Nr. 13
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 99
Tätigkeit des ausübenden Künstlers sich ergeben.
Die besonderen Eigentümlichkeiten, die in Folge
dieses besonderen Wesens und dieser besonderen
Gesetze allen Werken einer bestimmten Kunstart
gemeinsam zu sein pflegen, werden wiederum unter
dem Namen des Stils zusammengefaßt; und man
spricht demgemäß vom epischen, lyrischen, drama
tischen Stil, vom plastischen, malerischen, architekto
nischen, vom Opern- und Oratorienstil. Das was im
einzelnen Kunstwerke dem Stile in diesem Sinne des
Wortes angemessen erscheint, wird daher als ^stil-
gemäß" bezeichnet, und eine stilgemäße Auffassung,
Behandlung, Komposition usw. ist mithin immer ein
Lob. Statt „stilgemäß“ wird auch wohl der Ausdruck
„stilistisch“ gebraucht, und das Zeitwort „stilisieren“
bezeichnet dann die Tätigkeit des Künstlers, durch
die er seinem Werke das Gepräge des Stilgemäßen
gibt. An diese Bezeichnung lehnt sich dann jener
Sprachgebrauch an, durch welchen endlich die Grund
bedeutung des Wortes noch weiter ausgedehnt erscheint,
in dem das Prädikat „stilisiert", ohne Rücksicht auf
die besondere Kunstart und ihre Gesetze, solchen
Werken beigelegt wird, die überhaupt durch eine
gewisse innere Gesetzlichkeit in der Komposition
des Ganzen, im Aufbau der einzelnen Teile, in der
Formgebung und Charakteristik der Figuren, in der
Durchbildung des Einzelnen usw. sich auszeichnen.
Und demgemäß kann man von einem „stilisierten
Genre-Bilde“ reden und mit diesem Beiwort den
Vorzug einer „selbständigen Formenbildung nach
den Gesetzen einfacher Größe und Schönheit“ be
zeichnen. Denn auch durch diese weiteste und an
scheinend heterogene Bedeutung schimmert doch
immer noch der ursprüngliche griechische Sinn des
Wortes „Stil" hindurch.
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Der Silberfund vom Traprain Law-Hügel.
Aus dem Haag wird uns geschrieben:
In Whittingehame, dem schottischen Landgute
des Ministers Arthur Balfour, wurde Ende Mai ein
Silberfund gemacht, der in den Kreisen der Kunst
gelehrten und Altertumsforscher viel Aufmerksamkeit
erregt.
Auf dem Gipfel des 720 Fuß hohen Hügels Trap
rain Law (32 Kilometer östlich von Edinburg) waren
schon vor dem Kriege von schottischen Altertums
forschern Grabungen begonnen worden, weil dort
vorhandene Reste von Erdwerken auf eine alte An
siedlung hinwiesen. Während des Krieges setzte der
für derlei Arbeiten begeisterte Mr. A. O. Curie die
Grabungen eigenhändig fort. Aber erst jüngst, nach
dem er mit Dr. George Macdonald Arbeiter neu
aufgenommen hatte, sollte sein Eifer besonderen Lohn
finden durch die Aufdeckung eines ungewöhnlich
reichhaltigen Silberschatzes. Die eingesammclten
Stücke füllten drei große Wassereimer. Soweit die bis
herige Prüfung ergeben hat, hegt hauptsächlich eine
spätrömische Silberschmiedearbeit und
Kirchensilber aus dem Ende des vierten Jahr
hunderts vor.
Nach den vorliegenden Berichten englischer Blätter
scheint kein einziges der größeren Stücke ganz zu sein.
Alles ist zerbrochen, anscheinend zerhackt. Bisher sind
unter den Darstellungen auf den Silbergeräten eine
Geburt der Venus, ein Pan, Adam und Eva, eine An
betung der heiligen drei Könige festgestellt. Einen
vollen Überblick wird erst die Zusammenstellung
der zueinander gehörenden Bruchstücke ergeben.
Einige römische Münzen aus dem Ende des vierten
Jahrhunderts und einige altgermanische Schmuckstücke
wie eine Silberbrosche, deuten annähernd die Zeit der
Vergrabung an. Auf einem Stück Kirchensilber wurde
die Inschrift PRVMIA COE ISIAP gefunden. Sie
könnte auf die Benediktinerabtei Prüm (Prumia),
Regierungsbezirk Trier, hin weisen, die schon vor 720
bestand und in der Kaiser Lothar I. begraben wurde.
Der Zustand des Silbers spricht auf das deutlichste
dafür, daß es sich um in aller Eile vergrabene Beute
eines kriegerischen Raubzuges handelt. Allerdings fehlt
alle Möglichkeit der Feststellung, ob es normanische,
englische, schottische oder deutsche Seeräuber waren,
die sich — wie sie glauben mochten — zeitweilig des
Schatzes entledigen mußten und zu diesem Zwecke
den von der See weither sichtbaren Traprain Law-
Hügel erwählten.
Mit dem berühmten Silberfunde von Hildesheim
in seiner köstlichen Wohlerhaltung ist natürlich dieser
Fund nicht zu vergleichen; aber er ist einer der umfäng
lichsten, die je erfolgt sind.
Der Fund wird wahrscheinlich einem Edinburger
Museum zufallen, da das schottische Recht nicht wie
das englische Schatzfunde zu einem absoluten Königs
rechte macht.
Chronik.
Autographen.
(Die Versteigerung bei Henrici.) Man berichtet uns
aus Berlin: Jn der letzten Autographenauktion bei Henrici
wurden Briefe von Beethoven mit 340 und 460 Mark bezahlt,
kleine musikalische Skizzen (30 Notenzeilen zum Streich
quartett op. 18) mit 1320 und der vierstimmige Chor „Wir bauen
und sterben“ mit 2000 Mark. Diese Beethovoll-Autographen
gingen nach Frankfurt am Main. Die Stadt Wien kaufte einen
Brief von Johannes Brahms für 120 Mark, einen an den öster
reichischen Dichter Otto Prechtler gerichteten Brief Robert
Schumanns für 150 Mark und einige Briefe Grillparzers