Seite 128
Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 9
Kleinplastik über mancbe Details im antiken Leben
unterrichtet. Die zierlichen Glöckchen, welche den
Hunden umgebunden wurden, sehen wir an einem
Spitz aus Rom und an einem andern aus Cypern,
der nicht nur ein Halsband aus Schellen trägt,
sondern auch am Kopf reiche Verzierung hat. Daneben
finden wir einen Löwenkopf aus Bronze (Falerne),
eine Auszeichnung für tapfere römische Krieger, also
eine Art Orden.
Von hohem Interesse sind römische Gebrauchs
geschirre, Becher aller Art. Einer davon ist besonders
durch die Technik der Verzierung interessant. Auf
dunklem, poliertem Grunde sind plastische Orna
mente mit derselben Technik aufgetragen, mit der
Zuckerbäcker heute die Torten verzieren, etwas
geschmackvoller allerdings und feiner. In der Mitte
steht die Umschrift: VIVATIS. Ein anderes Gefäß
ist einem Holzfäßchen nachgebildet.
Fast einzig in ihrer Art aber steht Fischers
Sammlung römischer, glasierter Gefäße da. Vor
nicht langer Zeit, noch zweifelte man überhaupt
daran, daß die Römer die Kunst der Tonglasur
kannten. Wahrscheinlich ist es ja, daß sie diese
Kunst von einem andern Volk erlernten und das
erst zu Ende des römischen Reiches. Im Louvre zu
Paris und im Museum Kircheriana zu Rom sah
Fischer die ersten Exemplare Von glasierten Gefäßen.
Lange Zeit glaubte man nicht an ihren römischen
Ursprung und hielt sie für mittelalterlich. Erst in
jüngerer Zeit mehrten sich die Funde, besonders in
nördlichen Gegenden. Fischer gelang es, eine
Kollektion von 83 Stück zusammenzubringen, zumeist
vollkommen erhaltene Gefäße. Die Zeit ist noch nicht
gekommen, in der man sich ein klares Bild von der
x\usbreitung dieser Technik machen kann, da bisher
sehr viel der wissenschaftlichen Kenntnis verloren
ging. Da; aber ist jedenfalls sicher, daß im Norden
und Osten Europas mehr derartiger Funde gemacht
werden und daß sie in Italien ziemlich selten sind.
Eigentümlich ist, daß die in Italien gefundenen
glasierten Gefäße wie Glas irisieren, also eine andere
Zusammensetzung der Glasur, vielleicht eine Ver
besserung, zeigen. Das gilt vornehmlich von den
größeren Gefäßen. In der Sammlung Fischers be
finden sich einige sehr schöne Stücke, darunter ins
besondere auch eine Lampe mit hellgelber Glasur,
übrigens die einzige, die er erwerben konnte. (Eine
zweite befindet sich im Österreichischen Museum
für Kunst und Industrie.)
Nicht nur die Mannigfaltigkeit der Gefäßformen
und deren Dekor sind interessant, sondern auch die
Farben der Glasur. Merkwürdig ist dabei, daß alle
Gefäße, welche bisher in Österreich gefunden wurden,
ganz ähnliche Formen und Farben besitzen, gleich
gültig, ob sie in Wien (beim Bau des Dorotheums
m der Dorotheergasse), ob sie in Carnuntum,
Ungarn oder Dalmatien gefunden wurden, so
daß man fast glauben könnte, irgendwo müsse eine
große Fabrik gestanden sein, aus der alle stammen.
Besonders Carnuntum und Wien scheinen in dieser
Beziehung in innigem Kontakt gewesen zu sein.
Braun, gelbbraun und grün sind die häufigst vor
kommenden Farben; die Kunst der weißen Glasur
stand entweder noch im Anfangsstadium oder aber
hat das Weiß sich unter der Erde nicht konserviert,
vielleicht infolge der chemischen Zusammensetzung
der Glasur, denn alle weißen Gefäße sind nur bei
genauem Studium als solche zu erkennen. Das ist
vornehmlich auch bei einem Gefäß der Fall, das Fischer
in Rom erworben hat. Nur im Museum zu Zara
befinde: sich unter drei in Nona gefundenen Gefäßen
ein weißes, welches wirklich weiß ist.
Die zweite Sammlung Fischers, eine Sammlung
antiker Emails, umfaßt zirka 100 Stück, eine statt
liche Anzahl, wenn man bedenkt, daß es wenige
Museen gibt, welche mehr als fünf solcher Emails
haben. Fischer sammelte nicht nur, sondern er studierte
auch die Museen und notierte sich alles dort Gesehene.
Nur das Museum in Budapest ist reich an Emails,
einzelne Prachtstücke besitzt das Hofmuseum. Die
meisten emaillierten Gegenstände sind Schmuckgegen-
stände, Fibulas, Gürtelschnallen oder Dolchgriffe.
Am häufigsten findet man die Deckel von Medaillons,
welche die Damen, mit Parfüm gefüllt, als Anhängsel
trugen. Es waren kleine Büchschen, die an den Seiten
und an der Rückseite durchlöchert und mit Wolle,
die in Parfüm getränkt war, gefüllt wurden. Der
Vorderdeckel war reich emailliert und auffallend häufig
mit der Darstellung eines Phallus verziert. In der
Sammlung befinden sich vollkommen erhaltene
Büchschen, ja sogar eines, in dem noch eine Wolle,
eine Art Bast, enthalten ist.
Sehr schön sind die verschiedenen Formen von
Fibeln, oft ganz moderne Formen unserer Broschen,
reich mit Zellen- oder Millefiori-Email geziert. Spielend
wurden alle möglichen anderen Formen solcher Fibeln
erfunden, Vögel, Pferde, Hacken, Sandalen, Vasen,
Schildkröten, Lyren kommen vor. Selten sind andere
Gegenstände, Deckel für Kästchen, Dolchgriffe, oder
gar plastisch figurale Darstellungen, wie ein Affe aus
Bronze, die Syrinx blasend.
Die emaillierten Bronzen sind häufig Begleiter der
glasierten Gefäße und scheinen derselben Kulturperiode
anzugehören. Über ihre Technik und Herkunft sind
die Akten noch lange nicht geschlossen. Sie weisen
nach dem Orient, wenn man nach ihrer Wiege fragt.
Nicht uninteressant ist es, daß auf denselben Gräber
feldern, denen die meisten Emails dieser Sammlung
entstammen, Gegenstände, zumeist Fibeln und Gürtel
schnallen, gefunden wurden, welche ganz ausgesprochen
gotische Örnamente aufweisen. Vielleicht, daß die
Goten auf ihrer Wanderung nach dem Westen hier
Halt gemacht und die ursprünglich römischen An
siedlungen wieder besiedelten.
Fischer hat die einzelnen Stücke seiner Sammlungen
in einen Katalog selbst eingezeichnet und eingetragen
und so ein sehr lehrreiches Buch geschaffen, auf dessen
Erhaltung ebenso Bedacht zu nehmen wäre, wie auf
die seiner Sammlungen. M. Z.