Beilage zu Nr. 228
der
„Mittheilungen des k. k. Oesterreieh. Museums."
Aus der chemisch-technischen Versuchsanstalt in Wien.
Herr Edm. Krzen, lng. Chenn, derzeit als Hospitant an der chem.-
techn. Versuchsanstalt in Wien im Auftrage des galizischen Landesaus-
schusses mit keramischen Versuchen beschäftigt, hat bei seinen Arbeiten
ein Verfahren zum wRohglasiren von Ofenkachelnu ermittelt, welches durch-
wegs günstige Resultate ergibt. - Das Verfahren bezweckt, die Glasur
auf die rohen Kacheln aufzutragen und Thonmasse und Glasur in einem
Feuer gar zu brennen.
Die Bemühungen, um das nRohglasirenu bei Kacheln einzuführen,
scheiterten bisher zumeist daran, dass die Glasur auf ungebrannter Kachel
beim Berühren leicht abfiel, sich beim Einbrennen zusammenzog und
unglasirte Stellen zurückließ, dass endlich die Reinheit der Ornamentik
litt. Diese Schwierigkeiten sind durch vorliegendes Verfahren beseitigt.
Die lufttrockene, staubfreie Kachel wird zunächst mit Leimwasser
von etwa 5" Baume begossen und dann etliche Stunden an der Luft
trocknen gelassen. Auf die so vorbereitete Kachel kommt als Beguss die
Hafner-Glasurschlempe. Diese wird hergestellt, indem man auf je 100
Gewichtstheile der üblichen Hafner-Glasurmasse 3 Gewichtstheile weiß-
brennenden Thon, welcher zum erdigen weißen Kachelbeguss entsprechend
ist, hinzufügt. Die Masse wird mit verdünntem Leimwasser (r Vol. Leim-
lösung von 5" B. und 3 Vol. Wasser gemischt) zu einer dem Beguss
entsprechenden Schlempe angemacht und damit die Kachel begossen.
Alles Uebrige bleibt, wie die Hafner es jetzt ausführen, mit dem Be-
merken, dass es räthlich ist, bei stark schwindendem Thon einen längeren
Zeitraum, als jetzt üblich, bis zum Brennen einzuräumen.
Die angewendete Leimlösung ist sogenannter Essigleim und wird auf
folgende Weise dargestellt: Gewöhnlicher Tischlerleim, in kaltem Wasser
gequollen, wird durch Erwärmen mit dem gleichen Gewichte Essigsäure
oder Essigsprit in Lösung gebracht und dann mit Wasser bis auf die
Dichte von 5" Baume verdünnt. Zu viel Leim im Leimwasser schadet
der Glasurausbreitung auf der Oberfläche der Kachel. Die Essigzugabe
verhindert das Gelatiniren der Leirnlösurig und das schnelle Absetzen
der Glasur.
Angeführtes Verfahren zum wRohglasiren-t gilt für alle gefärbten
Hafnerglasuren, für Ofenkacheln, Dachziegeln und schwedische Oefen.
Auch bleibt es sich gleich, ob die Bestandtlieile der Glasur geschmolzen
wurden und die erhaltene Schmelze (jetzige Glasur) mit 3 95 Begussthon
x. Bd. 1884. 16