Ein Übelstand, mit welchem die
Fabrik seit ihrer Gründung zu kämpfen
hatte, war die schwierige und kostspielige
Beschaffung der Masse. Man hatte sich
schliesslich für die Passauer Erde ent-
schieden, die auf der Donau nach Wien
befördert wurde. Eine weitere Entlastung
sollte die Fabrik dadurch erfahren, dass
in einem aufgehobenen Zisterzienser-
kloster in der Nähe von Passau und zwar
zu Engelhardszell im Jahre 1800 mit einem
Aufwande von 47.338 Gulden eine Filiale
errichtet wurde, deren Aufgabe es war,
billigere Gebrauchsware herzustellen und
Kafieeobertasse buntbemalt versilbenundver- die Schlennnprozeduren vorzunehmen,
golden, mit figiiralen Darstellungen in Relief- Wodurch Gewicht undvolumen der Masse
201d (Kalaloe Nr- m1) um die Hälfte verringert wurden. Nach
Abtretung dieser Gegend an Bayern im
Jahre 180g ging aber dieser Vorteil für die Wiener Fabrik wieder verloren.
Eine Reihe mehr oder minder missglückter Unternehmungen riefen in
den leitenden Kreisen eine Verdrossenheit hervor, die im Jahre 1783 den
Entschluss reifen liess, die Fabrik zu verkaufen oder zu verpachten. Alles
war bereits zur Übergabe an einen Privatmann bereit. Die Lizitation vom
17. November 1783 hatte aber nicht den gewünschten Erfolg. So übernahm
denn der Staat die Manufaktur gleichsam zum zweitenmale. Dieses Abbrechen
und Neuanfangen hatte jedoch seine guten Folgen. Es war die Bahn frei, um
zu reformieren an Haupt und Gliedern. Unter anderm war bereits am
1. November 1783 angeordnet worden, dass von nun an die Porzellane mit
der Jahreszahl zu versehen seien. Wir finden also von dieser Zeit an in
eingepressten Ziffern, zum Beispiel 84 für 1784 oder 811 für 1811.
Am 23. August 1784 erfolgte die Ernennung Sorgenthals, der früher
Direktor der Linzer Wollenmanufaktur war, zum Direktor der Fabrik.
Der neue Direktor erhielt einen selbständigeren Wirkungskreis und um
sein Interesse an den kommerziellen Erfolgen der Fabrik zu heben, billigte
ihm die Regierung einen Anteil am Reingewinn zu.
WenigeJahre genügten der neuenDirektion, um die Porzellanfabrik über
den höchsten bisher erreichten Bestand emporzubringen.
Die Fabrik sollte eine wirkliche Kunstanstalt sein, kein Stück unverziert
aus ihr hervorgehen, ihre ersten Qualitäten aber in Reichtum undAusführung
die höchsten Anforderungen erfüllen, die man überhaupt stellen konnte.
Um die Fabrik in künstlerischer Beziehung vom Auslande unabhängig
zu machen, wurde sie zugleich zu einer Art Kunstschule eingerichtet." In
"F Vergl. J. v. Falke, „Die k. k.Wiener Porzellanfabrik" Wien, 1887, dem ich von hier ab in allemWesent-
liehen folge, und H. Macht „Die Keramik" in „Der Wiener Kongress", p. x58 H.