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Exlibris oder Bibliothekszei-
chen nennt man auf der Innen-
seite eines Bucheinbandes oder
am Vorsatzblatt eingeklebte, ein-
gedruckte oder handverfertigte,
auch eingepreßte Besitzzeichen,
deren Zweck ein doppelter sein
soll: das Eigentum an dem Buche
zu dokumentieren und dieses zu
schmücken. Als Vorläufer des
Exlibris könnte man die Titel-
miniaturen alter Handschriften
ansehen, soweit sie auf den Be-
sitzer oder einen Geschenkgeber
sich beziehen. Handgeschriebene,
ausdrückliche Eigentumsvermer-
ke trifft man schon in Hand-
schriften des XIV. Jahrhunderts.
Etwas später malte man die
Wappen des Besitzers als Eigen-
tumsbezeichnung ein und dürfte
wohl zu den ältesten dieser Art
das Bücherzeichen des Königs
Georg Podiebrad, welches sich durch eine aufgeklebte Überschrift als ein
solches kennzeichnet, gehören. Die Ausstellung zeigt uns ein solches hand-
gemaltes Exlibris aus der Zeit um etwa 1450, darstellend das Wappen eines
Rudolf von Calle (Abb. I}. Mit der Erfindung des Holzschnittes wurde zuerst
das Exlibris auf mechanischem Wege hergestellt und seine eigentliche
Periode begann mit der Erfindung der Buchdruckerkunst. Um die Ehre,
das älteste, mechanisch reproduzierte Exlibris zu sein, streiten drei Blätter,
von welchen das des Kartäusermönches Hiltprand Brandenburg aus
Buxheim bei Memmingen ausgestellt ist: ein handkolorierter Holzschnitt,
darstellend einen Engel, das Wappenschild haltend,
etwa um 1465. Das ebenfalls ausgestellte, „Rohr-
bach" bezeichnete Blättchen, Allianzwappenschilde
mit zwei kostümlich interessanten Wappenhaltern,
gilt als das älteste gestochene Exlibris. Es stammt
etwa aus der Zeit von 1485 und stellt eine ganz
respektable künstlerische Leistung dar.
Das XVI. Jahrhundert produzierte eine Fülle
der köstlichsten Blätter und erhielt darum auch in
der Ausstellung einen bedeutenden Raum zuge-
, wiesen. Die Renaissance war die erste Glanzperiode
Abb. 4. j. w. Meil des Exlibris, welches seine zweite im Rokoko und
Abb. 3. H. Ullrich
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