MAK
Nr. 16 und 17 
Internationale Sammler- Zeitung 
Seite 251 
er für (len Van Dyk schon zahlen — nur eine Kleinigkeit for 
dert er von ihrem derzeitigen Eigentümer: er müsse einen Revers 
unterschreiben, daß sie in der Tat von Van Dyk herrühre, denn 
es sei eine gar verzwickte Geschichte mit diesen Bildern des be 
rühmten Niederländers; er habe gerade diejenigen nicht unter 
zeichnet, die unzweifelhaft von ihm selbst gemalt wurden, und 
in den italienischen Palazzi werde auch so ein arger Schwindel 
getrieben. Da pflegen die geriebenen Kunsthändler mitten unter 
unzweifelhaft echten und alten Gemälden in den Räumen der 
entvölkerten Paläste raffiniert gemachte Fälschungen aufzu 
hängen, die in solcher Umgebung keinen Verdacht gegen ihre 
Echtheit auf kommen lassen — da heißt es also, sich sicher 
stellen und ohne Revers könne er daher das Bild rieht kaufen. 
Da wird es Herrn Meggenscheidt nun doch ein bißchen 
schwül, er verflucht seine ,,Venus“ und die Superklugheit 
seines Schwiegersohnes, die ihn eine halbe Million Mark kostet, 
und aus Verzweiflung wird der Herr Konsul patriotisch. Vom 
Direktor des fürstlichen Museums wird eben eine Bilderaus- 
stellung vorbereitet, deren Erträgnis wohltätigen Zwecken 
zugeführt werden soll. Da also soll auch seii Van Dyk prangen, 
ja noch mehr! Der strebsame Herr Museumsdirektor hat gute 
Beziehungen bei Hofe, er kann die Knopflochschmerzen des 
reichen Philisters sehr leicht befriedigen und auch sich selbst 
zu gleicher Zeit fördern, wenn er Meggenscheidts berühmte 
Venus mit dem Papagei für das Eandesmuseum um einen 
billigen Preis erwirbt: einen neuen Schmuck für die ihm unter 
stellte Sammlung. Herr Meggenscheidt ist nun nicht bloß so 
großherzig, sein Bild der Ausstellung anzuvertrauen, sondern 
er will es dem Staat ganz überlassen — im richtigen Gefühl, 
daß der Staat durch den Museumsdirektor sich schon dankbar 
erweisen werde. Hat docli endlich sein Schwiegersohn in spe 
beim Direktor jene wissenschaftliche Anerkennung gefunden, 
die er bisher vergeblich ersehnte: eine Anstellung als Assistent 
des Museums. 
Kaum ist aber die Venus im Staatsbesitz, so hält den 
jungen Herrn nichts zurück, mit seiner profunden Entdeckung 
herauszurücken und dem Direktor haarscharf nachzuweisen, 
daß dieser Van Dyk gefälscht ist. Und wiederum ist der vor 
witzige junge Gelehrte zum Schweigen verurteilt! Denn wie 
groß wäre die Blamage des Direktors, wenn es herauskäme, 
daß er ein unechtes Bild mit triumphalen Ehren in das fürst 
liche Museum eingeführt hat! Die Satire der Iferren Lothar 
Schmidt und Emil Schaffer geht aber mit dem offiziellen Ver 
treter der Kunstwissenschaft noch boshafter ins Gericht. 
Zum Dank für die Venus hat er dem großmütigen Spender 
eine alte Schwarte, eine büßende Magdalena italienischer Her 
kunft aus dem Besitz des Museums geschenkt. Meggenscheidt 
ließ das stark nachgedunkelte Gemälde restaurieren und bei 
dieser Gelegenheit fand sich, daß die büßende Magdalena ein 
älteres Bild auf derselben Leinwand übermalte. Für jeden 
Kenner ein bekannter Vorgang in den Zeiten, wo eine frömmelnde 
Welt keck heidnische Bilder aus der lebensfreudigen Zeit in 
solcher Weise verchristlichte. Unter der büßenden Magdalena 
kommen zwei prachtvolle Nymphen zutage, und diese Gestal 
ten trugen über allem Zweifel erhaben die Signatur des Nieder 
länders Van Dyk. Das hatte der auf seine Kenrerschaft so 
stolze Herr Direktor nicht geahnt und nun ist der kluge Kauf 
mann Meggenscheidt doch endlich zu einem wirklich echten 
Van Dyk unc sein Töchterchen zu einem gut versorgten Mann 
gekommen . . . 
Das der Inhalt der Komödie für Kunstkenner unn Kunst 
sammler, die jetzt in der „‘Neuen Wiener Bühne“ mit sehr viel 
Verve von begabten Schauspielern aufgeführt wird. In ernster 
Zeit ein bißchen Heiterkeit für empfängliche Menschen. 
Insektensammler im Felde. 
Aus Berlin wird uns geschrieben: 
General Hindenburg hat neulich während einer kurzen 
Kampfpause beim Fürsten v. Pleß auf Edelwild gejagt. Heute 
sind nicht alle Hindenburgs, sie haben weder die Möglichkeit, 
noch die Nerven, die Sinne auf die hohe Jagd einzustellen, 
manche aber jagen im Felde doch — auf Insekten und ihre 
Freude an den erbeuteten, dann im Giftglase aufbewahrten 
Käfern, Blattwanzen, Schmetterlingen, Ameisen und Grab 
wespen ist mitten in der größten Anspannung aller Kräfte 
nicht gering. Nui wer die Liebe und Hingebung des Sammlers 
kennt, wer weiß, mit welcher Ausdauer, mit welcher Entbeh 
rung der Insektenforscher bei Regen oder Frost, bei Mittags 
glut in den Tropen oder auf einem verlassenen Bergesgipfel 
um Mitternacht den Kerfen stundenlang nachjagt, kann es 
begreiflich finden, daß der Entomologe sogar im Kugelregen, 
im Kanonendonner und Granatfeuer seine Leidenschaft nicht 
vergißt. 
So hat immer mit besonderem Stolze der verstorbene 
Oberstleutnant Riesen seine Schmetterlinge, die er als 
Kriegsbeute aus dem Deutsch-Französischen Kriege 
vom Jahre 1870 nach Hause gebracht hatte, gezeigt; darunter 
befand sich manch seltener Nachtfalter, der, vom Lichte der 
Scheinwerfer geblendet, herangeflogen kam. 
Während des Türkisch-Bulgarischen Krieges hat 
der Staatsentomologe Drenowsky aus Sofia auf der von 
Zoologen noch nicht durchforschten Tschataldschalinie und 
in Galipoli die seltensten türkischen Schmetterlinge erbeutet, 
um die ihn König Ferdinand von Bulgarien, selbst ein eifriger 
Sammler, beneidet. 
Jetzt zur Winterszeit ist zwar nicht allzuviel, aber doch 
manches zu holen. Der Frostspanner mit seinen unendlich 
variierenden Formen wird bei den im Felde stehenden passi 
onierten Berliner Entemologen sicher seine Liebhaber finden, 
vor allem bei dem Spannerkenner Stabsarzt Dr. Diesterweg 
oder dem Generalmajor Relifeldt. Insbesondere seitdem eine 
neue Eulenspielart gefunden wird, die bisher nur in zwei 
Stücken im Londoner Museum vertreten ist; sie fliegt auf den 
Masurischen Seen. 
Der Privatdozent der Universität Bonn Reichens- 
berger wird wohl in freien Stunden die sich zum Winterschlaf 
vorbereitenden Ameisenkolonien belauschen und ihnen manch 
strategischen Kniff absehen. 
Leutnant von Lengerken fahndet nach seltenen Formen 
der eingeschlafenen Laufkäfer, und dem tüchtigen Leutnant 
Stobbe, Assistenten am Berliner Museum, dessen Spezial 
studium die Schmarotzer des Haares sind, wird das Sammler 
glück diesmal besonders lächeln. 
Berlin hat eine ganze Reihe vorzüglicher Schmetterlings 
kenner im Felde; vor allem den Kapitän Schulz aus Zehlendorf, 
den tapferen Kommandanten der siegreichen „Scharnhorst“, 
den Major Professor Dahl, Kustos am Berliner Museum, einen 
Spinnenspezialisten, der sich besonders mit den Sinneshaaren 
der Insekten befaßt hat, die Käferforscher Marcus, Mink. 
Der Maler Wigraf, Präsident des Berliner Entomologischen
	        
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