4 Deutschland auf der Wiener Weltausstellung 1873.
schliesslich zur Anerkennung gelangte, ist den unermüdlichen Bemü
hungen des niederösterreichischen Gewerbevereins zu danken.
Unter dem 24. Mai 1870 erging die lange erstrebte kaiserliche
Entschliessung, durch welche für das Jahr 1873 die Veranstaltung einer
Internationalen Ausstellung von Erzeugnissen der Land-
wirthschaft, der Industrie und der bildenden Künste
angeordnet wurde, und gleich darauf eine Einladung an die auswär
tigen Regierungen, dem Unternehmen ihre Unterstützung zu leihen,
Nähere Mittheilungen über dasselbe waren nicht an die Einladung ge
knüpft, ein Urtheil über die Bedeutung der Sache daher noch nicht zu
gewinnen. Den deutschen Regierungen, welche die Einladung empfan
gen hatten, trat vor Allem die Frage entgegen, ob die Betheiligung der
deutschen Staaten vereinzelt oder im nationalen Verbände gedacht sei.
Ueber solchen und anderen Erwägungen brach der französische
Krieg aus. Die von ihm hervorgerufenen Veränderungen der poli
tischen und wirthschaftlichen Lage schienen das Vorhaben wieder zu
Falle zu bringen. Der Krieg kam zum Stillstand, der Friede wurde
geschlossen und Monate vergingen, ohne dass Weiteres darüber ver
lautete. Erst im Herbste des Jahres, zu Anfang September 1871
wurde die Ungewissheit beseitigt, indem die österreichische Regierung
die frühere Einladung wiederholte und zugleich die Eröffnung der Aus
stellung bestimmt zum 1. Mai 1873 ankündigte. , Um die Mitte Sep
tember erschien das Programm der „Weltausstellung“ und am
Schlüsse des Monates ein vom Kaiser genehmigtes Statut, welches die
Organisation der Verwaltung regelte. Damit war eine Einsicht in den
Plan des Unternehmens gegeben und dem Auslande die Möglichkeit
gewährt, den Nutzen ejner Betheiligung zu prüfen. Seitens der deut
schen Staaten war eine Entschliessung noch nicht getroffen, als eine
neue Mittheilung der österreichischen Regierung nach Berlin gelangte,
durch welche die Regierung des neuen Reiches eingeladen wurde, Na
mens Deutschlands eine Commission für die Ausstellung zu ernennen.
In den Kreisen der deutschen Regierungen hatte schon früher die
Meinung gegolten, dass, wenn Deutschland überhaupt auf der Ausstel
lung erscheinen sollte, dies nur im nationalen Verbände geschehen
könne. Das Ergebniss des französischen Krieges erhob diese Meinung
zur Ueberzeugung Aller. So begegnete Oesterreichs neue Einladung
den Wünschen und Anschauungen der deutschen Staaten. Noch vor
ihrem Eintreffen war von den Regierungen bereits die gemeinsame Be
schickung der Ausstellung unter der Aegide des Reiches in das Auge
gefasst. Der Reichskanzler hatte in diesem Sinne dem Bundesrath
seine Vorschläge unterbreitet und der Bundesrath deren Auffassung
einhellig adoptirt. Man erachtete zunächst eine gegenseitige Orien-
tirung über die einschlagenden Verhältnisse und Interessen der einzel
nen Staaten und eine Erörterung der Grundsätze für erforderlich, nach