PROMEMORIA.
Mit dem Erscheinen des neuen deutschen Musterschutzgesetzes
vom I. April 1876 und den Bestrebungen, dasselbe auch in Oesterreich
einzubürgern, ist auch jener Widerstreit zu Tage getreten, der die beiden
Parteien charakterisirt, deren jede fn- sich das Recht in Anspruch nimmt,
die, berechtigte Beurtheilerin der Interessen jener Industriezweige "zu sein,
welche eines wirksamen Musterschutzes bedürfen. Auf welcher Seite
liegt nunider richtige "Standpunkt. _ ,
4_ V dermalen _iu Oesterreich giltige Musterschutzgesetz wurde am
7. December 1858, alsdvor 20 Jahren, eingeführt. Dass das Gesetz nur
zu bald als unzulänglich erkannt wurde, erhellt aus der eigenthümlichen
Thatsache, dass noch in demselben Jahre X8 58, also nach wenig wöchent-
lichem Bestande bereits eine Remonstration gegen dasselbe von Seite
des niederösterreichischen Gewerbevereins verfasst wurde. Aber nicht
allein diese Gegenvorstellung, sondern noch verschiedene andere Anläufe
zur Umgestaltung dieses Gesetzes, sind stets unbeachtet gebliehenund-
haben theils bei den Behörden, theils bei den Handelskammern ihr Grabv
gefunden. Y I
Diese Andeutungen lassen aber nur zu deutlich darauf schließen,
dass es nicht erst einer langen praktischen Erfahrung bedurfte, um die
Mangelhaftigkeit dieses, schon in der Anlage verfehlten Gesetzes von
berechtigter Seite erkannt zu haben.
' In Deutschland bestand bis zum I. April 1876 kein MusterSChutß-
gesetz, hingegen hat Elsas-Lothringen, sobald es ein deutsches Reichs-
land wurde, im Vollbewusstsein seiner, in Folge des strengen französischen
Musterschutzsystems errungenen Erfolge, auf industriellem Gebiete, allso-
gleich und unablässig auf die Erlassung eines wirksamen Musterschutz-
gesetzes gedrungen. Dieses ist nun unter Intervention der ersten Capa-
citäten Deutschlands in jurisprudenz, Kunst, Industrie, Kaufmannsstand
und Handelskammern zu Stande gekqinpien.