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Internationale Sammler- Zeitung
Nr. 6
Bildende Kunst in Berlin.
Aus Berlin wird uns berichtet:
Nicht bloß die Schaufenster, die Antiquitätenladen
und die Auslagen der Buchhändler zeigen einen
gegen früher stark vermehrten Bestand an Schlachten
bildern, auch die Kunstsalons tragen der Strömung
des Tages Rechnung.
So findet jetzt bei Eduard Schulte Unter den
Linden eine Gedächtnisausstellung des verstorbenen
Münchner Malers Otto v. Faber du Faur ein auf
merksames Publikum. Es sind über dreißig Werke,
davon der größere Teil Schlachtenbilder. Der Künstler,
der 1911 in München starb, hatte den Feldzug von
1866 als Rittmeister mitgemacht und dadurch haupt
sächlich die Anregung zu Schlachtenbildcrn gewonnen.
In seiner Technik verrät er deutlich, daß er ein
Piloty-Schüler gewesen ist, auch die farbenprächtige
Art der französischen Romantik, der Delacroix und
Gericault zeigt mit ihm noch einen letzten Nachhall.
Jetzt ist der Glanz dieser Bilder natürlich stark nach
gedunkelt. Damit soll keine Kritik der Kunst
anschauungen dieser früheren Generationen aus
gesprochen werden; nach deren Theorie gehörten zum
Schlachtenbild Pathos, Glanz und Farbe; übrigens
sind die Neuern noch nicht imstande gewesen, eine
andere und bessere in dieser Kunstgattung auf
zubringen. Das beste und reifste von den Bildern du
Faurs ist ohne Zweifel der „Überfall einer Stadt“,
auch der „Rückzug aus Rußland“ fesselt, weniger
gelungen vom malerischen Standpunkt aus ist das
Bild „Napoleon in Ägypten“ oder die „Kürassier-
Attacke“. Gemalte Massen auf einem Schlachtcn-
bilde geraten oft ins Einförmige und Verworrene; dieser
Gefahr ist du Faur nicht entgangen. Sein Panorama
gemälde der „Schlacht bei Wörth“, aus vier Tafel
bildern zusammengesetzt, darf wohl nur als eine
Skizze oder als ein Versuch angesehen werden, eine
solche schwierige Aufgabe zu lösen.
Eine bemerkenswerte Ausstellung zeigt bei Schulte
der Berliner Maler Felix Borchardt, der über
dreißig Werke, Bildnisse und Landschaften ausstellt.
Von dem dunkelbraunen Atelierton du Faurs kommen
wir bei ihm in die helle Sonne der Freilichtmalerei.
Dieser Maler hat Freude an der Sonne, er sucht sie
überall, und er weiß sie ausgezeichnet wiederzugeben.
Er hat sie, für seine Person, auch erst in reifem
Jahren seiner künstlerischen Entwicklung entdeckt,
denn früher hat er andern Göttern gehuldigt. Das
beweist ein Bild „In der Stalltüre“, auf dem wir ein
junges Paar, einen Knecht und eine Magd, erblicken,
m ein Dunkel gehüllt, aus dem nur die Gesichter
herausblicken; und selbst über diesen, von einer
Empfindung bewegten Gesichtern liegen noch Schatten.
Dann gibt Borchardt diese dunkle Malerei auf. Er
suchte die Sonne in den Umgebungen und Gärten
von Paris, an der Riviera und in den Vorbergen des
bayrischen Hochlandes. Diese letzteren Motive finden
sich auf seinen reifsten Bildern aus den letzten Jahren.
Da sind Waldecken und Gehölze und Wiesen, über
die die tiefen Schatten fallen, oder Baumgruppen in
rötlich-gelber Herbstpracht, vom letzten Licht des
Jahres umstrahlt. Am besten sind dem Maler gelungen
der „Lärchenwald“, ein Motiv aus der Gegend von
Tegernsee, ferner „Herbst am Tegernsee“ und eine
Gruppe Bäume in Frühlingspracht. Ein farbig sehr
schönes Bild stellt die Tochter des Malers unter einem
Baume sitzend dar; ein anderes aus früherer Zeit
bringt das gleiche Motiv, nur steht das junge Mädchen
auf einer Wiese da und hat einen Hund zu ihren
Füßen liegen. Beide Bilder sind förmlich durch
leuchtet von Sonne. Neben den Landschaftsbildern
aus Oberbayern erscheinen die Rivierabilder ab
geblaßt im Ton und weniger kraftvoll. Die
Porträts, die Borchardt ausstellt, sind von
verschiedenem Wert. Wir sehen in ihnen bekannte
Berliner Persönlichkeiten, und einige sind recht
gut und mit Geist aufgefaßt, besonders das
des Dichters Ernst Lissauer (Haßgesang gegen
England!); vorzüglich ist auch ein Bild von Hans
Herr mann, das viel Können verrät. Bei manchen
ist aber auf die malerische Wirkung zu sehr, auf die
wirkliche Charakteristik zu wenig Wert gelegt. Das
zeigt sich zum Beispiel bei einem Bildnisse Feodor
v. Zobeltitz’, das diesen im roten Johanniter-
rnantcl darstellt. Auch Marinen stellt Borchardt bei
Schulte aus; sie bilden aber nicht seine starke Seite.
Die Kunstausstellung weist ferner noch in größerer
Zahl Landschaften von Karl Saltzmann auf, der
besonders Motive aus der Umgebung der Villa
Falconieri bei Rom bringt, ferner eine Sammlung
Landschaften von Hans V. Loesch. Auch das
Hindenburg-Bildnis von Ziegler (siehe Nr. 5) ist
bei Schulte zu sehen. Fs stellt den Feldherrn in etwas
breitspuriger Haltung stehend, ohne Mantel, in grauer
Felduniform, dar; daß das Bild etwas zur Charakte
ristik dieses eigenartigen Kopfes beiträgt, kann man
aber nicht behaupten.
Der Krieg in der amerikanischen Karikatur.
Die Scherzbilder der amerikanischen Zeitschriften und
Zeitungen sind eine amüsante Chronik dieses Krieges geworden
und, seit besonders im Beginn des neuen Jahres ein Um
schwung in der Stimmung Amerikas eintrat, auch für deutsche
Augen erträglich, während die sogenannten Scherze in den
Blättern der mit uns kriegführenden Staaten meist nur unseren
Eckel erregen können.
Eine Reihe der künstlerisch besten amerikanischen Scherz
bilder druckt jetzt Ernst Schulz-Besser in der Zeitschrift
für Bücherfreunde ab. Im Kriegsbeginn mußte den Amerikanern
besonders der große Mörser zur Karikatur herhalten. Einmal
sieht man da sehr nett, wie ein überschäumendes Seidel Pilsner
mit Zigarre daneben sich allmählich in einen feuernden Mörser
mit Bombe daneben verwandelt. Oder der Onkel aus Friedrichs
hafen und die Tante aus Essen werden gezeichnet, wie sie in
herzigem Verein sich als Verlobte empfehlen. Billiger ist man
zu dem Bilde des Sturmes deutscher Infanterie in geschlossener
Formation auf einen Hügel gekommen: man hat einfach
Anton v. Werners Sturm auf die Spicherer Höhen abgedruckt.
Ein kleiner amerikanischer Junge steht vor Kitclicner, der
Kriegsneuigkeiten aus seinem riesigen Kochtopf verteilt, und
wünscht sich etwas für seinen Teller: „Mehr und nicht so dünn."
Meist erscheint der Dachshund als Vertreter Deutschlands, er
wird gezeichnet, wie er sich an seinem Gegner überfrißt, die nun
als riesigen Knoten im doppelten Sinne ihm im. Leibe sitzen.
Oder die Gluckhenne wird gezeichnet, die ein gewaltiges Sicgesei