Eine „Art du feu", eine Ausstattungskunst voll Geschmack und Rafiinement scheint
das, anregend für die Farben- und Beleuchtungsmischungen der modernen Szene. Virtuose
Registerphantasie variiert Turnersche Lichtextasen, alle Erscheinungen werden in Farbe
und Licht gelöst, die Städte mit ihren Brücken sind wie trunkene Nebelvisionen, vom
Regenbogenschein überhaucht, und die Sonne hängt wie ein wabemder Dotter in dem
wallenden Wolkengewebe.
Die Niederländer dieser Gesellschaft haben kein sehr auffallendes oder besonderes
Gepräge. Der Holländer Gerke Henkes ist ein Anekdotenerzähler. Schon die Unterschriften
seiner Bilder: „Ruhe nach der Arbeit", „Eine gute Pfeife", „Eine interessante Geschichte"
sagen deutlich, dal] ihn das Genrehafte mehr reizt als die malerische Darstellung. Nun
kann ja beides sehr gut Zusammengehen, wie man bei Spitzweg fast immer und bei Kraus
des öfteren sieht. Aber I-lenkes ist in seinen Wiedergaben der alten Fischer, der Klatsch-
basen in der Haube und in seinen Interieurspiegelungen ohne Charakteristik; er gibt die
typischen Motive, glatt vom Traditionsmarkt übernommen. Glatte Präparate, keine licht-
und luftumspielten Phänomene sind es.
Malerischer im Fühlen, Aufnehmen und Wiederspiegeln ist der Belgier Alphons
van Beurden. Er hält Grachtenstriche mit Giebeln und ihrem tiächigen Wiederschein im
Wasser fest, fleckige Rinder im Grün der Weide, Wintersonnentupfen im gelben Walde.
Er malt ein Frühstück im Freien mit dem Farbenakzent des roten Rockes und er
schreibt darunter: „Unser täglich Brot gib uns heute"; und in einer anderen Bibelspruch-
Variation über das Thema: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen",
stellt er in graugrünen Gobelintönen und in Flachstilisierung der Gestalten die mühselige
Arbeit der Treckschuitenzieher dar, die am Ufer gebeugt schreiten, das Seil um den
Nacken, und die trägen, breitstirnigen Kähne schleppen.
Doch sind weder Motive noch Handschrift dieses Künstlers sehr persönlich.
Für eine gewisse, sich jetzt stärker betonende Stilrichtung ist der in Rom lebende
Karl Hofer ein deutsames Beispiel. Antikisierend scheint sie, aber mehr nach der primitiv-
archaischen Seite als nach der klassizistischen. An Artur Volkmann, der ja gleichfalls in
Rom lebt, und seine starren I-Ierbheiten denkt man. Und für beide hat Marrees gelebt. An
Marrees erinnert sehr das Bild, das auf der rechtwinkligen Architektur des vertikalen auf-
rechten Körpers zum liegenden horizontalen aufgebaut ist. Auch das Spröde und Strenge
dieser nackten Menschenkörper ist Marreeschen Vorstellungen verschwistert.
Es kommt dann aber ein merkwürdiges ethnographisches Moment hinzu. Der Jüngling,
der auf der fernen Insel am Meeresstrand wandelt und mit einem Palmenblatt sich den
Kopf vor der Sonne schützt, läßt an Gauguin und Tahiti denken. Man versteht wohl, wie
künstlerischer Sinn aufs stärkste von der sich unvermischt charakteristisch und ausdrucks-
stark manifestierenden Art und Erscheinung einer fremden Rasse gefesselt werden kann.
Ein der Natur Sichnäherfühlen als sonst, wirkt hier in dem Empfänglichen. So nahm
Peter Altenberg die Aschantis auf, so erfaßt Rodins Bildnersinn die Gliedersprache der
Tänzerinnen von Birma. So stark ist freilich das Ethnographische bei Hofer nicht betont,
er gibt mehr das Bild des vegetativen Lebens, Vorstellung der „glücklichen Insel", Himmel,
Erde, Meer, und den Elementen nah der Mensch, jung, nackt, natürlich. Und aus solchen
Vorstellungskreisen läßt sich noch eine Beziehung finden, nämlich zu den Bildern des
Schweizers I-Iodler. Das Innerlich-Selbsterlebte kommt bei Hofers Arbeiten aber nicht sehr
zwingend heraus. Bedenklich stimmt sogar seine Mars- und Venusgruppe. Daß Mars hier im
Gesichtsschnitt und in der pagodenförmigen Hauptbedachung als Chinese frisiert ist, kann
durch keine künstlerische Motivierung erklärt werden. Es wirkt als ein bewußter Kurio-
sitätseffekt.
Den Abschluß der malerischen Internationale macht ein Russe und ein Finne.
Der Russe ist Leonid Pasternack. Man sieht zuerst von ihm Zeichnungen, Illustrationen
von Tolstois Auferstehung und von seinen kleineren parabolischen Erzählungen. Die sind
nicht sehr tiefgeschöpft. Es ist die flinke Zeichenstiftrnache eines Allers-Skizzenbuches, die