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Inhaltsverzeichnis: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 10)

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lindet. Der französische diesbezügliche Wortlaut heißt: „Zur Auflindung eines neuen Stils"! 
Dies beweist zur Genüge, wie wenig klar man sich darüber ist, worin eigentlich die Be- 
deutung der modernen Kunst liegt! Ungefähr 25 oder 30 komplette Zimmereinrichtungen 
vertreten also hier die modernen Bestrebungen. (Die Preiszuerkennung findet erst gegen 
Schluß der Ausstellung statt.) Von seiten des Publikums erzielt diese Abteilung der Aus- 
stellung keinen besondem Erfolg. Der ungemein konservative französische Geschmack 
verhält sich ebenso ablehnend gegen neuartige, allerdings oft unzweckmäßige Ornamentik, 
als gegen die allzu strenge Nüchternheit in Form und Farbe. Letzteres kommt hier wohl 
nur ganz vereinzelt vor. 
Der „Salon du Mobilier" umfaßt nebst einer Abteilung für Bilder und moderne Kunst- 
gegenstände eine sehr bedeutende Ausstellung von antiken Möbeln und Tapisserien, unter 
welchen sich viele wertvolle Gegenstände aus Privatsammlungen befinden. 
In der großen unteren Halle des „Grand Palais" ist eine Serie von kompletten 
Wohnungseinrichtungen untergebracht. Die bekanntesten Pariser Möbeltirmen haben da ihr 
Bestes geleistet. jede Wohnung besteht aus mehreren Räumen und ist bis in die kleinsten 
Details so eingerichtet, als ob sie bewohnt wäre. Die verschiedensten Beleuchtungseffekte 
tragen auch dazu bei, diesen Schaustellungen ein äußerst intimes, vollendetes Gepräge 
zu verleihen. 
Gelegentlich der ersten Gastspiele des Petersburger Balletts in Paris wurde Leon 
Bakst zu einer Pariser Berühmtheit. Die von ihm für die Ballette Kleopatra, Scheherazade. 
Narcisse und andere entworfenen Bühnendekorationen und Kostüme erzielten unzweifel- 
haft einen sensationellen Erfolg. Auch für die Ausstattung von Gabriele d'Annunzi0s 
„Saint-Sebastien" hat Bakst aus dern Reichtum seiner Phantasie viel Bewundemswertes 
geschalTen, doch kommt der Höhepunkt seines Könnens am besten bei sehr bewegten 
Szenen zur Geltung. Bakst gehört zu jenen modernen Künstlern, welche als „Synthetisten" 
bezeichnet wurden. Er erzielt in seinen Arbeiten durch eine äußerst geschickte Intensitäts- 
steigerung der Farben sowie durch die Verwendung noch unverbrauchter Motive nicht 
nur wirklich neue, sondern auch künstlerisch vollendete Effekte. In der Kostümkunst ist 
Bakst vor allem dadurch bemerkenswert, daß die von ihm ersonnenen Bekleidungen sich 
nicht nur den Bewegungen der betreffenden Figuren anpassen, sondern gewissermaßen 
eine Vervollständigung der auszuführenden Bewegungen bilden. Gleichzeitig liegt etwas 
Klassisches, Zielbewußtes in der harmonischen Verschmelzung der Bühnendekoration und 
der Kostüme. Die im Musee des Arts Decoratifs ausgestellten Skizzen stellen fast alle 
Figuren aus den russischen Balletten dar. Überall, selbst in den kühnsten Stellungen, liegt 
ein eigener Reiz von Natürlichkeit, von lebendiger Bewegung. 
Im Musee des Arts Decoratifs sind weiters türkische Sujets, wie sie von den 
französischen Meistern des XVII. und XVIll. Jahrhunderts dargestellt wurden, ausgestellt. 
Die damalige Phantasie beschränkte sich diesbezüglich zumeist auf die üblichen Motive 
der Haremsepisoden und des Sklavenhandels. Interessant sind immerhin die Bilder einiger 
berühmter Meister, unter andern „der verliebte Türke" von Lancret, „die Löwenjagd" 
von Boucher, ein Porträt der Pompadour als Sultanin von Van Loo, und einige Gemälde 
von Pater und von l-Iilaire. 
Als dritte Ausstellung im Musee des Arts Decoratifs ist noch die Sammlung 
italienischer Fayencen von Imbert zu erwähnen. Dieselbe enthält äußerst seltene schöne 
Stücke, insbesondere die Fayencen aus Pesaro (in Grau und Weiß) sowie einige prachtvolle 
Objekte mit iiguralen Darstellungen, welche aus Urbino stammen. Th. Kulmer 
IEN. Der Kunstsalon der Hellerschen Buchhandlung in Wien erfuhr gelegentlich 
einer baulichen Erweiterung eine völlige Umgestaltung nach den Plänen des aus 
der Schule von Josef Hoffmann hervorgegangenen jungen Wiener Architekten Fritz Zeymer. 
Dem Kunstsalon wird jetzt auch eine Abteilung für Kunstgewerbe angegliedert. 
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