Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
7. Jahrgang. Wien, 15. Februar 1915. Nr. 4.
Justus Brinckmann.
Justus Brinckmann ist nicht mehr: in seiner
Wohnung zu Bergedorf bei Hambuig ist der rüstige,
schaffensfreudige Altmeister der Museumsleute am
Abend des 8. Februar vom Tode jäh dahingerafft
worden.
Mit dem Hamburger Museum für Kunst und Ge
werbe, das er an die vierzig Jahre leitete, wird den
Heimgang Brinckmanns eine ganze Generation von
Kunstgelehrten beklagen, die zu ihm als ihrem Vor
bild aufgeblickt. Denn sein Museum war nicht allein
eine weithin leuchtende Mustersammlung, er hatte es
zu einer Pflanzstätte für Kunstjünger gestaltet, der
kein ernst Strebender fernblieb. Sammler selbst war
Brinckmann nicht; „für einen Museumsdirektor“, so
erklärte er seinerzeit auf eine Anfrage der „Interna
tionalen Sammlerzeitung“* ist „persönliche Sammler
liebhaberei ausgeschlossen“, ja er sah nicht einmal
darauf, daß sein Museum sich mit Sammelgegenständen
fülle. Nicht auf die Menge, sondern nur auf die Güte
und Eigenart der Objekte kam es dem Kenner an, der
denn auch eine Sammlung zusammenbrachte, die
kaum ihresgleichen hat.
Justus Brinckmann der im 72. Lebensjahr stand,
war ein Hamburger Kind, Sohn eines Juristen. Die
Mutter, die einer Alt-Hamburger Kaufmannsfamilie
entstammte, war eine geschickte Malerin und be
geisterte Naturfreundin und hatte in den Knaben die
Liebe zur Natur, aber auch zum Sammeln gelegt. Karl
.Möbius, sein Lehrer am Gymnasium, gewann ihn für
die Naturforschung und hielt ihn an, alle Nieder
schriften der Schulvorträge mit genauen Zeichnungen
der Demonstrationsobjekte zu versehen. Auch der
-Hamburger Maler Gensler hatte großen Einfluß auf
ihn. Nach Verlassen der Schule wurde Brinckmann
Hauslehrer, bereiste Südfrankreich, Italien, Ägypten
und besuchte zwischendurch öffentliche mittlere und
hohe Schulen in Pan, Lausanne und Montpellier. Er
beschäftigte sich mit vergleichender Anatomie und
prähistorischen Untersuchungen, machte in Lausanne
das Bakkalaureat aus Mathematik und stellte fast
gleichzeitig eine geologische Arbeit fertig, die er selbst
illustrierte. Einundzwanzigjährig, veröffentlichte er in
den Sclileswig-Holsteinschen Jahrbüchern seine Ent-
* 1. „Internationale Sammlerzeitung“ J. 1909, Nr. 14.
,Der Wert des Sammelns“. Eine Rundfrage, II.
deckung eines Urnenfriedhofes im Sachsenwalde, die
ihm eine Berufung an das Geirfer Museum .eintrug,
die er aber ablehnte, weil er nochmals nach Ägypten
gehen wollte. 1865 war er Student der Naturwissen
schaften in Leipzig, hörte auch Staatsrecht und National
ökonomie und vertiefte sich nebenbei in die Kupferstich
kunde. Im selben Jahre lockte ihn Hyrtls Weltruf nach
Wien. Eitelberger zog Brinckmann bald zur Mitarbeit
an das eben gegründete Österreichische Museum für
Kunst- und Industrie heran, übertrug ihm die Ordnung
und Aufstellung der antiken Gläser des Museums,
worüber Brinckmann in den Mitteilungen des Instituts
im Jahre 1866 eine grundlegende Studie, „Die Samm
lung antiker Glasfragmente und ihre Bedeutung für
die heutige Glastechnik“, veröffentlichte. Unmittelbar
darauf (1867) übersetzte er die Abhandlungen Cellinis
über die Goldschmiedekunst und -kultur, der er Par-
allelstcllcn aus des Theophilos „Diversarum Artium
Schedula“ hinzufügte.
Nach halbjährigem Aufenthalte in Wien veröffent
lichte er von Berlin aus in den „.Hamburger Nach
richten“ einen Aufsatz, in dem er für Hamburg die
Errichtung eines Museums nach Muster des Öster
reichischen Museums forderte. Da er leben mußte und
keine entsprechende Stellung fand, entschloß er sich
rasch zu neuem Studium und wurde Jurist und Advokat.
Auch schriftstellerisch betätigte er sich als Redakteur
des „Hamburgischen Korrespondenten“, weilte 1870/71
als Journalist auf dem französischen Kriegsschau
platz, 1872 gab er Erläuterungen zur Sammlung
Minutoli heraus und fungierte 1873 bei der Wiener
Weltausstellung als Mitglied der deutschen Zentral
kommission, für deren amtlichen Bericht er eine Dar
stellung der Holzindustrie lieferte. Dann wurde er
Sekretär der Hamburger Gewerbekammer und be
gründete zunächst aus Mitteln einer Gesellschaft das
Hamburger Museum (1874), das nach drei Jahren vom
Staate übernommen wurde, und dem er bis zu seinem
Tode Vorstand.
Brinckmann war in Deutschland der Erste, der die
japanische Kunst fruchtbar machte. Seine Beiträge zur
Geschichte der japanischen Töpferei offenbaren, wie
Eduard Leisching mit Recht hervorhebt, die tiefsten
Einsichten und die von ihm angelegte Sammlung ist
die bestausgeglichene in Europa. Seine literarische
Meisterleistung ist aber der 1894 in zwei Bänden