Nr. 3
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Internationale Sammler-Zeitung.
Anregung fänden, den Graphikern aber ein neues, er
giebiges Feld für schöpferische Tätigkeit erblühen würde.
Die Besuchskarte des Dr. v. Horrak zeigt eine Wiener
Ansicht nach einem Gemälde Canalettos, das sich
im Besitze der Oesterreichischen Staatsgalerie in Wien
befindet. Ueber dem Wien der Rokokozeit schwebt ein
Luftballon, der wie die Silhouette in der alten Garten
vase (links) auf die Sammelliebhabereien des Besitzers
hindeutet. Das persönliche Moment kommt auch in den
beiden Figuren zur Geltung, die wir neben der Vase
sehen: Mann und Kind, Dr. v. Horrak und sein einziger
Sprößling, der die Aufmerksamkeit des Vaters auf die
schönen Rauten lenkt. Der Blick des Vaters erhebt sich
aber darüber hinweg zu dem stolzen Fahrzeug der Lüfte.
Unterhalb des Vasenaufsatzes finden wir den Namen des
Künstlers, der die Idee des Dr. v. Horrak auf die Kupfer
platte übertragen hat: R. Philipp!, mit vollem Namen
Robert P h i 1 i p p i.
Diese Karte ist übrigens nicht das erste Werk des
jungen Künstlers. Schon früher hat er viele Proben seines
schönen Könnens abgelegt. So hat Philippi für die
Kunsthandlung C. J. W a w r a in Wien drei große
Blätter, Wiener Veduten, gestochen, die viel Be
achtung fanden. Seine Vorliebe für seine Vaterstadt
brachte er auch in gelungenen Aquarellen und Ansichts
karten zum Ausdrucke. Seit Jahren beschäftigt sich
Philippi auch mit der Ausführung von Holzschnitt-Exlibris.
Unter vielen anderen stammt das in Sammlerkreisen sehr
begehrte Exlibris des Dr. H e r t z k a, des Direktors des
Krankenhauses der Wiener Kaufmannschaft, von ihm.
Die Handzeichnungssammlung Arnold Otto Meyer.
Von Dr. G. .1. Kern, Kustos der Nationalgalerie (Berlin).
Mit der Versteigerung der Sammlung Arnold Otto
Meyer, die vom 16. bis 18. März bei C. G. B o e r n e r
in Leipzig erfolgt, kommt die letzte der großen alten
Privatsammlungen von Handzeichnungen deutscher
Meister des 19. Jahrhunderts zur Auflösung.
A. 0. Meyer ist am 1. September 1825 als Sohn des
Senators G. C. Lorenz M eyer in Hamburg geboren
und starb daselbst als Großkaufmann, am 12. März 1913.
Was der Großvater des Sammlers, der Hamburgische
Senator Johann Valentin Meyer, begonnen, setzte der
Enkel fort. Wenn wir hören, daß Chodowiecki mit
Johann Valentin Meyer eng befreundet war, daß er ihn
und seine ganze Familie porträtiert hat, so glauben wir
gern, daß zum Erbe des Enkels Zuneigung zur Kunst
und ein angeborenes Kunstverständnis gehörten. Den
überkommenen Schatz hat Arnold Otto Meyer als köst
liches Vermächtnis gehegt und vermehrt, und so ist eine
berühmte Sammlung entstanden, die fast alle bedeuten
deren deutschen Meister seiner Zeit umfaßt. Es fehlt
B ö c k 1 i n, für ihn finden wir aber Ersatz an hervor
ragenden Zeichnungen Franz-Drehers.
Mit vielen der Künstler, die in den Mappen ver
treten sind, stand der Sammler in persönlichem freund
schaftlichen Verkehr, so mit Schwind und Richter,
Julius Schnorr v. Carolsfeld, Steinle und
Philipp Veit. Zahlreiche im Besitz der Familie befind
liche Briefe geben Zeugnis von der ungezwungenen Art
des Umganges zwischen ihm und den Genannten, darüber
hinaus eine anschauliche Vorstellung von dem vor
nehmen Charakter, den reichen Kenntnissen und den
Neigungen des Sammlers. »Richtungen«, in jenem aus-
schließcnden Sinne, den ihnen der moderne Kunstbetrieb
unterlegt, kannte er nicht, für ihn gab es nur gute und
schlechte Kunst. Daß er unbewußt gewissen Einflüssen
seiner Zeit und seiner Freunde zugänglich gew-’esen ist,
bedarf keiner Erwähnung: Dem romantischen Zeitideal
hat A. 0. Meyer nur als Kenner, der das Wahre vom
Falschen zu unterscheiden wußte, gehuldigt. Fast aus
schließlich sammelte Meyer Handzeichnungen. Er be
gegnete sich in seiner Vorliebe für Zeichnungen mit
seinem Freunde Schwind. »Ich glaube nicht zu irren,«
schreibt Schwund in einem an ihn gerichteten, ungemein