es daher 
»L.’Enseigne de Gersaint«. Bei seiner Größe von ungefähr drei 
Meter Länge auf nahezu zwei Meter Höhe muß rnan freilich 
annehmen, daß es als Deckengemälde gedacht war. Es gibt auch 
einen besonderen Streit darüber, ob das Wort »plafond«, das 
in den frühesten Zeugnissen vorkommt, ein tatsächliches Decken 
gemälde bezeichnet oder nur andeuten soll, daß das Bild in der 
breiten, großzügigen Manier gemalt war, die man bei Decken 
gemälden anwendet. 
Das Berliner Werk besteht heute aus zwei besonders eiu- 
gcrahmten Bildern. Man nimmt an. daß sic die beiden Hälften 
des ursprünglichen Gemäldes sind, daß ferner bei dieser Zer 
schneidung in zwei Stücke eine Verkürzung am rechten und eine 
Ergänzung am linken Rande notwendig waren, um jedem Bilde 
den Eindruck einer selbständigen Komposition zu verleihen. 
Neuere Restaurationen, besonders die im Jahre 1899 vorgenom 
mene »Neubeleinwandung« haben ebenfalls einige kleine Armie 
rungen herbeigeführt. Das Berliner Werk wird nun angezweifelt, 
weil kein Dokument über den Erwerb vorhanden ist und auch 
der Pariser Sammler Leon Michel-Lev y ein Bild besitzt, 
das dem linken Flügel in Berlin entspricht und in seiner Fraktur 
Watteaus Finsel verrät. Die Anhänger des Pariser Bildes erklären 
die beiden Berliner Gegenstücke für eine Replik oder eine Kopie. 
Auch Maurel neigt zu dieser Ansicht, 
Maurel hat im letzten Winter die Berliner Bilder einer 
sorgfältigen Prüfung unterworfen. Er hält sie für wundervoll, 
vermißt aber in ihnen den honigfarbenen Ton, der 
Watteaus Eigenheit war und den die Pariser Hälfte besitzt. Die 
Berliner Bilder haben einen Silber grauen Ton, während das 
im gleichen Salon hängende »Embarquement pour Cythere« von 
Watteau ganz in diesen Honigton getaucht ist. Watteau hat also 
nur ein einzigesmal eine solche Sinfonie in Grau gemalt. Das 
gibt zu denken. Man muß an Pater denken, der die Berliner 
Bilder als Kopie nach dem Original hergestellt haben könnte. 
Wenn es sich um eine Kopie handelt, kommt noch freilich ein 
anderer Künstler in Betracht. Er stellt die neue Hypothese 
auf, daß Pililippe Mercier der Urheber der Berliner Bilder 
sei. Mercier hat oft in der Manier Watteaus gemalt. Er ist 1689 
in Berlin geboren und starb 1760 in England. Er nahm am eng 
lischen Hofe eine ähnliche Stellung ein, wie Pesne am preußi 
schen. Dokumente, welche beweisen, daß Mercier einen Auftrag 
erhielt oder aus eigenem Antrieb die Kopie machte, bringt 
Maurel nicht bei. Er zieht nur den allgemeinen Schluß, den 
Merciers geschickte Nachahmung der Watteauschen Manier ge 
stattet. Auch im Louvre hängt ein Bild von ihm, das lange für
	        
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